Projekt "Mission to the Moon" 25.02.2018, 14:58 Uhr

So möchte Audi zum Mond fliegen

2019 soll die erste privat finanzierte Mondmission stattfinden. Mit an Bord ist der Autobauer Audi. Im Interview erklärt Audi-Manager Ulrich Schwarze die Hintergründe der Mission to the Moon.
Wenn alles gut geht, wird 2019 der Audi Lunar Quattro das Mondauto besuchen, das die Besatzung von Apollo 17 vor 45 Jahren auf dem Mond zurückgelassen hat.
(Quelle: Audi AG)
Am 12. Dezember 1972 um 6.40 Uhr deutscher Zeit zündete NASA-Astronaut Eugene Cernan das Triebwerk der Apollo 17 Mondfähre und verliess zusammen mit seinem Kameraden Harrison Schmitt die Oberfläche unseres Erdtrabanten. Zurück liessen sie ihren Dienstwagen, das sogenannte LRV (Lunar Roving Vehicle). Seitdem hat kein Mensch mehr den Mond betreten - und das LRV steht immer noch dort.
2019 soll es Besuch bekommen. Eine Raumfähre namens Alina soll in unmittelbarer Nähe des Landeorts von Apollo 17 aufsetzen und zwei allradgetriebene Roboter auf die Mondoberfläche entlassen. Einer von ihnen soll zum LRV von Cernan und Schmitt fahren und untersuchen, in welchem Zustand sich das Fahrzeug nach 47 Jahren unter mörderischen Umweltbedingungen im All befindet. Der Roboter hört auf den Namen Audi Lunar Quattro und ist der sichtbarste Beitrag von Audi zum Projekt "Mission to the Moon" (MTTM). Ulrich Schwarze, Content Factory Manager bei Audi, leitet das Projekt und kümmert sich um das weltweite Content Marketing.
Audi und Content Marketing, da denkt man eher an Fussball oder Wintersport. Und jetzt der Mond?
Ulrich Schwarze:
Der Content, den wir im Rahmen von "Mission to the Moon" verbreiten, hat eine völlig andere Funktion als normale PR-Sachen. Es geht uns vor allem darum, die Part-Time Scientists rund um ihren Gründer Robert Böhme bei ihrer Mission to the Moon zu unterstützen. 
Was ist denn daran so reizvoll?
Schwarze:
Böhme versucht, die Raumfahrt zu demokratisieren. Und MTTM ist so ein bisschen wie der Kampf David gegen Goliath. Das gesamte Projekt hat ein Budget von 75 Millionen US-Dollar. Gemessen an den Grössenordnungen in der bemannten Raumfahrt ist das nichts. Das gesamte Apollo-Programm hat zig Milliarden gekostet.
Leitet als Content Factory Manager bei Audi das Projekt "Mission to the Moon": Ulrich Schwarze
Quelle: Audi AG
Die PT-Scientists wollen ihre Mondfähre mit einer Space-X-Rakete des Tesla-Gründers Elon Musk ins All schiessen. Will Autobauer Audi auch in die Raumfahrt einsteigen?
Schwarze:
Das ist sicherlich etwas hypothetisch, aber wir können bei der Mission unsere Technologie demonstrieren: den Quattro-Allradantrieb, aber auch die Solarzellen. Diese könnten auch für zukünftige Elektrofahrzeuge eine grosse Rolle spielen. Ausserdem ermöglicht uns dieses Projekt, völlig neues Marketing zu machen. 
Was bedeutet das genau?
Schwarze:
Mission to the Moon feierte seine Weltpremiere 2015 im Rahmen der Cannes Lions. Im Rahmen der Pressekonferenz haben wir rund 170 Media-Outlets versendet. Schon hier erzielten wir in kurzer Zeit einen globalen PR-Mediawert von 8,5 Millionen Euro. Und ein paar Monate später, Anfang 2016, war der Audi Lunar Quattro dann der Star auf der Detroit Motorshow. Die Missions-Idee wurde wenig später auch in die Superbowl Campaign aufgenommen. Unser Rover hat es sogar in den neuesten "Alien"-Film von Ridley Scott geschafft. Die Alien-Filme haben einfach eine wahnsinnige Awareness. Als wir in London einen Trailer dazu im Netz veröffentlichten, brachte uns das in kürzester Zeit 2,2 Millionen Social Contacts. Audi betreibt sehr erfolgreich Sponsoring wie Wintersport, Fussball und Motorsport. Aber mit dem MTTM sind wir in einem völlig neuen, innovativen Themenbereich und erreichen völlig neue Zielgruppen. 
Im letzten Jahr ist auch Vodafone als Sponsor eingestiegen. Sie unterstützen bereits seit 2014 die Part-Time Scientists, wussten Sie da schon, wohin es gehen würde?
Schwarze:
Nein, das hat sich erst nach und nach gezeigt. Wir versuchen, all das, was wir können, in das Projekt mit reinzunehmen. Dazu gehört neben unserer technischen Expertise auch unsere Kommunikationspower. Das geht los bei Empfehlungsschreiben, die PT-Scientists-Leuten Türen öffnen und Kontakte herstellen. Und sicher hat unser Marketing auch sehr geholfen, die Mission wiedererkennbar zu machen. 
Wie muss man sich eine Content-Planung bei einem Projekt wie MTTM vorstellen?
Schwarze:
2017 haben wir uns erst einmal gefragt: Welche historischen Daten stehen an. Da war natürlich der 45. Jahrestag der letzten bemannten Mondmission. Im Vorfeld des Jubiläums haben wir die Story eines alten Audi-Werbespots, in dem ein Eskimo seinem Enkel verschiedene Tierspuren im Schnee erklärt, auf den Mond übertragen. Dieser Spot sollte genau am 11. Dezember 2017, also dem 45. Jahrestag der letzten bemannten Mondlandung, Premiere haben. Und dann gab plötzlich US-Präsident Trump bekannt, die Amerikaner sollten wieder zum Mond fliegen. Diese Botschaft gab dem ganzen Thema in den USA einen enormen Schub, den es zuvor nicht gehabt hatte, denn Trumps Vorgänger Obama hatte sich immer eher auf den Mars konzentriert. Und entsprechend gross war dann die Resonanz auf unseren Spot: 2,3 Millionen Views, 98 Prozent positive Votes.
Wie kalkuliert man einen solchen medialen Einsatz?
Schwarze:
Man kann das kalkulationsmässig ganz gut abbilden. Wir hatten nach der Präsentation in Cannes innerhalb von vier Wochen 42 Millionen Media Impressions. Und man muss natürlich auch sehen: Mit welchen Themen komme ich heute noch zu meiner Zielgruppe durch? Alles in allem haben wir da sicherlich einen positiven Business Case. 
Die PT-Scientists wollten den Google X-Prize für die erste privat finanzierte Mondmis­sion gewinnen. Daraus ist nichts geworden.
Schwarze:
Ursprünglich hatte die Challenge eine Laufzeit von zehn Jahren, dann hat Google die Frist noch zweimal verlängert, dennoch war am 21. Januar Schluss, der Wettbewerb endete ohne Sieger. Und ursprünglich hätte der Flug zum Mond auch schon 2017 stattfinden sollen. Aber Anfang 2017 explodierte eine Space-X-Rakete beim Start in Florida und zerstörte das gesamte Launchpad. Das hat uns weit zurückgeworfen.
20 Millionen US-Dollar werden Sie jetzt nicht mehr gewinnen. Was lässt Sie dennoch weitermachen?
Schwarze:
Nach dem Google-Aus war es für uns natürlich wirklich hart, aber wir wollen unbedingt weitermachen. Hier nicht aufzugeben, sondern nach neuen Wegen zu suchen, liegt in unserer Audi-DNA. Für Robert, genauso wie für Audi ist es eine faszinierende Mission von historischer Reichweite. Es geht nicht nur darum, da oben zu sein. Es geht auch darum, gemeinsam Technik- und Wissenschaftsgeschichte zu schreiben.

Das steckt hinter "Mission to the Moon"

20 Millionen US-Dollar lobte Google im Rahmen seiner Lunar X-Prize Challenge im Jahr 2007 als Preisgeld für die erste erfolgreiche privat finanzierte Mondmission aus. Die Aufgabe: einen Roboter auf die Mondoberfläche bringen, ihn dort mindestens 500 Meter fahren lassen und von dort Live-TV-Bilder in HD-Qualität zur Erde übertragen.
Seit 2009 dabei: Die Part-Time Scientists (PT-Scientists), ein Start-up bestehend aus Forschern und Weltraumenthusiasten in Berlin. Sie wollen ihre Mondfähre Alina 2019 auf einer Rakete von Space-X zum Erdtrabanten schicken. Als Partner sind Vodafone und Audi im Boot. Vodafone will über ein superschnelles 5G-Funknetz die Verbindung zur Erde sichern, Audi stellt die zwei allradgetriebenen Rover, die auf dem Mond herumfahren, filmen und Experimente ausführen sollen. Die rund 75 Millionen Euro teure Mission sollte ursprünglich Ende 2017 starten, doch eine Explosion einer Space-X-Rakete auf der Startrampe vor einem Jahr warf das ganze Projekt weit zurück.
Am 6. März 2018 sind Robert Böhme, Gründer der PT Scientists, und Ulrich Schwarze, Content Factory Manager bei Audi, als Referenten zu Gast bei der Content Marketing Conference 2018 in München und berichten dort über den aktuellen Stand des Projektes und seiner medialen Umsetzung.




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