Der Klassiker 14.05.2018, 10:30 Uhr

Underworld Ascendant – auch ohne «Ultima» eine Rollenspiel-Hoffnung?

Der Klassiker «Ultima Underworld» ist tot, aber dessen Geist lebt in «Underworld Ascendant» weiter. Ein klassisches Rollenspiel mit vielen Freiheiten.
«Underworld Ascendant» soll laut offiziellen Angaben noch 2018 erscheinen
(Quelle: Games.ch)
Wer an die frühe Generation der 3D-Spiele denkt, dem kehrt vermutlich «Doom» ins Gedächtnis zurück. Der Shooter von id Software beeindruckte 1993 mit dreidimensionalen Welten und begründete seiner Zeit ein ganzes Genre. Dass Spieler aber bereits 1992 finstere Kellergewölbe in «Ultima Underworld» erforschten, das vergessen die meisten. Das von Looking Glass – auch bekannt für Titel wie «System Shock» – entwickelte Rollenspiel fand sogar wenig später einen Nachfolger, verstaubte jedoch danach in den Lizenzarchiven von Electronic Arts.
Doch auch diese Geschichte nähert sich einem Happy End. Das 2013 aus ehemaligen Looking-Glass-Mitarbeitern gegründete Otherside Entertainment bringt das Spielgefühl des Klassikers noch 2018 zurück – allerdings ohne die Verwendung des «Ultima»-Titels. 2016 finanzierte Otherside das Projekt «Underworld Ascendant» mit einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne und langsam nimmt das Spiel dahinter Formen an.
«Underworld Ascendant» möchte mit aktuellen Rollenspielklischees aufräumen und bietet ungeahnte Freiheiten beim Lösen der knackigen Umgebungsrätsel.

Das erste Rätsel

Einen ersten Vorgeschmack darauf bietet die spielbare Demo-Version des ersten Levels. Dieses baut Otherside auf Basis der Architektur des Originals auf, benutzt für eine zeitgemässe Technik allerdings eine modifizierte Version der Unity Engine. Otherside entführt Spieler erneut in den Stygian Abyss und wartet dort mit vielen Freiheiten und allerlei Puzzles auf.
Viele Objekte in der weitläufigen Spielwelt werden physikalisch korrekt berechnet und verfügen über Charakteristika, wie man sie auch aus der Realität kennt. Im ersten Raum beispielsweise befinden sich lediglich eine brennende Fackel, einige Fässer und eine verschlossene Tür. Grobe Naturen könnten jetzt etliche Minuten auf die Pforte einschlagen und knacken sie so ebenfalls.
Aufgrund des leicht überzeichneten Grafikstils wirken selbst bedrohliche Kreaturen nicht allzu unheimlich
Quelle: Games.ch
Doch clevere Zocker nutzen die Physik-Engine zu ihrem Vorteil. Deshalb schnappt man sich einfach das Fass, hält es kurz in die Flammen und legt den lodernden Haufen Holz vor die Tür. Diese fängt dann ebenfalls Feuer und zerfällt schliesslich. Das erste Rätsel ist geschafft!

Leisetreter haben es leichter

Allerdings sind der Kreativität auch Grenzen gesetzt. Allzu schwere Objekte beispielsweise lassen sich nicht bewegen und bleiben somit ein Hindernis. Grundsätzlich gilt: Was immer auch in der Wirklichkeit Sinn machen würde, könnte auch in «Underworld Ascendant» funktionieren.
Trotzdem erinnert das Spiel bereits in den frühen Momenten an den Action-Schleicher «Thief». Jeder Schritt macht nämlich ein Geräusch. Nur wer geduckt geht und sich im Schatten aufhält, der wird langfristig nicht von seinen Widersachern entdeckt. Neue Aufgaben erhält man laut aktueller Informationen in einem zentralen HUB-Level, wo man schliesslich auch mit anderen Bewohnern des Stygian Abyss interagiert.
Sehr schön: Das Spiel gibt einem auch eine ganze Reihe nützlicher Werkzeuge an die Hand. Bereits nach kürzester Zeit findet man Pfeil und Bogen. Diesen rüstet man mit normalen Stahlspitzengeschossen, aber auch mit Wasserpfeilen aus. Mit ihnen löscht man kurzerhand Fackeln und sorgt so für mehr Dunkelheit. Die in der Demo gezeigten Skelettwachen agierten noch längst nicht auf höchstem Niveau und liessen sich mit diversen Ablenkungsmanövern – wie etwa geworfenen Flaschen – problemlos ablenken.
«Underworld Ascendant» unterstützt den eigenen Spielstil und so verzichtet das Programm auf ein traditionelles Erfahrungssystem. Vielmehr erhält man neue Fähigkeiten auf Basis der eigenen Spielweise. Wer etwa viel durch die Dunkelheit schleicht, bekommt eine Anzeige, wie gut versteckt die eigene Spielfigur wirklich ist oder einen Bonus auf die Stealth-Fertigkeiten. Setzt man dagegen eher auf die Erkundung der Areale und hüpft dabei gerne über Plattformen, schaltet man Wallruns und andere Manöver frei.
Einen illustrativen Eindruck des Spiels erhalten Sie in unserer Bildergalerie:

Kämpfe lohnen sich nicht und Fazit

Kämpfe lohnen sich nicht

Natürlich bietet «Underworld Ascendant» auch etwas für Freunde der gröberen Gangart. Ein Action-Slasher wie «The Witcher 3: Wild Hunt» möchte das Spiel zweifellos nicht sein, trotzdem hantieren Möchtegern-Helden auch mit Schwertern. Ähnlich wie in «Thief» schlägt man zu, blockt oder pariert. Allerdings scheint Gewalt eher der letzte Ausweg zu sein. Die Demo bietet etwa lediglich eine zerbrochene Klinge. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Klappermänner geben selbst bei Attacken in den Rücken nicht so schnell klein bei.
Im Spielverlauf trifft man nicht nur auf Logikrätsel, sondern auch auf Zauberstäbe
Quelle: Games.ch
Vielmehr fördert und fordert «Underworld Ascendant» die Kreativität des Spielers. Beispielsweise erledigt man gleich zwei Wachen, indem man einen an einem dünnen Seil baumelnden Kronleuchter auf sie herabfallen lässt. Oder man greift zu Pfeil und Bogen und räumt die Gegner lautlos aus dem Weg. Das Team von Otherside Entertainment möchte clevere Ideen und Experimente mit der Umgebungsphysik belohnen. Entsprechend gibt es viele verschiedene Kombinationsmöglichkeiten.
In einem zuvor veröffentlichten Video etwa nutzt der Spieler den entflammbaren Schleim von Riesenschnecken und entzündet diesen mit Hilfe eines Feuerpfeils. Zudem spielt auch Magie in Form von Zauberstäben eine wichtige Rolle. Mit diesen manipuliert man andere Objekte und hält beispielsweise in der Demo einen sich drehenden Balken an, um darauf entlang zu balancieren.
Einen illustrativen Eindruck des Spiels erhalten Sie in unserer Bildergalerie:

Fazit

«Underworld Ascendant» hat zweifellos noch einen langen Weg vor sich, könnte jedoch eine schöne Alternative zum aktuellen Rollenspiel-Standard werden. Besonders die spielerischen Möglichkeiten beeindrucken und das Charaktersystem bietet mehr als ausreichend Optionen zum Individualisieren der eigenen Spielfigur. Die Wechsel zwischen Schleichen, Action und Zauberei garantieren ebenfalls Langzeitspielspass. Nun bleibt zu hoffen, dass Otherside sowohl Technik als auch Leveldesign in den Griff bekommt. Dann könnte mit «Underworld Ascendant» nämlich ein erstklassiges Action-Rollenspiel vom alten Schlag heranreifen.



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