Hands-on: YouTube Music neu in der Schweiz

YouTube Music Premium im Test

Das kann YouTube Music

YouTube Music ist nicht etwa ein Service für YouTube, sondern gleich auch eine eigene App. In dieser finden Sie nicht nur die Videos von YouTube, sondern auch die passenden Musikinhalte, wie man sich das von bestehenden Streamingdiensten gewohnt ist. Besonders heimisch dürften sich Nutzer von Google Play Music fühlen. Das Interface von YouTube Music ist demjenigen von GPM sehr ähnlich und verwendet viele identische Navigationselemente.
Die Desktop-Version von YouTube Music läuft im Browser
Quelle: Screenshot / nmgz
Neben der App gibt es auch einen «Desktop-Player», wobei «Desktop» bei Google «Browser» heisst. Technisch gesehen korrekt, aber erwarten Sie keine installierbare Applikation für Windows, Mac oder Linux.
YouTube-Künstler findet man mit all ihren Songs wieder, auch wenn diese nie bei einem Musikpublisher gelandet sind
Ansonsten bietet YouTube Music grösstenteils das gleiche Angebot wie Spotify, Apple Music oder Google Play Music – mit einem grossen, und mehreren kleinen Unterschieden. Der grosse Unterschied und möglicherweise das Killerkriterium für YouTube Music ist Video. Wie man das unter der Marke YouTube erwarten kann, ist YouTube Music randvoll mit Videoinhalten. Und zwar nicht nur von den üblichen Künstlern, die man auf den Streamingdiensten sonst findet. Coverversionen, Live-Aufnahmen und all die guten Dinge, die man von YouTube her kennt sind alle auch verfügbar. Vorausgesetzt, die Videos sind auf YouTube korrekt kategorisiert. Besonders praktisch: In Playlists kann der Nutzer nach Lust und Laune Videos und Songs mischen.
Videos sind in YouTube Music überall, auch wenn sich der Player nicht breiter machen lässt
Quelle: Screenshot / nmgz
Ist kein Video verfügbar, zeigt der Player einfach das Albumcover an
Quelle: Screenshot / nmgz
Zu Beginn ist die Mischung von Videos und Audio ein wenig verwirrend. Man steht als Nutzer ein wenig zwischen seinen YouTube-Sandalen und den Play Music Sneakern. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit geht es aber flott. Einige Verbesserungen in der Navigation würden aber Wunder wirken: Beispielsweise wäre ein spezieller Abschnitt für offizielle Musikvideos praktisch, da diese manchmal fast in der schieren Menge von Covern und Alternativversionen untergehen.
Bei den Videos findet man auch viele Inhalte, die es nur auf YouTube gibt
Quelle: Screenshot / nmgz
Eine automatische Verknüpfung von Song und Video wäre ebenfalls nett. Aktuell wählt man entweder ein Video oder einen Song aus, auch wenn es sich um den gleichen Track handelt. Bei der Video-Version kann eine Audio-only-Version aktiviert werden, umgekehrt geht das aber nicht. Zuletzt können Suchergebnisse nicht sortiert werden. Gerade bei Alben wäre eine Sortierung nach Erscheinungsjahr sehr nützlich.
Abgesehen davon kann die Suchfunktion von YouTube Music aber nur überzeugen. Wie von Google zu erwarten, sind die Suchalgorithmen ausgezeichnet. Man findet den richtigen Song auch problemlos mit falsch geschriebenem Titel. Hat man einen Songnamen vergessen, tippt man einfach einen Teil der Lyrics ein, oder sucht nach der Herkunft des Songs. Beispielsweise: «Herr der Ringe Abspann».
Die Suchfunktion ist ein Lebensretter für Vergessliche
Quelle: Screenshot / nmgz
In beiden Fällen hat die Suchfunktion eine ausserordentlich hohe Fehlertoleranz und findet auch Songs mit klar falsch geschriebenen Texten. Witzigerweise funktioniert das sogar mit absichtlich falsch gehörten Songtexten. Da auf YouTube tausende Comedy-Videos mit absichtlich falsch verstandenen Songtexten kursieren, kann YouTube Music diese mit dem echten Song verknüpfen. Tippt man also «Hamster, a dentist» in die Suche, bekommt man «Wishmaster» von der finnischen Band «Nightwish», da es ein entsprechendes «Misheard Lyrics»-Video dazu gibt. So hilft YouTube Music nicht nur beim Finden der richtigen Musik, sondern auch beim Wiederentdecken alter Memes.
Den berüchtigten Ken Lee erkennt YouTube Music korrekt als Mariah Carey
Zuletzt verwendet Google seine Massen an gesammelten Nutzerdaten für möglichst viele personalisierte Daten. Beispielsweise erkennt die App, ob man sich gerade bei der Arbeit oder zu Hause befindet, und schlägt entsprechend andere Inhalte vor. Erkennt die App, dass man sich in einem Fitnesscenter befindet, gibt es entsprechende Playlists. Sogar lokale Daten wie das Wetter oder anstehende Events in der Region werden berücksichtigt. Wahrscheinlich auch der Grund, warum auf meiner Frontseite diverse fröhliche Playlists gelistet sind, die wohl das graue Wetter kompensieren sollen. Die Spätsommer-Playlist kam dafür schon fast spöttisch spät.
Eine spezielle Playlist ist das Mixtape. Dabei stellt YouTube Music ein personalisiertes Mixtape von bis zu 100 Tracks für Sie zusammen und lädt dieses auf Ihr Smartphone. Der Inhalt des Mixtapes wird regelmässig ausgetauscht. So haben Sie immer eine frische Playlist offline zur Verfügung.
Das Mixtape ist eine sympathische Addition zu den üblichen Playlists
Quelle: Screenshot / nmgz
Und wie bei Google üblich: Je mehr man preisgibt, desto besser werden die Vorschläge: Sind Sie bereits YouTube-Nutzer, verwendet YouTube Music anfangs Ihren Videoverlauf, um die richtigen Inhalte anzuzeigen. Später sollen vor allem die Daten von YouTube Music für Empfehlungen zuständig sein.
Die Playlists selbst sind sehr solid zusammengestellt. Neben den üblichen Genre-Listen und regionalen Chartlisten gibt es auch einige kreativere Playlists wie «90s Guilty Pleasures» mit all den schrecklichen Radiohits der 90er, für die man sich immer ein kleines bisschen geschämt hat. Anders als bei Spotify setzt Google weniger auf kreative Namen und Lifestyle, sondern beschreibt Playlists deutlich mit dem Inhalt. Wo Hip-Hop drin ist, steht auch Hip-Hop drauf.
In der Hotlist finden Sie aktuelle Trendvideos
Quelle: Screenshot / nmgz
Etwas schade: Bestehende Nutzer von Google Play Music können ihre erstellten Playlists derzeit nicht transferieren. Google arbeitet an einer Lösung, hat aber noch keine konkreten Ankündigungen dazu. Last.fm-Nutzer müssen sich ebenfalls etwas einfallen lassen. YouTube Music hat keine direkte Einbindung des Audioscrobblers, wie beispielsweise bei Spotify.

Fazit

Jeder Musikdienst, der nicht bereits an der Spitze der Nahrungskette steht, braucht ein spezielles Feature, das ihn von der Konkurrenz abhebt. Tidal hat Lossless-Audio, Apple Music sein Beats 1 Radio. YouTube Music hat Videos – und zwar nicht einfach ein paar wenige. Die gigantische Video-Bibliothek von YouTube enthält genügend Musik, um das Angebot der Plattform massiv zu vergrössern. Und dahinter steht eine Plattform mit noch viel mehr Inhalt, welche in Zukunft in YouTube Music oder einen ähnlichen Dienst einfliessen könnten. Podcasts, um ein Beispiel zu nennen.
In der aktuellen Form bietet YouTube Music bereits mehr als die meisten Konkurrenten. Mit ein wenig mehr Feinschliff und einem besseren Zusammenspiel mit Google Play Music könnte Google aber schon bald ein Angebot haben, das nur schwer zu schlagen ist.
YouTube Music
Positiv: Videocontent, Integration mit YouTube, Mixtape, Qualität der Vorschläge
Negativ: kleinere Interface-Probleme, keine Verbindung zu Play Music
Details: Streaming-Dienst für Musik und Musikvideos, Browser, Android, iOS
Strassenpreis: kostenlos mit Werbung / Fr. 12.90 pro Monat
Info: music.youtube.com
Bonus: Das wohl bizarrste Beispiel falscher Lyrics. Alles dank einem YouTube-Video




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