Gastkommentar 19.03.2018, 11:31 Uhr

Das Überwachen von KI und Algorithmen ist nicht umsetzbar

Die Kontrolle von Künstlicher Intelligenz ist reiner Populismus, glaubt Michael Böcher, Gründer und CEO hyScore.io. Für ihn ist die Um- und Durchsetzung einer solchen Kontrolle nur schwer möglich.
Von Michael Böcher, Gründer und CEO hyScore.io
(Quelle: hyScore.io)
Von Michael Böcher, Gründer und CEO hyScore.io
Die Politik hat nicht erst gestern das Thema Digitalisierung für ihre Zwecke entdeckt. Christian Lindner hat es beispielsweise fest in das Wahlprogramm der FDP integriert. Nach der Durchsetzung der DSGVO, die ab Mai die Interessen der digitalen Wirtschaft empfindlich beschneiden wird, hat sie nun also das Thema Künstliche Intelligenz (KI) für sich entdeckt. Ein Thema, das spätestens seit den Blockbustern Terminator mit Arnold Schwarzenegger zum Angstgespenst der Menschheit geworden ist. Die Idee ist, KI zu kontrollieren, um eventuell rechtzeitig eingreifen zu können, sollte es zu grenzüberschreitenden Entwicklungen kommen, die die Sicherheit der Menschheit und der Wirtschaft betreffen.

Die Kontrolle von KI ist reiner Populismus

Was sich in der Politik sehr schön polemisieren lässt, hat mit der Realität jedoch wenig zu tun. Denn die Um- und Durchsetzung einer solchen Kontrolle ist nur schwerlich möglich. Denn eine Kontrolle kann nur funktionieren, wenn sie auch länderübergreifend umgesetzt wird. Da reicht ein europäisches Gesetz alleine nicht aus. Auch Amerika, Russland, Indien etc. müssten sich an dieser beteiligen. Und das ist mit Präsidenten wie Donald Trump und Co, die aktuell vielmehr an innenpolitischen Themen interessiert sind und sich von Europa abwenden, so gut wie unmöglich. Aus meiner Sicht ist die Kontrolle von KI daher a) politisch und b) rein organisatorisch nicht möglich. Das ist reiner Populismus von Vertretern der Gesellschaft, die keine Ahnung von der Materie haben. Denn in letzter Konsequenz würde es auch bedeuten, dass sich das Militär und der Geheimdienst dem auch beugen müssten, will man KI tatsächlich kontrollieren und die Menschheit davor schützen.
 
Darüber hinaus arbeiten die meisten auf KI basierenden Technologien mit Algorithmen, die sich kontinuierlich verändern und weiterentwickeln - und das meist mehrmals täglich. Wir arbeiten und entwickeln beispielsweise selbstoptimierende Algorithmen die sich per "Deep Learning" permanent weiterentwickeln. Bis hier eine Kontrollinstanz versteht was da passiert, ist die Maschine schon wieder sieben Schritte weiter und die Überprüfung muss erneut erfolgen.
 
Die diversen Technologien, Methoden, Anwendungsfälle, Daten und Resultate sind so unterschiedlich, dass sie kein Prüfer auch nur ansatzweise in einer angemessenen Zeitspanne nachvollziehen kann. Teilweise beschäftigen sich ganze Abteilungen und Firmen von Datenanalysten, Entwicklern und Mathematikern damit. Das kann eine politische Kontrollinstanz oder Institution einfach nicht leisten. Die dazu nötigen Kenntnisse und das Sachverständnis können nur von Spezialisten und ausgewiesenen Experten erbracht werden - und genau diese sind rar gesät und arbeiten im Zweifelsfall lieber für exorbitante Gehälter bei den Riesen der Internetbranche statt Teil des politischen Karusells zu werden.

Die Angst vor KI ist unberechtigt

KI gehört zu den wegweisenden Antriebskräften der digitalen Revolution und hat das Ziel, Prozesse innerhalb der digital betriebenen Industrie zu automatisieren. Sie soll lediglich intelligente und effiziente Lösungen für die Automatisierung von Prozessen und das Handling grosser Datenmengen (Big Data) in der heutigen Zeit bereitstellen.
Dazu gehört das "intelligente Auto" (Autonomes Fahren), genauso wie das intelligente Ausspielen oder Bereitstellen von Inhalten oder Waren auf Umfeld-, Lokation- oder Nutzerbasis. In der Industrie hat KI längst Einzug gehalten und hat in der klassischen Fertigung bereits bahnbrechende Erfolge erzielt (Stichwort: Industrie 4.0).
 
Ein offizielles Prüfverfahren bedeutet unnötiger Einsatz von Ressourcen, Zusatzkosten und Zeitaufwänden, die vor allem junge, innovative Unternehmen anderweitig sinnvoller einsetzen können. Auch für grosse Unternehmen bedeutet eine Kontrolle unnötiger, zusätzlicher Aufwand von Zeit und Ressourcen und am Ende würde sie für kleinere und mittelständische Unternehmen sogar das Aus bedeuten, da sie diesen Aufwand einfach nicht leisten können.

Die Forderung nach Kontrolle ist die pure Angst vor Fortschritt

Solange die Unternehmen darstellen, wie ihre Algorithmen und KI schematisch funktionieren und was damit erreicht werden soll, ist das meiner persönlichen Ansicht nach vollkommen ausreichend. Ebenso wie in der Robotik sollte es aber Regeln geben respektive eine gewisse Ethik. Egal was wir machen, es sollte den Menschen nicht schaden. Was aber genau wie, wem schaden könnte, das ist wieder eine andere Diskussion. Ein vielschichtiges Thema, das eher ethisch als vom Gesetzgeber bestimmt werden sollte.




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