Werbeformate 23.06.2015, 10:02 Uhr

In-App-Werbung auf dem Vormarsch

In-App-Werbung ist ein heikles Thema - doch trotz des ausbaubedürftigen Targetings spielt dieser Kanal für das Mobile Marketing eine zunehmend wichtigere Rolle.
Haufen mit App-Buttons
In-App-Werbung wird zunehmend wichtig
(Quelle: fotolia.com/Maksym Yemelyanov)
Jetzt auch auf dem Smartphone: Am 20. Mai 2015 verkündete der Online-Werbeblocker Adblock Plus, dass er einen eigenen Webbrowser für ­Android-basierte Geräte entwickle. Die neue Erfindung ­solle es erstmals ermöglichen, in mobilen Browsern die "störende" Werbung auszublenden. Nach Angaben des Unternehmens befindet sich die Entwicklung noch in der Betaphase.
Ob Adblock Plus damit Erfolg haben wird, ist noch nicht sicher. Google hat die Anwendung aus dem Play Store verbannt mit der Begründung, dass sie die Funktion anderer Apps behindere. Interessierte müssen momentan den Umweg über die ­Google- Plus-Seite von Adblock Plus gehen. Dort kann ein Testlink generiert werden. Wer sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Quelle: INTERNET WORLD Business/OVK
Laut der aktuellen MAC-Werbestatistik des Online-Vermarkterkreises (OVK) nimmt die mobile Werbung weiter stark zu. Die gemeldeten Nettozahlen für die Mobile-Display-Werbung stiegen 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent von 88 auf 134 Millionen Euro.
Und auch die Prognose für das laufende Jahr liest sich aus Sicht der Werbungtreibenden gut: Ein erneutes Plus von 50 Prozent sagt der OVK für 2015 voraus. Die Wachstumsraten sind für Stefan Schumacher, Leiter der Unit Mobile Advertising (MAC), eine ­Folge des zunehmend mobilen Web­einsatzes: "Immer mehr Menschen greifen neben ihrer stationären Internet-Nutzung auch über Smartphone auf das Netz zu oder präferieren diese Variante sogar ­gegenüber dem PC."
Eine grosse Rolle beim Mobile Advertising spielen Apps. "85 Prozent der gesamten Nutzung auf mobilen Plattformen findet heute in Apps statt", erklärt Heiko Genzlinger, Geschäftsführer beim Mobile-Marketing-Spezialisten Trademob. Trotzdem liefert der OVK keine separaten Zahlen für In-App-Werbung. Aus Vermarktersicht mache es keinen Unterschied, ob die Werbung über eine mobile Webseite oder eine App ausgespielt werde, heisst es dazu aus dem Verband.

Nervende In-App-Werbung: Erfolg oder Problem?

Die angebotenen Formen der In-App-Werbung unterscheiden sich nicht wesentlich von denen auf dem Desktop: Von Bannern in verschiedenen Formen und Grössen über Push Notifications und Videos bis hin zu Native Ads gibt es als In-App-Werbung beinahe alles. Die Relevanz der In-App-Werbung wird laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) unter 96 Experten der ­digitalen Wirtschaft in den nächsten drei Jahren um 29 Prozent zunehmen. ­Damit unterstützt der BVDW die These des Trademob-Chefs, der davon überzeugt ist, dass "Native Advertising die höchste ­Akzeptanz unter den vorhandenen Werbeformen hat, da sie sich in den Content der jeweiligen App einbettet".
Dies sei auch der Grund dafür, dass Native Ads gute Klickraten erzeugen. "Der Nutzer klickt auf die Werbung, weil sie ihn inte­ressiert", fügt Genzlinger hinzu. Er ist sich sicher: "Je mehr ­Anzeigen den Nutzer in seinem Verhalten stören, desto niedriger ist die Akzeptanz."
Gerade in der negativen, nervenden Wirkung von In-App-Werbung sieht hingegen Anatol Mayen eine Chance für Werbungtreibende. Während bei der In-App-Werbung Footer weitgehend unerkannt bleiben und ignoriert werden können, erzeugen beispielsweise Interstitials eine grosse Werbewirkung, weil der Konsumenten sie beachten muss, so die Argumentation des Geschäftsführers der App-Agentur Pappermint Solutions.
"Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Footer den User nicht ausreichend nerven, um einen In-App-Kauf durchzuführen." Dafür seien Interstitials wesentlich besser geeignet, "weil sie die User ­Experience deutlich verschlechtern". Ein positiver Effekt der Footer ist für Mayen jedoch das "Wurstfinger-Phänomen" - wie es von Genzlinger bezeichnet wird. Durch die Positionierung von Footern unter wichtigen Buttons und App-Funktionen können Zufallsklicks generiert werden. Da die Bildschirme der Smartphones jedoch tendenziell grösser werden, dürfte die Quote hier aber in Zukunft sinken.

In-App-Werbung: Targeting nach Location, Zielgruppe und Login

Aus Sicht der Werbungtreibenden sind diese Klicks jedoch ohnehin nicht effektiv. Schliesslich steht hinter dem Seitenaufruf eines desinteressierten App-Nutzers kein echtes Ziel, und da je nach Abrechnungsmodell dem vermittelnden App-Netzwerk womöglich Kosten für jeden Klick entstehen, sollten sie zudem vermieden werden.
Die Lösung aller Probleme? Targeting. Allerdings gesteht Genzlinger: "Wir ­befinden uns in einem sehr frühen Sta­dium der In-App-Werbung." Obwohl die Technik noch nicht ausgereift ist, gibt es für Apps drei ­wichtige Ansatzpunkte: Werbungtreibende haben die Möglichkeit, aufgrund des Aufenthaltsorts (Location Based Advertising) In-App-Werbung auszuspielen. Auch die bisherigen Downloads eines Nutzers aus dem App Store können Startpunkt für ein interessenbasiertes Targeting sein. Ausserdem sei, so Genzlinger, bei Apps mit Login-­Daten auch soziodemografisches Targeting möglich.

In-App-Werbung relativ unflexibel

Derzeit ist das Targeting an vielen Stellen allerdings noch zu ungenau. Ein Grund dafür ist etwa, dass die bereits angesprochenen Werbenetzwerke die Anzeigen auf freien Flächen ausspielen, die Werbungtreibenden wie auch die App-Betreiber ­jedoch nur wenige Möglichkeiten haben, auf die Platzierung der In-App-Werbung Einfluss zu nehmen.
"Generell hat man keine Chance zu wissen, welche Werbung ausgespielt wird", ­erklärt Mayen. Eine Ausnahme stellen grosse Apps wie die Nachrichtenplattform Spiegel Online oder das Dating-Portal ­Lovoo dar. Sie sind aufgrund der Reichweite oder der Zielgruppe für Werbungtreibende so reizvoll, dass die Betreiber der Plattformen ihre Werbeflächen bei der In-App-Werbung selbst vermarkten und damit losgelöst von Netzwerken agieren können.
Insgesamt zeigt sich, dass In-App-Werbung ein grosses Potenzial besitzt, dieses jedoch von den Werbungtreibenden noch nicht ausgeschöpft werden kann.Trotzdem ist sich Trademob-Geschäftsführer Genzlinger sicher: "In-App-Werbung und Mobile als Plattform werden eine grosse, vielleicht sogar führende Rolle im digitalen Marketing-Mix spielen. "Mein Smartphone ist mir mittlerweile fast schon heiliger als meine Kreditkarte.“




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