Gründe für und gegen Progressive Web Apps

Kostenvorteil als Argument

E-Matters beschäftigt sich ebenfalls schon seit einiger Zeit mit PWA. "Im Zuge der neuen Version der 'E-Commerce-Suite' ist ein Framework zur einfacheren Realisierung von PWA entstanden", berichtet ­Kevin Besthorn, Geschäftsführer von E-Matters. Kunden des Unternehmens können die PWA selbst oder über einen Dienstleister erstellen. "Im mobilen Zeitalter zählen die Vorteile einer gewissen Offline-Nutzung, das benutzerfreundliche App-Erscheinungsbild und die kürzeren Ladezeiten", erklärt Besthorn und verweist zudem auf einen Kostenvorteil. Im Vergleich zur Entwicklung nativer Apps seien PWA kostengünstiger, sodass PWA auch für kleinere oder spezifische Anwendungsfälle infrage kämen. Besthorn weist jedoch darauf hin, dass es für bestimmte Anwendungsfälle auch künftig native Applikationen geben werde, beispielsweise für Games.
Die SAP Commerce Cloud stellt ebenfalls ein PWA-Storefront bereit. Als Argument für PWA spreche, dass Marken und Händler ihren Kunden damit ähnliche Funktionen wie in nativen Apps bieten können, ohne in die Entwicklung und die Pflege von separaten nativen Apps investieren zu müssen, so SAP. Ähnlich argumentiert Episerver: "Progressive Web Apps sind nützlich für Unternehmen, die die Funk­tionalität einer App wollen, ohne ihre ­eigene erstellen zu müssen."
Progressive Web Apps können also die Antwort auf die häufig diskutierte Frage sein, ob Unternehmen in eine eigene ­mobile App oder in die mobile Webseite investieren sollen. Wenn die Webseite als PWA gestaltet wird, wird diese Entscheidung überflüssig. Das sind gute Neuigkeiten für Unternehmen, die keine grosse Markenbekanntheit haben. Denn für sie ist es meistens schwierig, genug Reichweite für eine eigene native App aufzubauen.
Der Shopsoftware-Anbieter Novomind ist der Ansicht, dass PWA das Potenzial haben, zukünftig native Apps für Android oder iOS zu ersetzen und dass sie für Mobile Commerce von grosser Bedeutung sein werden, insbesondere in Ländern mit schlechter Netzabdeckung. "Teile der PWA-Ideen gibt es schon in unserem Standard-Shop 'Novomind iShop Quickstart Store‘", teilt das Unternehmen mit. Auch Intershop misst dem neuen Ansatz für mobil optimierte Webseiten eine sehr hohe Bedeutung bei: "Wir haben eine eigene Progres­sive Web App auf Basis von Angular für B2C-, B2B- und B2X-Geschäftsmodelle entwickelt", so das Jenaer Unternehmen.

Responsive Webseiten reichen vielen aus

Doch nicht bei allen Shopsoftware-Anbietern stehen Progressive Web Apps auf der Prioritätenliste. Lennard Kläfker von Gambio meint, dass sich das Unternehmen intern mit Progressive Web Apps ­befasst habe, neben den Vorteilen aber auch Nachteile sehe: "Für den Betrieb ­eines Online Shops ist immer ein gewisser Grundbedarf an Live-Daten vorhanden, auf die schlicht nicht verzichtet werden kann. Daher ist es eine Herausforderung, einen Shop sinnvoll in einer Progressive Web App umzusetzen", differenziert Kläfker. Gambio werde die Entwicklung im Blick behalten, aktuell sei aber nichts in Richtung PWA geplant. Auch bei Dynamic Commerce, Anbieter der gleichnamigen E-Commerce-Lösung, steht in den nächsten zwei Jahren keine konkrete ­Implementierung auf der Roadmap.
Bei Speed4Trade sind Progressive Web Apps in der Beratungs- und Konzept­phase immer wieder ein Thema. "Meist entscheidet sich der Kunde aber dann doch für eine native App, um das gesamte Potenzial der Geräte auszuschöpfen", berichtet das Unternehmen. Auch für Kunden, die den "Oxid eShop" verwenden, ist das Thema noch kaum relevant. Roland ­Fesenmayr, CEO von Oxid eSales, sagt: "Oxid setzt sich mit Progressive Web Apps auseinander. In der Oxid-Zielgruppe sind PWAs jedoch kaum gefordert, da ein responsives Shop-Design oftmals ausreicht."
Mit dem Verweis auf responsives Web­design reagiert auch Shopify auf die Frage nach PWA. Ferry Hötzel, Country Product Manager für die DACH-Region bei Shopify, verweist darauf, dass das Produktportfolio von Shopify für alle Geräte optimiert sei und immer responsiv in allen ­Internet-Browsern funktioniere. Deshalb spielen Progressive Web Apps für Shopify eine untergeordnete Rolle.
Websale reagiert zurückhaltend auf PWA: "Aufgrund der immer noch unzureichenden Unterstützung bei Apple sowie der immer noch zu grossen Abhängigkeit von den Funktionen der Browser können unsere Versender eine native App mit ­Integration des Shops sowie verschiedenen Marketingfunktionen nutzen."
Die Meinungen zur Bedeutung von Progressive Web Apps im digitalen Handel sind also noch geteilt. Während PWA für die einen der nächste grosse Design-Trend ist, blicken andere eher nüchtern auf das Thema. Silvan Dolezalek, Geschäftsführer von Cosmoshop, schätzt, dass PWA in ­Zukunft noch viel häufiger eingesetzt werden: "Wir haben aktuell Kunden, die sich ein umfassendes B2B-Shop-System als App umbauen lassen."



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