Tinder, Snapchat, Pokémon und Co 02.08.2016, 02:23 Uhr

Diese 6 Apps eignen sich fürs Marketing

Es gibt für alles eine App, doch nur die wenigsten erobern die Smartphones und werden für ihre Nutzer unverzichtbar. Diese sechs Anwendungen sollten Marketingverantwortliche im Blick behalten.
(Quelle: Fotolia.com/Scanrail)
Von Simon Loebel, Chief Digital Officer der UDG United Digital Group
Vor ungefähr zehn Jahren löste Second Life eine ähnliche Begeisterung aus, wie heute Pokémon Go. Die virtuelle Welt sorgte für mächtig viel Wirbel in der Marketingwelt. Coca-Cola, IBM, BMW, Adidas und sogar die Deutsche Post eröffneten virtuelle Präsenzen in Second Life. Nur wenige Monate später startete Facebook in Deutschland und wurde im April 2008 von der FAZ so bewertet: "Fehlstart: Facebook hat seine Reichweite in Deutschland im ersten Quartal nur um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Gegen die Netzwerkeffekte von StudiVZ und Co können die Amerikaner offenbar nichts ausrichten."
 
Heute zählt Second Life zwar immer noch circa 900.000 teilweise überaus aktive Nutzer, ist also - entgegen vieler Behauptungen - nicht tot. Aber als Marketinginstrument für grosse Marken, die breite Zielgruppen ansprechen wollen, ist die Plattform nicht mehr relevant.
 
Und Facebook? Geschenkt.
 
Für Unternehmen ist es also nicht immer leicht zu bewerten, welche neue Anwendung sich als Marketinginstrument eignet. Erst recht nicht seit der Einführung des iPhone und des zugehörigen App Stores. Denn die "App-Economy" löste einen regelrechten Goldrausch aus. Nie war es einfacher, digitale Produkte herzustellen und es vergeht keine Technologie-Konferenz, ohne dass eine neue App zum Hype erhoben wird.
 
Doch welche Apps haben heute das Potenzial, für Marketer interessant zu werden?

There’s an app for that

Tatsache ist: Es gibt für fast alles eine App. Die beiden grössten Stores, Apples App Store und Google Play, zählen jeweils rund 1,4 Millionen beziehungsweise 1,5 Millionen Anwendungen. Doch nur die wenigsten davon schaffen es, eine relevante Nutzerbasis aufzubauen. Der Mobile-Analytics-Firma Adjust zufolge sind 80 Prozent aller Angebote in den Stores "Zombie-Apps". Sie erreichen keine nennenswerte regelmässige Präsenz in den Top-Rankings und bleiben damit praktisch unsichtbar.
 
Hinzu kommt: Im Verlauf eines Monats nutzen Smartphone-Besitzer zwar durchschnittlich 26,8 Apps insgesamt, jedoch nur - je nach Studie - drei bis maximal zehn wirklich regelmässig. Diese Zahlen haben sich trotz wachsenden Angebots in den vergangenen Jahren kaum verändert; es gibt einfach zu viele Programme, das Hin- und Herwechseln ist unpraktisch und die meisten neuen Angebote addieren nicht genug Mehrwert, um die Nutzer langfristig an sich zu binden. Schon macht der Begriff "App-Müdigkeit" die Runde.

Pokémon Go

Trotzdem gibt es sie noch: Die Rising Stars unter den Apps, deren Verbreitung in Umfang und Geschwindigkeit selbst Experten überrascht. Das jüngste Beispiel ist Pokémon Go. Das Augmented-Reality-Spiel für Smartphones von Nintendo und Niantic Labs gibt es erst seit dem 6. Juli dieses Jahres, gilt bereits jetzt als das erfolgreichste Mobile Game aller Zeiten und wird von mehr Menschen genutzt als Twitter.
 
Selbst wenn die App nicht mehr sein sollte als ein kurzer Hype - die Anzeichen hierfür verdichten sich bereits - können Firmen diesen erfolgreich für ihre Zwecke nutzen, um zum Beispiel schnell Bekanntheit in einer neuen Zielgruppe aufzubauen oder ihre Innovationsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Dafür müssen sie jedoch schnell reagieren. Es gibt Berichte von Unternehmen, die aufgrund des Spiels rasant steigende Besucherzahlen und Aufenthaltszeiten in ihren Ladengeschäften erleben. In sozialen Netzwerken häufen sich Beiträge, in denen Spieler ihre Restaurantsuche so abstimmen, dass sie möglichst viele Pokémon fangen können. Und auch im Kontext von Sport- und Fitnessmarken sind interessante Massnahmen denkbar.
 
Die Hersteller sind sich des Potenzials bewusst und planen bereits werbliche Produkte: John Hanke, der Chef von Niantic Labs, kündigte in der New York Times an, dass es in der Zukunft für Geschäfte auch ganz offiziell die Möglichkeit geben werde, in dem Spiel aufzutauchen. In Japan, dem Geburtsland von Pokémon, bekommt McDonald’s als erstes Unternehmen weltweit bereits die Möglichkeit, Filialen als "Sponsored Locations" im Spiel anzulegen.

Tinder

Die Dating-App ist aufgrund ihrer jungen, urbanen Zielgruppe und Nutzerzahlen jenseits der 50 Millionen, zwei Millionen davon in Deutschland, überaus attraktiv für Marketingverantwortliche. Seit vergangenem Jahr experimentiert das Unternehmen mit Werbung in Form von kurzen Videos, die die Nutzer auf der Suche nach dem nächsten Match unterbrechen.
Auf dem Web Summit 2015 in Dublin kündigte Tinder-CEO Sean Rad an, im Bereich Werbung 2016 einen grossen Schritt vorwärts machen zu wollen: "Our ad business is still in its infancy but we are experimenting and creating a bigger team as we get more serious. There will be a major push on our advertising business next year but when we work with brands we want to ensure that their advertising doesn’t take away from the delight of the user’s Tinder experience. It must be authentic."
 
Wer Tinder für Kommunikationszwecke einsetzen möchte, muss derzeit (noch) kreativ werden. Sixt war eine der ersten deutschen Marken, die 2014 Tinder nutzte, um gezielt die hauptsächlich jungen, urbanen Nutzer anzusprechen. Das Team legte unter dem Namen "Sixt" ein Profil an, das eine Mitarbeiterin mit dem Titel "Abschleppdienst" zeigte und sich selbst als "ein schnelles Abenteuer" beschreibt. Der Account überlebte 36 Stunden. Ähnlich ist Domino’s in den USA vorgegangen und hat die App genutzt, um am Valentinstag gezielt Singles anzusprechen und mit einer Pizza zu trösten. Ein aktuelles Beispiel aus Deutschland kommt von Knorr, das die Testimonials der Kampagne "Love at first taste" auf Tinder ein Wochenende chatten liess.
 

 
Da Tinder Geo-Targeting verwendet und die Reichweite auf Personen beschränkt, die sich maximal 160 Kilometer um den eigenen Standort herum befinden, eignen sich solche Massnahmen hauptsächlich für kurzfristige Abverkaufsförderung von Unternehmen, die über Filialen oder Ladengeschäfte verfügen.




Das könnte Sie auch interessieren