20.08.2008, 00:00 Uhr

TV 2.0 hat es schwer

Fernsehen ist zum Zurücklehnen da und nicht zum Mitmachen, hat eine aktuelle Studie herausgefunden. Das Fernsehen der Zukunft ist interaktiv. Doch obwohl die technischen Möglichkeiten die Fernsehnutzung revolutionieren können, scheint festzustehen: Der Zuschauer lehnt sich lieber zurück und will von "Mitmach-Fernsehen" nichts wissen. Das zeigt eine Studie der User Interface Design GmbH (UID), die das Unternehmen anlässlich der Internationalen Funkausstellung (IFA) 2008 in Berlin vorstellt.
So sei es über eine Set-Top-Box mit Rückkanal inzwischen kein Problem mehr, nach den TV-Nachrichten direkt zum Blog der Redaktion zu surfen, doch spürte die Studie eine grosse Kluft zwischen den technischen Möglichkeiten und den tatsächlichen Bedürfnissen des Konsumenten auf. So sei bereits der erste Schritt zum digitalen Fernsehen ist oft eine grosse Hürde: Die Hälfte der befragten Set-Top-Boxen-Besitzer hatten Probleme beim Aufstellen und Einrichten des Angebots. Besonders oft kritisiert: Die unverständliche oder irreführende Bedienungsanleitung. Einigen Nutzern konnte erst die Hotline helfen. Trotzdem bewerteten die Befragten diesen ersten Schritt tendenziell positiv. Denn die Freude über ein erstmalig laufendes Programm überstrahlt vorherige Mühen.
Als einziges Element des digitalen Fernsehen hat sich der EPG in den Wohnzimmern wirklich durchgesetzt und ist nun wichtigster Bestandteil des Fernseherlebnisses. Anders die Dienste aus dem Web-2.0-Umfeld: Nachrichten an Freunde zu schicken oder Sendungen zu bewerten, ist für die Teilnehmer der Studie schwer vorstellbar. Diese interaktiven Dienste werden von der Mehrheit abgelehnt. Franz Koller fasst das Ergebnis zusammen: "Die Studie zeigt, dass es ein "TV 2.0" zunächst schwer haben wird. Obwohl das Nutzungserlebnis des digitalen Fernsehens immer mehr dem Computer gleicht, herrscht aus Sicht des Nutzers eine klare Trennung zwischen beiden Medien.
Entgegen der Erwartungen der UID-Experten lehnen die Befragten eine Interaktion bei Quizshows und Shopping-Kanälen stark ab. Die höchste Bereitschaft sich interaktiv mit dem Fernsehinhalt zu beschäftigen, findet sich bei Serien und Filmen. Allerdings haben es die Anbieter von digitalen Inhalten schwer, den Nutzer überhaupt zu einer Aktion zu verleiten. Die Teilnehmer der Studie erwarten und wünschen zwar ein Zusammenwachsen von Internet und Fernsehen, beharren aber stark auf ihrer eher passiven Rolle. "Die erweiterten Funktionen des Fernsehers müssen noch einfacher sein als der Medienkonsum im Internet - eine Herausforderung, die nur mit Experten für Usability zu meistern ist", so Tobias Limbach, Leiter der Studie.
Oberstes Ziel der Anbieter sollte sein, eine höchst intuitive Kombination zwischen Fernbedienung und elektronischem Programmführer zu schaffen. Dies ist die "Schaltzentrale" des neuen Fernsehens, hier wird das Nutzungserlebnis massgeblich gebildet. Der Nutzer hat so die Kontrolle über sein individuelles Programm, mehr wird zur Zeit nicht gefordert.  Um zu dieser Einschätzung zu kommen befragte UID 26 Personen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren. Die Teilnehmer verfügen über einen DSL-Internetzugang oder vergleichbares und besitzen eine Set-Top-Box für digitales Fernsehen. Durchgeführt wurde die Studie in den Münchner Teststudios des Spezialisten für Usability, Software und Design. (ph/iwb)



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