Die Hashtag-Inflation

Kampagnenstart mit prominenten Youtubern

Peer Wörpel, Leiter Social Media, Pilot, Hamburg: "Mit einem Hashtag sollte man User dazu bringen, sich untereinander auszutauschen"
Quelle: www.pilot.de
Doch damit wird es komplex. Der Hashtag muss also auf einer Kommmunikationsidee aufsetzen, die die Menschen emotional berührt und sie dazu bringt, sich ­untereinander auszutauschen. Darüber hinaus muss alles zur Marke passen. Dass dies kompliziert, aber nicht unmöglich ist, zeigen Kampagnen wie die von der Techniker Krankenkasse (TK), die unter dem Hashtag #wireinander im November vergangenen Jahres gestartet wurde.
Die Markenkampagne stellt Menschen in den Mittelpunkt, die gesundheitliche Schicksalsschläge verkraften mussten und dennoch wieder auf die Beine kamen, wie  der Basketballprofi Robert, der nach einer Krebsdiagnose den Sport aufgeben ­musste und heute Müsliriegel produziert. Es sind Geschichten, die Mut machen sollen - und nebenbei den Sinn und die Leistung einer Krankenversicherung unterstreichen. Bei den Usern kommt das an. Bis heute ­besteht unter #wireinander auf Facebook, Twitter,  Google+ und Youtube ein reger Austausch von Menschen mit ähnlichen Erfahrungen.
Ein Austausch, der von Beginn an angeschoben wurde: erst mit TV- und Kinospots, in denen TK-Versicherte ihre bewegenden Geschichten erzählten, dann ­wurden bekannte Youtuber wie Le Floid miteinbezogen. Damit erfüllte die von der Agentur Fischer Appelt kreierte ­Kampagne zwei Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein: Sie erzeugte das nötige Grundrauschen, um wahrgenommen zu werden, und löste durch ihre Inhalte bei vielen Menschen die Bereitschaft aus, sich an der Kampagne zu beteiligen.

Schema F: User sollen Fotos zur Marke hochladen

Dabei muss es nicht immer eine Auseinandersetzung mit einem so ernsthaften Thema sein. Aber: "Wenn ich User dazu aufrufe, Content zu produzieren, muss ich ihnen auch Content bieten, mit dem sie sich auseinandersetzen können", sagt Peer Wörpel.
Das kann auch auf ganz leichte, unterhaltsame Art geschehen. So integrierte ­Zalando beispielsweise den Hashtag #shareyourstyle in seine gleichnamige Kampagne und traf damit offenbar den Nerv: Allein auf Instagram posteten über 25.000 User modische Fotos von sich; teilweise wurden diese von anderen Usern kommentiert.
Nach diesem Schema wird bei den meisten Kampagnen verfahren: Ob etwa Coca-Cola mit #trinknecokemit, Dr. Oetker mit ­#pizzaburger, Mercedes mit #Mbfanfoto oder Calvin Klein unter #mycalvins - stets sollen die User dazu gebracht werden, sich mit der Marke zu beschäftigen und Fotos hochzuladen.
Das ist die ungefährliche Variante, denn bissige Kommentare bleiben bei solchen Konzepten meist aus. Den Marken beschert es trotzdem nicht immer den erwünschten Erfolg. Häufig finden sich Fotos, deren Ästhetik nicht unbedingt für die Kampagne förderlich ist, und oft passiert - fast gar nichts.

Teils fehlendes Verständnis

In manchen Fällen stört dies die Marken nicht einmal - weil es nur darum geht, ­einen Begriff im Markt neu einzuführen. Der Hashtag fungiert dann quasi als Ausrufungszeichen. Bei der Opel-Kampagne #umparkenimkopf war das so oder auch bei der Einführung der #veggieschnitzel von Rügenwalder Mühle.
Agenturen schätzen die Bedeutung ­eines Hashtags recht unterschiedlich ein. Und die User müssen erst noch herausfinden, was eigentlich dahintersteckt. "Es fehlt noch das Verständnis für die Funk­tionsweise der Hashtags. Viele haben den Sinn noch nicht ganz verstanden", meint Sebastian Franz, Social Media Manager bei der Agentur Elbkind.
"Dabei ist es ­eine tolle Möglichkeit, die User untereinander zu verbinden" - aber nur, wenn die Voraussetzungen stimmen. Es müsse für den User einen Mehrwert haben, sich damit zu ­befassen, sagt Franz, "und dazu muss der Hashtag kurz und einprägsam sein".

Mit Hashtag-Kampagnen gegen Reichweitenschwund

Der Marketinggesellschaft der Bayerischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft ist es gelungen, die User miteinander zu verbinden. Seit Frühjahr 2015 läuft eine Kam­pagne, in der mal mehr, mal weniger ­typische Testimonials die Vorzüge Bayerns präsentieren. Verknüpft wurde alles mit dem Hashtag #echteinladend.
"Wir wollten einen Austausch mit den Menschen aus den verschiedenen Regionen erzielen", sagt Jens Huwald, Chef der Bayern Tourismus Marketing. "Das haben wir geschafft." Allein auf Instagram finden sich über 5.000 Beiträge von Usern, die unter dem Hashtag ihre Eindrücke aus Bayern gepostet haben. Diese Bilder sollen stellvertretend für die Vielseitigkeit des Freistaats stehen.
Unter einem Begriff lässt sich also über die unterschiedlichsten sozialen Plattformen hinweg eine Community aufbauen -  auch auf Kanälen, denen das eigene Unternehmen bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die einzelnen Stränge zu ­einem Thema werden durch den Hashtag gebündelt. "Kostenlose Reichweiten sind in vielen Social-Media-Netzwerken bereits verschwunden", sagt Huwald. ­"Eine Hashtag-Kampagne kann hier einen Ausweg bringen."




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