PimEyes 12.07.2020, 23:22 Uhr

Politik nimmt polnische Gesichtsdatenbank PimEyes ins Visier

Start-up-Unternehmen aus Polen: Eine neue Internet-Suchmaschine speziell für die Gesichtserkennung erhitzt die Gemüter deutscher Politiker.
(Quelle: PimEyes)
Politiker von Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag haben die Regulierung eines polnischen Start-up-Unternehmens verlangt, das im Internet eine Suchmaschine für Gesichter betreibt.

Nach Recherchen des Portals netzpolitik.org analysiert die Suchmaschine PimEyes massenhaft Gesichter im Internet nach individuellen Merkmalen und speichert die biometrischen Daten ab. Die Datenbank umfasse rund 900 Millionen Gesichter.

Tankred Schipanski, der digitalpolitische Sprecher der Union im Bundestag, bezeichnete das Angebot als «unhaltbar». «Wenn (eine Regulierung) auf Ebene der EU zeitnah nicht gelingen sollte, müssen wir hier als nationaler Gesetzgeber tätig werden», sagte er netzpolitik.org.

Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, forderte eine genaue Prüfung, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen einen ausreichenden Schutz bieten. «Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der Anonymität im öffentlichen Raum de facto nicht mehr möglich ist?»

Die netzpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, bewertete PimEyes als «hochgefährlich». ​Frauen, die sich anonym im öffentlichen Raum bewegen möchten, könnten leichter identifiziert und Belästigungen ausgesetzt werden, sagte Domscheit-Berg. Sie wandte sich an den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. «Wenn diese App keine Rechtsgrundlage hat, wie sie die DSGVO vorschreibt, müssen daher entsprechende Sanktionen verhängt und eine Verbreitung der App schnellstmöglich unterbunden werden.»

In der ​Europäischen Datenschutz-Grundverodnung (DSGVO)​ heisst es, dass die Verarbeitung biometrischer Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person untersagt ist. PimEyes erklärte, es gehe bei der Suchmaschine nicht um die Identifizierung einer Person. Nutzer und Nutzerinnen sollten dort allein ihr eigenes Gesicht hochladen und könnten so sehen, wo Bilder von ihnen im Netz auftauchen.

Der Fall erinnert an die umstrittene US-Firma Clearview AI, die rund drei Milliarden Bilder von Menschen aus dem Internet zusammengestellt hatte, um eine umfassende Datenbank zur Gesichtserkennung zu entwickeln. Für die Datenbank wurden öffentlich zugängliche Bilder bei Plattformen wie Facebook und YouTube oder dem US-Bezahlservice Venmo eingesaugt, wie die «New York Times» berichtete. Gegen Clearview AI laufen inzwischen etliche privatrechtliche Klagen. Ausserdem ermitteln Strafverfolgungsbehörden im US-Bundesstaat Vermont gegen die Firma.


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