Studie 12.06.2016, 12:05 Uhr

Content Marketing: Die Medaille hat zwei Seiten

Content Marketing gilt mittlerweile als Muss für Unternehmen. Aber auch diese Medaille ist zweiseitig. Für den Journalismus kann die aktuelle Entwicklung verheerende Folgen haben. Das zeigen neueste Forschungsergebnisse.
Content Marketing kommt oft wie Werbung im Journalismus-Pelz daher
(Quelle: Shutterstock.com/William Ritchie)
Etwas Neues ist Content Marketing nicht. Und auch nichts, was das digitale Zeitalter hervorgebracht hat. Seine Anfänge nahm der heute von so vielen als heiliger Gral der Unternehmenskommunikation bezeichnete Trend schon vor vielen Jahrzehnten. Eine der ersten Produktionen dieser Art der Inhalts-Werbung war das Rezept für die Philadelphia-Torte vom Food-Konzern Kraft - im Jahr 1962. Natürlich, zu seinem Siegeszug zum absoluten To-do für Unternehmen, hat dem Content Marketing letztendlich das Internet verholfen.
Und dort schiessen von Unternehmen gesponserte Inhalte im Moment wie Pilze aus den unendlichen Weiten des World Wide Web. Als "Parade-Beispiele" für gutes Content Marketing werden besonders von Agenturen meistens die Red-Bull-Angebote wie der "Red Bulletin" oder "Bergwelten", das E-Plus-Tech-Portal "Curved" oder die Beauty-Tipps von Schwarzkopf genannt. Aber die sind natürlich nicht allein.
Laut einer neuen Studie, die der Würzburger Kommunikationsforscher Prof. Dr. Lutz Frühbrodt gemeinsam mit der Kommunikationsberaterin Annette Floren für die Otto Becker Stiftung durchgeführt hat, betreibt jeder der 30 DAX-Konzerne Content Marketing - mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Am aktivsten sind die Deutsche Post, die Telekom, Henkel, Siemens sowie die Autokonzerne Daimler, BMW und Volkswagen.

Dem Journalismus wird die Existenzgrundlage geraubt

Frühbrodt erforschte aber nicht nur wie fest Content Marketing schon in der Kommunikations-Strategie von Unternehmen verankert ist, sondern auch wie es sich auf den Journalismus und die öffentliche Meinungsbildung auswirkt. Und hier zeichnet der Professor ein düsteres Bild. Gerade in Zeiten, in denen die unabhängige Presse ohnehin schon ihre höchste Not hat, schlägt die Content-Marketing-Keule auf den am Boden liegenden Journalismus ein. Die Gefährdung ist nicht nur die, dass gute Journalisten wegen höherem Gehalt zu Content-Marketing-Agenturen wechseln. Diese suchen gezielt ausgebildete Redakteure, damit die Inhalte auch wie spannende Artikel daher kommen. Mit dem höheren Investment in Content Marketing leidet auch das Werbebudget für Anzeigen - und so wird dem Journalismus seine Existenzgrundlage geraubt, sagt Frühbrodt. Zudem sind die von Firmen gesponserten Inhalte allesamt kostenlos für den Leser, was es Medienhäusern erschwert, Paywalls einzurichten. Dem User ist es gerade im Zeitalter der Google-Recherche oft egal woher eine Information kommt, Hauptsache er hat sie.
Frühbrodt hält Content Marketing an sich nicht für verwerflich. Aber es mangele eben sehr oft an Transparenz und einer deutlichen Herausstellung des Absenders. So muss der Leser bei Red Bulls Angebot Bergwelten ins Impressum schauen, um zu erfahren, dass die Inhalte von der Wirtschaft finanziert sind. Auch beim als Tech-Blog getarnten Portal Curved muss der User entweder den Blick ins Impressum werfen oder aber gefühlte zehn Minuten bis zum Ende der Startseite scrollen, um den sehr unauffälligen Hinweis "Eine Initiative der E-Plus-Gruppe" zu sehen. Sonst lässt nichts, auch das Branding nicht, auf E-Plus als Urheber und Geldgeber schliessen. Noch undurchsichtiger wird es in der Gesundheitsbranche. Dort werden beispielsweise auf dem scheinbar unabhängigen Portal "Zentrum der Gesundheit" nur Produkte angepriesen, die der Portalbetreiber auch verkauft.




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