Mit Youtube-Werbung ins Big Business

Netzwerke in der Kritik

Reichweite, Brand Safety, klare Zielgruppe: Die Vorteile von MCN für Werbungtreibende sind verlockend. In den vergangenen Monaten musste sich aber vor allem das populäre Netzwerk Mediakraft der Kritik stellen. Stars wie Le Floid, Unge oder Ape Crime verliessen begleitet von grossem Medienecho das Netzwerk. Unges Vorwürfe: Ausbeutung und Knebelverträge. Auch wenn Mediakraft-CEO Spartacus Olsson auf Facebook öffentlich Stellung nahm, ist der Imageverlust dennoch gewaltig. Hinzu kommt: Auch Vermarktungschef Jan Schlüter sowie Mitgründer und President Christoph Krachten haben das kriselnde Youtube-Netzwerk verlassen.
Dass davon nun Werbungtreibende nachhaltig abgeschreckt werden, glaubt Video-Advertising-Berater Bertram Gugel nicht. "Kurzfristig hilft es der Vermarktung nicht, mittel- bis langfristig gehe ich aber davon aus, dass es der Branche nützt, da wichtige Dinge wie der Wert eines Netzwerks geklärt werden und es für mehr Transparenz sorgt", so Gugel.
Zudem zeigen die Auseinandersetzungen der Werbungtreibenden auf Youtube, wie stark diese die öffentliche Meinung beeinflussen können. Auch Seehaus erwartet keine sinkende Attraktivität, denn die "Aussteiger" wollen weiterhin Video-Inhalte unabhängig von Netzwerken erstellen. "Sie bleiben Youtube und den Werbungtreibenden erhalten", so der Experte. "Den Aufrufzahlen ihrer ­Videos wird dies auch nicht schaden, da die Nutzer stärker an den Youtubern und deren Inhalten interessiert sind als an ­deren Zugehörigkeit zu einem Netzwerk." Er ist sich sicher, dass die zusätzliche ­mediale Aufmerksamkeit Youtube daher eher zugutekommen wird.

Youtuber werben für die TK

Wie erfolgreich Youtuber als Meinungsführer tatsächlich sind, bewies die Techniker Krankenkasse (TK) im November 2014. Die 360-Grad-Kampagne "Mein Weg" richtete sich an junge Erwachsene, um sie vom Thema Gesundheit zu begeistern. Die TK setzte dabei zusammen mit Endemol Beyond und Fischer Appelt auf angesagte Video-Künstler wie Le Floid. Der Youtuber mit über zwei Millionen Abonnenten ­erzählt in der Youtube Werbung, wie ein Unfall seinen Traum Chirurg zu werden platzen liess.
Auf Facebook und Twitter werden die User unter #wireinander aufgerufen, ihre eigenen Geschichten zum Thema Gesundheit zu ­erzählen. Die Kommunikation auf Augen­höhe kommt an: Auf Youtube hat der Clip bereits über 1,4 Millionen Views; es gab über 85.000 Likes. Die TK ist längst nicht mehr der einzige Werbungtreibende auf Youtube, der auf Testimonial setzt. Coca-Cola etwa kooperierte mit Y-Titty und Sami Slimani, Hyundai mit Nilz Bokelberg.
Beim Thema Vermarktung warnt Berater Gugel aber grundsätzlich vor einer Kommerzialisierung der Clips. "Die Glaubwürdigkeit ist mit eines der grössten Assets eines Youtube-Stars, von daher ­sollte er diese nicht leichtfertig aufs Spiel setzen." Für ihn bewegen sich Online-Content-Produzenten, die Produktplatzierungen vornehmen, auf einem schmalen Grad. "Wenn die Produkte nicht überzeugen oder die Werbung zu aufdringlich ist, riskieren sie ihre gesamte bisherige Leistung", mahnt Gugel.
Das kratzt dann nicht nur am Image der Youtuber, sondern schlägt sich auch auf die Produkte und Marken negativ nieder. Beim Netzwerk Divimone sieht man naturgemäss keine Gefahr durch Kommerzialisierung. "Ein Online-Video-Talent wird nicht für eine einzelne Kam­pagne seine über Jahre aufgebaute Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen", glaubt Philipp Bernecker, Mitgründer von Divimove. Er rät bei Youtube Werbungen, nur mit einer Marke ­zusammenzuarbeiten, wenn sie sich mit dieser identifizieren können und die ­Kooperation auch offenlegen.



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