04.12.2013, 00:00 Uhr

Zulieferer von Apple-Touchscreens in der Kritik

7-Tage-Arbeitswochen, rigide Überwachung, Bestrafungen und fehlende Sicherheitseinrichtungen: Apple-Zulieferer Biel Crystal missachtet Menschenrechte und verstösst gegen chinesisches Arbeitsrecht. Dies soll eine neue Untersuchung zeigen, die von Brot für alle und Fastenopfer getragen wird. Die beiden Entwicklungsorganisationen fordern Apple auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und sich für bessere Arbeitsbedingungen beim Zulieferer einzusetzen. Biel Crystal hat auf den Druck reagiert.
Die südchinesische Firma Biel Crystal mit Sitz in Hongkong ist der weltweit grösste Produzent von Touch-Screen-Glasabdeckungen. Apple bezieht von Biel Crystal rund 60 Prozent der benötigten Touchscreens, Samsung 20 Prozent. Biel Crystal beschäftigt auf dem Firmengelände im südchinesischen Huizhou rund 40 000 Personen. Unter welch menschenunwürdigen Bedingungen diese arbeiten, zeigt eine neue Untersuchung von Sacom* (Students & Scholars Against Corporate Misbehaviour), eine von Brot für alle finanzierte Nichtregierungsorganisation in Hongkong.

140 Überstunden pro Monat

11-Stunden-Tage sind bei Biel Crystal die Regel, obwohl in den Arbeitsverträgen acht Stunden Arbeitszeit festgehalten sind. «Wir machen jeden Tag mindestens drei Stunden Überzeit und arbeiten auch am Samstag und Sonntag elf Stunden. Einen freien Tag gibt es erst beim Schichtwechsel Ende Monat», erzählt eine Arbeiterin. 120 bis 140 Überstunden leisten die Arbeitenden so durchschnittlich pro Monat ? erlaubt wären gemäss chinesischem Arbeitsgesetz nur 36 Stunden.

Wie Sacom schon beim Apple-Zulieferer Foxconn festgestellt hat, besteht auch bei Biel Crystal ein umfassender Kontrollapparat. 2000 Sicherheitsleute und unzählige Kameras kontrollieren die 40 000 Angestellten selbst in der Mittagspause. Wer auf die Toilette will, muss offiziell Erlaubnis einholen. Wer die Produktionsziele nicht erreicht, bei der Arbeit einschläft oder etwas fallen lässt, wird mit hohen Geldbussen bestraft. Solche Strafmassnahmen sind menschenunwürdig und illegal. Biel Crystal umgeht das Gesetz, indem die Strafabzüge in der Lohnabrechnung als Negativbonus ausgewiesen werden.

Vier Selbstmorde seit Anfang Jahr

Um die Produktionskosten möglichst tief zu halten, spart Biel Crystal bei grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen. Obwohl zahlreiche leicht entflammbare Chemikalien im Einsatz sind, gibt es keine Notausgänge und Feuerlöscher. Und für die Arbeit an den gefährlichen Schnittmaschinen und mit giftigen Chemikalien gibt es für die Arbeiterinnen und Arbeiter zu wenige Schutzbekleidungen. Zahlreiche der befragten Angestellten klagten deshalb über Übelkeit und brennende Augen.

Der Produktionsdruck, die gefährlichen Arbeitsbedingungen und das harsche Management sind schwer auszuhalten. Seit Anfang 2013 haben mindestens vier Angestellte Selbstmord begangen. Der jüngste Selbstmord ereignete sich im vergangenen Oktober, als ein Angestellter vom Fabrikgebäude sprang.

Apple muss seine Versprechen einlösen 

Vor zwei Jahre hat Apple das ?Verbesserungsprogramm? mit der Fair Labor Association (FLA) in drei Fabriken ihres Zulieferers Foxconn eingeführt. Doch die Arbeitsbedingungen bei den Apple-Lieferanten bleiben problematisch. «Die Situation von Biel Crystal zeigt, dass Apple noch weit davon entfernt ist, das Bekenntnis zu fairen Produktionsbedingungen in die Tat umzusetzen», sagt Daniela Renaud, Verantwortliche für die Kampagne ?High Tech No Rights? bei Brot für alle und Fastenopfer. Seit 2007 setzen sich die Entwicklungsorganisationen für bessere Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Computern und Handys ein.

Fastenopfer und Brot für alle fordern Apple dazu auf, seine Unternehmensverantwortung wahrzunehmen in Bezug auf grundlegende Arbeitsrechte und Sicherheitsstandards. «Apple soll auf einen Teil seiner grossen Gewinnmarge verzichten, damit angemessene Arbeitszeiten zu fairen Löhnen möglich sind und die Angestellten auch bei Krankheit und Unfall ihre rechtmässige Entschädigung erhalten», sagt Renaud. Im Gegensatz zu Apple hat Biel Crystal auf die aufgezeigten Missstände reagiert und bis Ende Jahr Verbesserungen zugesichert. Renaud begrüsst diese Ankündigung, sagt aber: «Wir werden die Umsetzung genau beobachten.»

Etwas zur Verbesserung beitragen können auch die Konsumentinnen und Konsumenten und insbesondere die öffentliche Hand bei der Beschaffung von Elektronikprodukten. Fastenopfer und Brot für alle fordern die Schweizer Behörden dazu auf, beim Kauf von neuen IT-Geräten auf faire Herstellungsbedingungen zu achten und diese einzufordern.
 
* Die Studie: Sacom: Stains on iPhones? Cover Glass ? Dehumanized Working Condition of Biel Crystal for Apple?s Products: www.brotfueralle.ch/sacom_report (ph)

Zur Kampagne «High Tech ? No Rights»
www.fastenopfer.ch/computer
www.brotfueralle.ch/computer



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