Smartphone-Markt: Das sind die neuen Herausforderer aus Fernost

China: Der grösste Markt der Welt

Die Ursachen für diesen Aufstieg sind vielfältig. Zunächst einmal ist der Markt in China mit Abstand der grösste der Welt. Laut GfK wurden 2016 dort 445 Millionen Geräte verkauft – das sind mehr als doppelt so viele wie in allen europäischen Ländern zusammen. Auch wenn sich die Wachstumsraten im vergangenen Jahr verlangsamt haben, ist das Potenzial immer noch gigantisch, denn momentan ­besitzen laut Statista DMO weniger als 45 Prozent der knapp 1,4 Milliarden Chinesen ein Smartphone.
Gleichzeitig ist der chinesische Smartphone-Markt inzwischen der am härtesten umkämpfte der Welt: Mehr als 40 Hersteller buhlen um die Gunst einer in hohem Masse unterschiedlich strukturierten Kundschaft. Denn einmal gibt es in China einen grossen Bedarf an Einsteigergeräten für weniger kaufkräftige Kunden, die bisher nicht einmal ein Festnetztelefon hatten, gleichzeitig tummeln sich gerade in den Metropolen überdurchschnittlich viele junge Käufer, die von Technik begeistert sind und auch Markenprodukte als Statussymbol sehr schätzen.
Was mit diesem Potenzial möglich ist, zeigte der einheimische Hersteller Xiaomi, als er im Jahr 2015 in einem „Flash Sale“ im Internet in 24 Stunden 2,11 Millionen Geräte verkaufte.
Doch solche Erfolge können schnell Geschichte sein, denn ein grosses Problem ist die mangelnde Markenloyalität chinesischer Käufer, die extreme Bewegungen bei den Marktanteilen verursacht. Xiaomi etwa war 2015 in drei Quartalen Marktführer, wurde dann aber von den Konkurrenten Huawei, Oppo und Vivo überholt und ist aktuell nur noch Vierter. Auch die ausländischen Hersteller kämpfen mit den unberechenbaren Kunden, Apple etwa musste nach Anfangserfolgen erleben, wie die iPhone-Verkäufe 2016 einbrachen. Zu diesem Verhalten kommen immer wieder gesamtwirtschaftliche und politische Entwicklungen, die den Absatz beeinflussen.

Schritt über die Grenzen

Für die einheimischen Marken ist der Schritt über die Grenzen deshalb oft unerlässlich, um mehr Stabilität ins Geschäft zu bringen. Vor allem Huawei und ZTE haben das früh erkannt und bauen inzwischen stärker auf den Export als viele andere einheimische Marken. Aufgrund der erfolgreichen Strategie im IT-Bereich erwartete die Smartphone-Branche das eigentlich auch für Lenovo, doch der Gigant hielt sich in Europa auch nach der Übernahme der Smartphone-Marke Motorola auffällig lange zurück.
Der naheliegende Weg führt viele chinesische Anbieter zudem erst einmal in andere Länder Ostasiens – ausser Japan und Südkorea – mit ihren starken einheimischen Marken. Zuletzt nahmen sie vor allem Indien ins Visier, wo es noch ein sehr grosses Käuferpotenzial gibt.
Deutschland gilt in China als besonders anspruchsvoller Markt, weswegen Erfolge hierzulande auch hoch eingeschätzt werden. Der inzwischen grösste chinesische Hersteller Huawei hat das erkannt und ging mit Smartphones zunächst zögerlich, dann aber mit einer immer stärkeren Präsenz ins Rennen. Dazu gehörten der Einsatz von viel deutschem Personal und der Aufbau der Marke auch im Handel. Mit Honor schickte Huawei 2015 zudem eine zweite Marke ins Rennen, die über den Online-Vertrieb vor allem jüngere Käufer ansprechen soll.
Auch der Elektronikhersteller TCL blickt mit seiner ursprünglich französischen Marke Alcatel, die bis vor einem Jahr als Alcatel Onetouch vermarktet wurde, auf eine längere Geschichte zurück. Phicomm hat ebenfalls seit einigen Jahren eine relativ kleine Präsenz im deutschen Smartphone-Markt. Haier und Hisense, die vor allem mit Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik erfolgreich sind, bieten Smartphones eher als Ergänzung dieses Portfolios insbesondere über die Einkaufskooperationen an.
Zu den letzten Newcomern in Deutschland zählt dagegen Coolpad. Der Hersteller verkauft seit etwas mehr als einem Jahr hierzulande auch über die Distribution an den Fachhandel.
Doch die Smartphone-Branche wartet auf weitere mögliche Neulinge in Deutschland, wie Oppo, Vivo oder OnePlus, die alle zur BBK-Gruppe gehören. Auch Xiaomi wird immer wieder genannt. LeEco mit seiner Marke LeMobile dagegen scheint den eigentlich für 2017 geplanten Schritt nach Deutschland wieder aufgegeben zu haben, obwohl bereits erstes Personal re­krutiert wurde.
Das zeigt, dass der Weg nach Europa nicht so einfach ist, wie sich das manche in China vorstellen. Denn es muss nicht nur eine hierzulande unbekannte Marke aufgebaut werden, sondern es müssen auch Strukturen im Vertrieb und im Service entstehen. Dass all dies nicht unmöglich ist, zeigt der Erfolg von Huawei.




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