Smarte Jogger 03.06.2016, 13:00 Uhr

Symbiose von Technologie und Laufschuh

Smarte Technologie hat inzwischen den Fitnessbereich fest im Griff und selbst die natürlichste Fortbewegungsart überhaupt wird zusehends vom Techniktrend eingenommen: Bleibt die Frage, wie viel Technik das Laufen braucht – und wie sinnvoll das Implementieren von Gadgets in Laufschuhen wirklich ist.
Des Läufers wichtigstes Werkzeug

Abseits der Sinnfrage bezüglich der Verwendung von Wearables beim Laufen ist die Trendentwicklung kaum mehr von der Hand zu weisen. Die tragbaren Geräte sind mittlerweile fester Bestandteil eines Lifestyles, in dem körperliche Fitness und der Hang zur Selbstüberwachung der eigenen Leistungen eng miteinander verwoben sind. Entsprechend häufig sind solche Produkte daher im Handel zu finden.

Bei allen Informationen, die Fitness-Armbänder den Nutzern dank ihrer Sensoren liefern können – Schritte zählen, Laufgeschwindigkeiten messen, Pulsüberwachung, ja sogar Schlafanalyse –, so können sie eines nach wie vor nicht: Auskunft darüber geben, ob die sportlichen Aktivitäten tatsächlich den gewünschten positiven Effekt auf die persönliche Gesundheit haben oder eben nicht.

Schmerzende Gelenke, Schienbeine oder Sehnen sind allzu häufig auf falsches Schuhwerk zurückzuführen.
Natürlich lassen Herzfrequenzen und Kalorienverbrauch Rückschlüsse darüber zu. Langfristige Probleme entstehen beim Laufen aber eben nicht allein durch unregelmässige Trainingseinheiten oder Belastungen am körperlichen Limit. Denn die üblichen Beschwerden dieser Ausdauersportart – Gelenkprobleme, schmerzende Schienbeine, muskuläre Schwierigkeiten – werden von einem wesentlich elementareren Teil der Ausrüstung hervorgerufen. Ursache hierfür ist nämlich, gerade bei Vielläufern, das Unterschätzen der Wichtigkeit passenden Schuhwerks. Das aber kann besagten körperlichen Beschwerden vorbeugen, weswegen die Hersteller immer mehr technologischen Aufwand um ihre Produkte betreiben – mit unterschiedlichsten Ansätzen wohlgemerkt.

Laufen wie auf Wolken: Das Schweizer Unternehmen On

Der augenscheinlichste Ansatzpunkt für eine Verbesserung des Laufgefühls sind die Eigenschaften der Schuhe selbst, allen voran die Dämpfung. Die ist hauptverantwortlich für die Entlastung von Muskulatur und Gelenken, in dem sie die Stosshärte beim Laufen möglichst ideal abfängt. Umgekehrt darf die Dämpfung aber auch nicht zu weich sein, weil sie sonst an anderer Stelle, unter anderem im Bereich der Achillessehnen, für Probleme sorgen kann.

In Zusammenarbeit mit einem Ingenieur der ETH hat sich der Schweizer Duathlon-Weltmeister und Ironman-Sieger Olivier Bernhard schon vor einigen Jahren daran gemacht, diesen schmalen Grat in Form eines Laufschuhs zu meistern. Das Prinzip hinter den Schuhen des Züricher Unternehmens On ist denkbar einfach: Der Fuss soll weich landen und hart abstossen. Das wird ermöglicht durch die eigens entwickelte und patentierte Dämpfung, die nur dann wirksam wird, wenn sie gebraucht wird.

Weiterhin wurde die Sohle so gestaltet, dass sie sich dem jeweiligen Laufstil des Trägers – inklusive aller möglichen Fehlstellungen und –haltungen – anpassen kann. Eine weitere Erleichterung für den Läufer, der nun nicht mehr auf eine bewusste Korrektur in seinem Laufverhalten angewiesen ist, sondern einfach losrennen kann.

Website: https://www.on-running.com/de-ch/
Preis: zwischen CHF 190.00 und CHF 270.00

Die Schuhsohle als Lauftrainer: Optimierung durch Evalu

Einen anderen Zugang zu einer Verbesserung der läuferischen Effizienz und zur Vermeidung von Verletzungen verfolgt das deutsche Startup Evalu. Die Münchner Gründer haben dazu gemeinsam mit einem Hersteller von Druckmesssohlen eine Art virtuellen Personal Trainer geschaffen. Die in der Sohle eingebauten Sensoren messen die Bodenreaktionskräfte im Schuh und leiten die Ergebnisse weiter an das Smartphone.

Mit der dazugehörigen App können die erhaltenen Daten ausgewertet werden. Damit die Analyse für den Läufer wirklich aussagekräftig und nachvollziehbar ist, wurden Experten von der Berliner Charité und der TU München hinzugezogen. Konkret bedeutet das für die Nutzer: Sensor und App ermitteln die biomechanischen Parameter des persönlichen Laufstils, erkennen mögliche Verbesserungspotenziale im Bereich der Lauftechnik und bieten Hilfe für die Korrektur. Die personalisierten Trainingstipps der App sollen zusätzlich durch Videos unterstützt werden. Die darin empfohlenen Übungen sollen ebenfalls dabei helfen, für eine grössere Stabilität zu sorgen, indem beispielsweise die Muskulatur im Bereich der Hüfte und Waden gestärkt wird.

Neben dem Ganzkörpertraining und der Optimierung der individuellen Lauftechnik soll ausserdem die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Nutzung für zusätzliche Motivation für das Laufen sorgen.

Website: http://www.evalu.io/
Preis: 259 €, aktuell nur als Pre-Order.

Smarte Sohle für bessere Laufökonomie: Laufschuhe von Altra

Ganz ähnliche Ziele und Methoden verfolgt auch der amerikanische Hersteller Altra. Unterstützung erhält das Unternehmen hierbei vom Fitness Tracker-Produzenten iFit. Das Ergebnis erinnert stark an die Sohlen von Evalu, allerdings mit dem Unterschied, dass die Sensoren von vornherein in die Schuhsohlen integriert sind. Die messen dann wie gehabt Parameter wie die Schrittfrequenz und überprüfen die Art und Weise des Kontakts der Füsse auf dem Untergrund.

Die ermittelten Daten werden dann in Echtzeit per Bluetooth an das Smartphone oder eine geeignete Fitness-Uhr übertragen. Berücksichtigt wird nicht allein die Härte des Kontakts, sondern ebenso die Balance zwischen Rechts und Links oder die exakte Zone, mit der der Fuss den Boden berührt. Aufgrund dieser Daten erhält der Läufer dann umgehend Hinweise zur Verbesserung seiner Balance. Die Messung der Schrittanzahl pro Minute (Cadence) hilft darüber hinaus dabei, eine adäquate Laufgeschwindigkeit beizubehalten, bei der es nicht zu Überlastungen kommt.

Website: https://www.altrarunning.com/iq
Preis: Voraussichtlich $ 199.00, angekündigt ist die Altra IQ-Serie laut Hersteller für den Sommer 2016.

Objektive Bewegungsdaten: Die Sensoren des Schweizer Startups Axiamo

Deutlich weiter gehen die Möglichkeiten der Bewegungsdatenerhebung mit den Sensoren des Bieler Unternehmens Axiamo. Das Jungunternehmen um die drei Elektroingenieure Damian Weber, Benjamin Habegger und Michael Gasser hat sich zwar ebenfalls das Ziel gesetzt, Sportler vor Schädigungen von Gelenken, Bändern und Sehnen zu bewahren. Allerdings ist die von den verwendeten Sensoren erfasste Datenmenge ungleich grösser als bei den bislang genannten Produkten: Der eingebaute Chip kann in zehn verschiedenen Freiheitsgraden die 3D-Beschleunigung, die Rotation, das Erdmagnetfeld und den Luftdruck erfassen.

Das ermöglicht wiederum ganz andere Einsatzgebiete. Vor allem im professionellen Bereich können beispielsweise Sportwissenschaftler, Sportärzte und Physiotherapeuten von den umfassenden Rohdaten profitieren. Deren Auswertung der aufgezeichneten Bewegungsabläufe kann dann dabei helfen, die bestmögliche Therapie oder Veränderungen des Trainingsprogramms zu entwickeln, um eventuellen Fehlbelastungen entgegenzuwirken.

Vorteile können aber selbstverständlich auch Hobbyathleten aus den Messungen ziehen, denn die Sensoren zeichnen ebenfalls die üblichen Parameter auf: Schrittlänge und –frequenz beispielsweise oder Länge des Bodenkontakts der Füsse. Die Analyse am Smartphone oder Tablet zeigt dann gegebenenfalls die Bereiche auf, in denen Korrekturen notwendig sind, wenn langfristige Schädigungen vermieden werden sollen. Die Massnahmen können von einem Wechsel des Laufschuhs wegen mangelnder Dämpfung bis hin zur Empfehlung von Dehnübungen reichen.

Während der Sensor für alle Nutzer, seien sie aus dem Profilager oder seien es Hobbysportler, stets der gleiche ist, liegt der Unterschied in der verwendeten Software. Die ist auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten und liefert entsprechend umfangreicheres oder spezifisch zugeschnittenes Datenmaterial.

Website: http://www.axiamo.com/
Preis: Der Running Sensor Axiamote xRun kostet laut Herstellerangaben $ 349.00, als Paar $ 599.00. Der Motion Data Sensor Axiamote xData liegt bei $ 449.00, zwei Exemplare kosten zusammen $ 799.00.

Auf warmen Sohlen unterwegs: Smartshoes und Smartsoles von Digitsole

Die bislang vorgestellten Produkte waren allesamt, ganz unabhängig von ihrer Form oder Verarbeitung, auf die sportliche Nutzung hin ausgelegt. Das aus Frankreich stammende Unternehmen Glagla, das hinter Digitsole steht, möchte hingegen darüber hinausgehen. Die unterschiedlichen Varianten der smarten Einlegesohlen verfügen dennoch in erster Linie über die gängigen Features: Das Tracking der Bewegungen über den ganzen Tag hinweg gehört ebenso dazu wie die Berechnung des Kalorienverbrauchs. Weiterentwickeltere Modelle messen zusätzlich die Fusshaltung, analysieren die Bewegungen und übermitteln nützliche Rückmeldungen aufgrund der erhobenen Daten.

Diese Funktionen sind soweit bekannt, das Alleinstellungsmerkmal liegt deshalb in der Möglichkeit, die Exemplare der Warm Series bei Bedarf beheizen zu können. Per Smartphone kann die Temperatur in den Schuhen nach Belieben erhöht werden, bis zu 45 Grad können die eingebauten Thermostate maximal erreichen. Alternativ zu den beheizbaren Sohlen soll es zukünftig auch Schuhe geben, die bereits mit dieser Technologie ausgestattet sind. Die Smartshoes-Kollektion von Digitsole umfasst neben einem Sneaker und Damenpumps auch ein mehr als futuristisch anmutendes Modell, dass offensichtlich an die „Zurück in die Zukunft“-Filmreihe angelehnt ist – automatisches Zuschnüren inklusive.

Solche Produkte sind natürlich keineswegs für das Sporttreiben geeignet, noch dafür ausgelegt. Aber sie vermitteln zumindest einen Eindruck davon, was zukünftig im Bereich smarte Schuhe noch alles möglich werden könnte.

Website: http://www.digitsole.com/index.php
Preis: Die beheizbaren smarten Sohlen kosten $ 199.00, sind allerdings beim Hersteller nicht mehr verfügbar. Die Preise für die Smartshoes stehen bislang noch nicht fest, für die ausgefallenere Variante muss gerüchteweise aber mit bis zu $ 450.00 gerechnet werden.



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