Medienkonsum 26.08.2019, 10:01 Uhr

Ist blaues Licht Schlafräuber oder harmloser Reiz?

Viele Smartphones und Notebooks bieten inzwischen die Möglichkeit, den Blaulichtanteil im Display zugunsten eines wärmeren Farbspektrums zu reduzieren. Das soll den Schlaf verbessern. Ist da was dran?
(Quelle: Youproduction / Shutterstock.com)
Die blauen Lichtanteile, die Displays abstrahlen, scheinen manchen Menschen den Schlaf zu rauben oder sie am Einschlafen zu hindern. Kann das sein? Experten sind sich uneins.

Fest steht: Blaues Licht signalisiert uns, wach zu bleiben, erläutert Prof. Nicole Eter, Direktorin der Universitätsaugenklinik Münster. Rötliches Licht dagegen signalisiert: Es ist langsam Zeit fürs Bett - der Körper beginnt, das Schlafhormon Melatonin auszuschütten.

Für blaues Licht gibt es in der Netzhaut spezielle Rezeptoren. Diese sogenannten Ganglienzellen produzieren das Protein Melanopsin. "Sie leiten die Lichtreize direkt an unsere innere Uhr", erklärt der Kölner Schlafmediziner Alfred Wiater.

Blaulicht und Schlafprobleme

Warmes Licht per Knopfdruck: Auf dem iPhone nennt sich die Funktion Night Shift.
Quelle: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Die "innere Uhr" wiederum gibt den Impuls weiter an die Zirbeldrüse, in der das Melatonin produziert wird. "Blaues Licht unterdrückt die Melatoninabgabe und kann somit das Einschlafen verhindern", so Wiater weiter. Der daraus resultierende Schlafmangel sorgt für schlechte Stimmung, weniger Ausdauer und Konzentrationsprobleme. Langfristig bestehe bei Schlafmangel sogar ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselstörungen sowie Depressionen.

"Unsere innere Uhr läuft automatisiert und ist auf einen 25-Stunden-Rhythmus eingestellt", sagt dagegen Prof. Olaf Strauss von der Berliner Charité. "Nur damit sie exakt läuft, braucht sie ab und an den Abgleich durch das Tageslicht." Wer abends noch mal aufs Tablet schaut, bringe daher nicht gleich seinen Rhythmus durcheinander.

Verschiedene Studien

Verschiedenste Studien haben sich bereits mit Blaulicht und Schlafproblemen beschäftigt. "Rein wissenschaftlich gesehen ist da nicht viel dran", sagt Strauss, der die Experimentelle Augenheilkunde an der Charité leitet. Niemand habe bislang belegen können, dass der Schlafrhythmus durch Displaylicht am Abend gestört wird. Kleinere Studien seien sogar zu extrem gegensätzlichen Ergebnissen gekommen.

Und noch etwas spricht gegen die These vom schlafraubenden Blaulicht: Seit den 2000er-Jahren wird diskutiert, bei Patienten, die am Grauen Star operiert wurden, eine blaulichtfilternde Linse einzusetzen, um die Netzhaut vor schädlichem Sonnenlicht zu schützen. "Eine Meta-Analyse hat jedoch festgestellt, dass das keinerlei Effekte auf Schlaf-Wach-Rhythmen hat", berichtet Strauss.

Finnische Forscher haben 2018 Studien über den Zusammenhang zwischen blauem Licht und innerer Uhr analysiert. Sie kamen zu dem Schluss, dass zwar die Produktion von Melatonin unterdrückt wird, wenn man sich am Abend zwei Stunden blauem Licht aussetzt, diese Wirkung jedoch nur 15 Minuten anhält. Sie schlussfolgerten aber ebenso, dass auch rotes Licht Einfluss auf die innere Uhr haben kann.




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