Studie: Future Production – Automobilproduktion 2020 25.09.2016, 17:03 Uhr

Die wichtigsten Digitaltrends in der Automobilproduktion

Im Rahmen der Analyse »Future Production – Automobilproduktion 2020« hat die Managementberatung Detecon, eine Tochter von T-Systems, innovative Anwendungen aus Forschung und Praxis untersucht.
(Quelle: Detecon)
Fortschritte in der künstlichen Intelligenz und die Echtzeitvernetzung der Fabrik machen es möglich: Die Mensch-Roboter-Kooperation (MRK) wird Realität. Kollaborative Roboter – sogenannte Cobots – lernen in kurzer Zeit selbstständig neue Arbeitsschritte und die jeweilige Interaktion mit dem humanen Kollegen. Beide arbeiten auf engem Raum zusammen, ohne durch Schutzzäune getrennt zu sein. Cobots können multifunktional eingesetzt werden – vom Anreichen einzelner Teile, über die Maschinenbeschickung bis hin zur eigenständigen Montage. Das entlastet den Mitarbeiter bei repetitiven Tätigkeiten. Die Roboter werden mobil und navigieren selbstständig durch die Montagestrasse. Sie kommen dort zum Einsatz, wo herkömmliche Roboter aufgrund ihrer Grösse, Unbeweglichkeit und geringer Schutzmechanismen bisher ausgeschlossen waren. Das eröffnet riesige Effizienzpotenziale in der Montage. Hier liegt der Automatisierungsgrad bisher bei maximal 20 Prozent, während dieser bei anderen Produktionsschritten bereits bis zu 90 Prozent beträgt. »Diese enge Mensch-Roboter-Kollaboration erfordert absolut zuverlässige Sicherheitsmechanismen«, warnt Uwe Weber, Managing Partner und Automobilexperte bei Detecon.

Assistenzsysteme: Das digitale Vier-Augen-Prinzip

Auch mobile digitale Assistenzsysteme gehören bald zum Arbeitsalltag in der Automobilmontage. Tablets kommen schon heute verstärkt zum Einsatz, Datenbrillen und intelligente Sensorhandschuhe werden stationäre Monitore und Anzeigen ersetzen. Für Arbeitsanweisungen – etwa zur individuellen Konfiguration des Fahrzeugs – muss der Mitarbeiter den Blick dann nicht mehr vom Werkstück abwenden. Im Anschluss erhält er Feedback zur Arbeitsausführung: Animierte Balkendiagramme oder Tachometer zeigen dem Montagearbeiter den aktuellen Status und seine Leistung im Produktionsverbund. Das ermöglicht einen schnelleren Ablauf der Montage und senkt die Fehlerquote. „Damit die Mitarbeiter digitale Assistenzsysteme nicht als Kontrolle ihrer Arbeitsleistung empfinden, ist eine sinnvolle Auswahl der erzeugten Daten und der sensible Umgang mit personenbezogenen Daten sehr wichtig“, so Weber. »Der Sicherheitsaspekt erstreckt sich nicht nur auf die operative Steuerung der Mensch-Roboter-Kooperation. Er betrifft auch die Sicherheit der zahlreichen Daten, die von Cobots und Smart Devices in der vernetzten Montage erzeugt werden.«

Synced Factory Twin: Die reale Fabrik bekommt einen virtuellen Zwilling

Änderungen in den Abläufen wurden bisher noch am realen Fliessband geprobt. Jetzt spielen Montagearbeiter neue Arbeitsschritte oder Modellwechsel vor der Produktionsumstellung in einer virtuellen Umgebung durch. Das steigert die Effizienz – Modellwechsel und Produktionsumstellungen können so schneller antizipiert werden. Die nächste Stufe der Virtualisierung steht bereits vor der Markteinführung: die synchrone Echtzeit-Abbildung aller Vorgänge in der virtuellen und realen Welt. »Schon bald wird die gesamte Fabrik einen digitalen Zwilling bekommen, mit dem sie sich permanent über den aktuellen Soll-Ist-Zustand austauscht. Beide kalibrieren sich gegenseitig«, so Dr. Steven Vettermann, Geschäftsführer von ProSTEP iViP. Der Verein bündelt die Interessen von Fertigungsindustrie, IT-Anbietern und Forschung und treibt die virtuelle Fabrik im branchenübergreifenden Konsortialprojekt ‚Synced Factory Twin‘ voran. »Das ermöglicht erstmals den übergreifenden und geschlossenen Informationsaustausch zwischen Entwicklung, Planung und Produktion und sorgt dafür, dass die vorhandenen Informationen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Kapazitätsänderungen, Unterbrechungen und Störungen können dann zum Beispiel schon bei der Planung der Montagearbeiten berücksichtigt werden«, erläutert der Fachmann. »Das senkt die Maschinenanlaufzeiten und ermöglicht schnellere Durchlaufzeiten. Ausserdem können die Ressourcen flexibler eingesetzt werden.«

Hoher Nutzenfaktor der Digitalisierung für die Montage

»Roboter und Mensch, unterstützt durch digitale Assistenzsysteme, bilden in der Automobilproduktion 4.0 eine hilfreiche Symbiose«, so Uwe Weber. »Gerade in der Montage entfaltet die Digitalisierung dabei einen hohen Mehrwert.« Gesundheitsbedingte Mitarbeiterausfallzeiten durch Wiederholungstätigkeiten liessen sich reduzieren. Gleichzeitig liefen die Prozesse in der vernetzten Montage schneller und reibungsloser. »Insgesamt sollten sich digitale Prozessketten in der Automobilfertigung durch Agilität, Skalierbarkeit, Mobilität, Modularität, Re-Kombinierbarkeit und Lernfähigkeit auszeichnen. Dazu sind komplexe digitale Fähigkeiten und ein tiefgreifendes Verständnis für ihr Zusammenwirken nötig«, sagt Uwe Weber.
Die Studie kann unter http://www.detecon-futureproduction.com eingesehen werden.




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