Mikroelektronik 09.11.2017, 11:00 Uhr

Optoelektronischer Chip aus Metall

Forschende der ETH Zürich haben das erste lichtprozessierende Mikroelektronik-Bauteil entwickelt, das ohne Glas auskommt und stattdessen aus Metall gefertigt ist. Es wandelt elektrische Datensignale in optische um.
Mikroskopische Aufnahme eines Chips. Oben links: funktionsfähiger Modulator mit elektrischen Kontakten; rechts: Testmodulator ohne elektrischen Kontakt; unten: Testkomponenten.
(Quelle: ETH Zürich)
Optische Bauteile für die Mikroelektronik müssen in Glas gefertigt werden. Metalle eignen sich dazu nicht, weil sich optische Information darin höchstens 100 Mikrometer weit ausbreiten kann. Dies war bis vor kurzem die gängige Auffassung von Wissenschaftlern. Forschende unter der Leitung von Jürg Leuthold, Professor am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik, machten nun das scheinbar Unmögliche möglich: Sie entwickelten ein lichtprozessierendes Bauelement aus Metall. Dies berichten sie in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Science.
Die Meisterleistung gelang ihnen, indem sie das Element klein genug bauten. Es ist nur 3 x 36 Mikrometer gross und liegt damit in einem Grössenbereich, in dem sich optische und elektrische Informationen in Metallen ausbreiten können.

Bauelement für Glasfasernetze

Beim Bauteil handelt es sich um einen Modulator. Modulatoren wandeln elektrische Datensignale in optische um. Sie sind in modernen Internetroutern für das Glasfasernetz verbaut und ermöglichen Glasfaser-Datenverbindungen zwischen Computereinheiten in Rechenzentren. Die heute standardmässig verwendeten Bauteile funktionieren jedoch grundsätzlich anders als der neue Modulator.
Das Funktionsprinzip des neuen Bauteils: Licht aus einer Glasfaser wird auf den Modulator geleitet und versetzt die Elektronen auf dessen Oberfläche in Schwingung. Experten sprechen dabei von einer Plasmon-Oszillation. Diese Schwingung lässt sich durch elektrische Datenpulse indirekt verändern. Wird die Schwingung der Elektronen wieder in Licht zurückverwandelt, entsteht ein Lichtsignal, das entsprechend gepulst ist. Die Information wurde dabei von einem elektrischen in einen optischen Datenpuls überführt und kann nun in Glasfasern transportiert werden.

Noch schneller und kleiner

Schematische Darstellung des metallischen Modulators: Links trifft ein kontinuierlicher Lichtstahl auf ein metallisches Gitter und wird dort gebrochen, rechts verlässt ein optischer Datenpuls das Bauteil 
Quelle: ETH Zürich
Bereits vor zwei Jahren entwickelten Leuthold und seine Kollegen einen solchen plasmonischen Modulator. Es handelte sich damals um den kleinsten und schnellsten je gebauten Modulator. Damals waren auf dem Halbleiterchip allerdings noch diverse Komponenten aus Glas mitverbaut.
Indem die Wissenschaftler nun alle Glaskomponenten durch metallische ersetzen, schafften sie es, einen noch kleineren Modulator zu bauen, der bei einer noch höheren Geschwindigkeit arbeitet. «In Metallen können sich Elektronen praktisch beliebig schnell bewegen, nicht so in Glas, wo es eine physikalisch bedingte Geschwindigkeitsobergrenze gibt», sagt Masafumi Ayata, Doktorand in Leutholts Gruppe und Erstautor der Studie. Im Experiment konnten die Forschenden Daten mit 116 Gigabit pro Sekunde übertragen. Sie zeigen sich überzeugt, dass mit Optimierungen sogar noch höhere Datenübertragungsraten möglich sind.
Aus einer Goldschicht geätzt
Der getestete Modulator-Prototyp der ETH-Forschenden ist aus einer Goldschicht gefertigt, die auf einer Glasoberfläche liegt. Wie die Wissenschaftler betonen, hat die Glasunterlage keine Funktion. «Statt der Glasunterlagen können wir auch andere geeignete glatte Oberfläche verwenden», so Leuthold. Und statt des Goldes könne für industrielle Anwendungen auch das günstigere Kupfer verwendet werden. Zentral ist, dass es für den neuen Modulator nur eine metallische Beschichtung braucht. «Das macht die Herstellung sehr einfacher und günstig», sagt Leuthold.

Für Computer und autonome Fahrzeuge

Um den neuen Modulator in die Praxis zu bringen, arbeiten die Forschenden bereits mit einem Industriepartner zusammen, mit weiteren Partnern führen sie Gespräche. Bis zur Markreife sieht Leuthold allerdings noch Entwicklungspotenzial. So rechnet er damit, dass ein derzeitiger Verlust der Signalstärke bei der Modulation noch reduziert werden kann.
Im Labor nach dem Austesten des neuen Chips (von links nach rechts): Arne Josten, Masafumi Ayata, Benedikt Bäuerle und Wolfgang Heni 
Quelle: ETH Zürich
Für Computer und autonome Fahrzeuge
Der neue Modulator könnte dereinst nicht nur im Telecom-Bereich zur Anwendung kommen, sondern auch in Computern. «Die Computerindustrie denkt darüber nach, Daten innerhalb von Rechnern zwischen den einzelnen Chips mit Glasfasern zu übertragen», sagt Leuthold. Dazu braucht es jedoch winzige Modulatoren – solche, wie sie Leuthold mit seinem Team nun entwickelt hat.
Schliesslich wäre es auch denkbar, die Modulatoren in Bildschirmen – auch biegbaren – einzusetzen sowie in optischen Sensoren. Ein Beispiel hierfür wären Lidar-Systeme zur Distanzmessung, welche bei (teil-) autonomen Fahrzeugen verwendet werden.




Das könnte Sie auch interessieren