Komlett neue Computerarchitektur? 07.01.2021, 07:39 Uhr

Empa forscht an Skyrmionen

Skyrmionen sind magnetische Objekte, die zur Grundlage einer neuen Speicher- und Computerarchitektur werden könnten. Empa-Forschern gelang es erstmals, ein Multilagenschichtsystem herzustellen, in dem zwei verschiedene Skyrmionen bei Raumtemperatur existieren können.
Hier drin entstehen die Skyrmionen im Ultrahochvakuum: Mittels Sputterdeposition-Technik ist es einem Forscherteam der Empa gelungen, innerhalb fein aufeinander abgestimmter, ultradünner Metallschichten unterscheidbare Skyrmionen bei Raumtemperatur herzustellen.
(Quelle: Empa)
Die einfachen physikalischen Grundprinzipien des Magnetismus mögen Vielen noch aus der Schule bekannt sein. Betrachtet man die magnetischen Gegebenheiten auf atomarer Ebene, stösst man mit diesem Alltagswissen um Nord- und Südpol jedoch schnell an seine Grenzen. Denn im Nanobereich können die magnetischen Wechselwirkungen zwischen den Atomen wundersame Zustände annehmen und beispielsweise aus atomaren magnetischen Momenten spezielle Wirbel formen, sogenannte Skyrmionen.
Diese haben sehr spezielle Eigenschaften und können in bestimmten Materialsystemen erzeugt werden, etwa in einem «Stapel» aus verschiedenen sub-Nanometer dicken Metallschichten. Die moderne Computertechnik verspricht sich von Skyrmionen, die insgesamt nur wenige Nanometer gross sind, einen extrem platzsparenden und ultraschnellen Weg der Datenspeicherung und -verarbeitung.
So könnte ein Konzept für die Datenspeicherung mit Skyrmionen sein, dass ein Skyrmion den Wert «1» erhält, und der Wert «0» durch die Abwesenheit desselben dargestellt wird. Dieses Konzept könnte dann in «Racetrack»-Speichern (siehe Infobox unten) zur Anwendung kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Abstand zwischen dem Skyrmion für den Wert «1» und der Skyrmion-Lücke für den Wert «0» beim Verschieben während des Datentransports konstant bleibt, da dies sonst Fehler verursachen würde.
Besser wäre es, für die Darstellung von «0» und «1» unterschiedliche Skyrmionen zu verwenden. Diese könnten dann wie Perlen entlang einer Kette transportiert werden, ohne dass dabei die Abstände der Perlen eine grosse Rolle spielen. Die Existenz zweier verschiedener Skyrmion-Typen (Skyrmion und Skyrmion-Bobber) haben Forscher bisher indes nur theoretisch vorausgesagt und experimentell lediglich in einem speziell «gezüchteten» monokristallinen Material nachweisen können. Dort existieren die Skyrmionen aber nur bei extrem tiefen Temperaturen. Für praktische Anwendungen ist dieses Material daher ungeeignet.
Mögliche Anwendung
Racetrack-Speicher
Das Konzept eines solchen Speichers wurde 2004 bei der Firma IBM entworfen. Es besteht darin, Information mittels magnetischer Domänen – also magnetisch gleich ausgerichteten Bereichen – an einer Stelle zu schreiben und diese dann mittels Strömen schnell im Speicher zu verschieben. Ein Bit entspricht dabei einer solchen magnetischen Domäne. Diese Aufgabe könnte beispielsweise von einem Skyrmion übernommen werden. Trägermaterial dieser magnetischen Informationseinheiten sind Nanodrähte, die mehr als tausend Mal dünner als ein menschliches Haar sind und damit eine extrem platzsparende Form der Datenspeicherung versprechen. Der Transport der Daten entlang der Drähte funktioniert zudem extrem schnell, nämlich etwa 100'000 Mal schneller als in einem konventionellen Flash-Speicher und mit einem wesentlich geringeren Energiebedarf.

Autor(in) pd/ jst




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