ICT-Fachkräftemangel 08.09.2022, 15:07 Uhr

Berufsbildung als Schlüssel

Bis 2030 wird die Schweiz 38'700 ICT-Fachkräfte zu wenig haben. Das zeigt eine neue Studie von ICT-Berufsbildung Schweiz. Eine höhere Lehrstellenquote könnte das Problem jedoch lösen.
Ohne eine höhere Lehrstellenquote ist gegen den Fachkräftemangel in der Branche kein Kraut gewachsen
(Quelle: Archiv NMGZ)
Laut einer Studie der ICT-Berufsbildung Schweiz wird das Land bis 2030 eine Lücke von 38'700 Fachkräften haben. Als grösste Zubringerin kann und muss die Berufsbildung ihren Teil dazu beitragen, gegen diesen drohenden Mangel anzukämpfen. Denn 79 Prozent aller ITC-Abschlüsse an Hochschulen in der Schweiz haben dort ihren Ursprung.
Der nationale Verband ICT-Berufsbildung Schweiz untersucht seit 2010 alle zwei Jahre die Fachkräftesituation in der Branche und erstellt darauf basierend eine Entwicklungsprognose für die nächsten acht Jahre. Trotz eines überdurchschnittlichen Wachstums im Berufsfeld (2021 arbeiteten 40,5 Prozent mehr Angestellte in der Branche als noch vor zehn Jahren), kann die Schweiz mit dem steigenden Bedarf nicht mithalten. Bis 2030 braucht es im Land 119'600 zusätzliche ICT-Fachkräfte.

Fachkräftemangel ist in der Security besonders drückend

Während alle ICT-Berufe vom Mangel an qualifizierten Mitarbeitern betroffen sind, zeichnet sich im Bereich ICT Security ein besonders düsteres Bild ab. Obwohl sich die Zahl der Spezialisten in diesem Feld seit 2010 auf 5100 verdreifacht hat, weist die Studie darauf hin, dass bis 2030 60 Prozent zusätzliche ICT-Security-Fachkräfte benötigt werden. Genau aus diesem Grund führte ICT Berufsbildung Schweiz zusammen mit der Wirtschaft und der Armee 2019 den eidgenössischen Fachausweis «Cyber Security Spezialist» ein. Doch obwohl sich die Anzahl Prüfungskandidaten hier jährlich verdoppelt hat, reicht diese Anstrengung allein bei weitem nicht aus.

Ohne die Berufsbildung ist die Lage hoffnungslos

Trotz verschiedener Ausbildungsanstrengungen und der Zuwanderung wird die Branche bis 2030 einen Personalmangel von 38'700 Angestellten vorweisen. Dieser ist laut Studie nur durch eine höhere Lehrstellenquote zu bewältigen. Das liegt auch daran, dass die Berufsbildung auch der grösste Zulieferer für die Fachhochschulen und ihre tertiären Ausbildungen ist. 79 Prozent all dieser Abschlüsse haben ihren Ursprung in der Berufsbildung. Genau auf diesen Umstand weist Andreas W. Kaelin, Präsident von ICT-Berufsbildung Schweiz hin: «Nur dank der Berufsbildung können der Wirtschaft die ICT-Fachkräfte zugeführt werden, die für die Prosperität und Innovationskraft der Schweiz notwendig sind.»
Während die Zahl der ICT-Lernenden durch die Lehrstellenförderung zwar steigt, liegt sie auch heute noch wesentlich zu tief. 2021 lag ihre Zahl bei 10'414. Wenn man das mit der Zahl von Vollzeitäquivalenten im lokalen ICT-Berufsfeld (176'500) vergleicht, ergibt sich eine Lehrstellenquote von 5,9 Prozent. Um den drohenden Fachkräftemangel durch inländisch ausgebildeten Berufsnachwuchs decken zu können, müsste diese Quote laut der ICT-Berufsbildung Schweiz langfristig jedoch auf 8,1 Prozent klettern. Deshalb ruft Serge Frech, Geschäftsführer von ICT-Berufsbildung Schweiz, auch Betriebe in anderen Branchen dazu auf, entsprechende Lehrstellen anzubieten: «Spätestens mit neun ICT-Beschäftigten sollten Betriebe die Bereitstellung einer ICT-Lehrstelle in Betracht ziehen, egal in welcher Branche sie tätig sind».

Nicht nur die Kernbranche ist betroffen

Das Problem mit den mangelnden Spezialisten ist ein Problem der gesamten Schweizer Volkswirtschaft. Zwei Drittel der ICT-Fachkräfte arbeiten hierzulande nämlich nicht in der ICT-Kernbranche. Die Post und die Swisscom haben sich deshalb an der Konzipierung eines neuen Berufs mit dazugehöriger Lehrstelle beteiligt, der/die «Entwickler/in digitales Business EFZ». Die entsprechenden Lehrstellen werden ab dem nächsten Jahr angeboten.
Da es in der Schweiz viele verschiedene Möglichkeiten für den Zugang zu höherer Bildung gibt, gehen auch die Hochschulen von einer grösseren Studierendenschaft aus, wenn die Berufsbildung in der Branche stärker gefördert würde. Prof. Dr. René Hüsler, Mitglied des Executive Committee von digitalswitzerland und Direktor des Departements Informatik sowie stellvertretender Rektor der Hochschule Luzern erklärt dies wie folgt: «In Kombination mit der Passerelle und der Berufsmaturität ermöglicht die berufliche Grundbildung den Hochschulen eine grosse Studierendenschaft, die zudem eine fundierte Praxisausbildung mitbringt».




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