Wirtschaftsprognose Swiss-IT und KOF 25.04.2018, 04:30 Uhr

Schöne Aussichten

Die Schweizer Wirtschaft brummt und die Konjunkturaussichten sind gut. Das meinen nicht nur die Wissenschaftler der Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich, sondern auch die von uns befragten Wirtschaftskapitäne.
(Quelle: shutterstock.com/Sergey Nivens)
Die Schweizer Wirtschaft ist gut in Form und ein Leistungseinbruch nicht in Sicht. Die zahlreichen Krisen der letzten Jahre scheinen kaum Spuren hinterlassen zu haben. Im Gegenteil: Nach dem Motto, «was uns nicht umbringt, macht uns stark» bewirkten Finanz- und Eurokrise sowie der starke Franken eine Stählung der helvetischen Unternehmen.
Das hat klar Auswirkungen auf die Stimmungslage. Dies zeigen sowohl die von Computerworld und IDC durchgeführte Swiss-IT-Studie als auch die jüngsten Analysen und Prognosen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich.

Positive Jahresbilanz

Dass es den Schweizer Unternehmen besser geht als auch schon, zeigt die Swiss-IT-Befragung des Managements recht deutlich. 44,4 Prozent der Firmenchefs geben in der Studie an, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens in den zurückliegenden zwölf Monaten verbessert hat. Vor einem Jahr trafen nur 33,5 Prozent der Befragten diesen Befund. Zudem geben heuer weniger Manager an, dass sich die Situation verschlechtert habe. Müssen sich dies in der diesjährigen Untersuchung 9,1 Prozent eingestehen, lag der Anteil vor einem Jahr bei 13,9 Prozent der Befragten.
Besonders gut ergangen ist es den grossen Konzernen. Unternehmen mit mehr als 1000 Mit­arbeitern gaben zu 48,6 Prozent an, dass sich die wirtschaftliche Situation bei ihnen verbessert habe. Allerdings ist hier auch der Anteil jener Firmen, denen es schlechter geht, mit 17,1 Prozent sehr viel grösser als bei den KMU. Die kleinen und mittelgrossen Firmen liegen dagegen eher beim oben genannten Mittelwert.

Gesunder Optimismus

Auch der Blick in die Zukunft ist für viele Firmenchefs rosiger als in der Vergangenheit. Stolze 42,9 Prozent von ihnen rechnen mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung des eigenen Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten. Zum Vergleich: Vor einem Jahr sahen nur 36,5 Prozent derart optimistisch in die Zukunft. Bei den «Pessimisten» gibt es dagegen keine Änderungen. Während heuer 7,6 Prozent der Firmenleitungen von einer Verschlechterung ausgehen, waren es vor einem Jahr deren 7,5 Prozent.

Die Kleinen sind optimistischer

Interessante Aspekte liefert auch dabei die Aufschlüsselung nach Unternehmensgrösse. Hier kann die These aufgestellt werden: je kleiner die Firma, desto optimistischer. Denn gerade Kleinunternehmen mit 1 bis 99 Mitarbeitern erwarten zu 48,3 Prozent eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Bei den mittelgros­sen Firmen mit 100 bis 999 Mitarbeitern sinkt der Anteil derer, die in Bezug auf die eigene Firma positiven Mutes sind, auf 41,9 Prozent. Unter den Wirtschaftskapitänen der Gross­unter­nehmen ist dagegen eher Skepsis angesagt, was die Entwicklung der nächsten Zeit anbelangt. 37,1 erwarten eine Verbesserung, 17,1 Prozent eine Verschlechterung.

Industrie im Stimmungshoch

Für die Swiss-IT-Studie wurde das Manage­-ment aus unterschiedlichen Branchen befragt. Schlüsselt man die Frage nach den wirtschaftlichen Zukunftsaussichten entsprechend auf, ergeben sich weitere interessante Aspekte. So scheinen Firmenvertreter der Industrie das nächste Jahr sehr positiv zu sehen: 56 Prozent von ihnen beurteilen die nähere Zukunft rosig. Nur 6,7 Prozent erwarten eine Verschlechterung. An­nähernd gleich gute Aussichten für die eigene Firma haben lediglich noch Vertreter des Handels. Hier erwarten 53,3 Prozent eine Verbesserung des eigenen Geschäfts.
Eher trübe Aussichten haben dagegen Vertreter des Gesundheits- und Sozialwesens. Hier gehen 21,1 Prozent davon aus, dass sie in einem Jahr schlechter dastehen als heute.
Wenig Änderung sehen dagegen Vertreter aus der öffentlichen Verwaltung sowie der Energiewirtschaft. Hier liegt der Anteil jener Manager, die davon ausgehen, dass die wirtschaft­liche Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten ungefähr gleich bleiben wird, mit 81,3, respektive 71,4 Prozent sehr hoch.

Konjunkturbeurteilung

Die generell optimistische Sichtweise auf die wirtschaftliche Entwicklung der eigenen Firma liegt in der doch recht positiven Beurteilung der allgemeinen Wirtschaftslage. Allerdings blickt auch dieses Jahr eine Mehrheit eher kritisch auf die konjunkturelle Situation.
Konkret gehen heuer 20,7 Prozent der Befragten davon aus, dass die konjunkturelle Entwicklung für ihr Unternehmen überhaupt keine oder eine geringe Herausforderung darstellt. Vor einem Jahr lag dieser Anteil mit 12,1 Prozent deutlich tiefer. Handkehrum sehen heuer «nur noch» 46,7 Prozent in der wirtschaftlichen Entwicklung eine grosse oder sehr grosse Herausforderung. Vor einem Jahr lag der entsprechende Anteil noch bei 57,6 Prozent.
Daneben machen die Wechselkursschwankungen den Managern weniger zu schaffen als 2017. Eine Mehrheit, nämlich 53 Prozent, sehen hierin überhaupt keine oder eine geringe He­rausforderung. Vor einem Jahr äusserten sich dagegen lediglich 37,6 Prozent in dieser Art. Ähnlich viele, nämlich 33,4 Prozent, sahen die Wechselkurse – sprich: den starken Franken – als grosse oder sehr grosse Herausforderung. Dieser Anteil ist unter den aktuellen Studienteilnehmern auf 20,7 Prozent gesunken.

König Fussball schönt die Prognose

Das «Bauchgefühl» der von Computerworld und IDC befragten Wirtschaftsführer, wird von aktuellen Zahlen der KOF wirtschaftswissenschaftlich untermauert. In der Frühjahrskonjunkturprognose geht die Forschungsstelle von einem breit abgestützten Aufschwung aus. So soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz 2018 um 2,5 Prozent zulegen und auf fast 691 Milliarden Franken anschwellen. Dem Aufschwung wird von der KOF zudem eine gewisse Nachhaltigkeit attestiert. Denn auch für 2019 rechnen die Wirtschaftsweisen von der ETH Zürich mit einem BIP-Wachstum von 1,8 Prozent.
Die relativ hohe BIP-Wachstumszahl ist allerdings nur teilweise «hausgemacht». So werden neuerdings auch die Einnahmen gewichtiger internationaler Sportverbände mit Sitz in der Schweiz in die Rechnung mit einbezogen. Da heuer sowohl Olympische Winterspiele stattfan­den als auch eine Fussballweltmeisterschaft ansteht, fliesst mächtig Geld aus Fernsehrechten in die Kassen des Internationales Olympisches Komitee (IOC) und der Fédération Internationale de Football Association (FIFA). Allein die WM in diesem Sommer könnte 5,6 Milliarden Franken an Einnahmen für die FIFA generieren, berichtete Yngve Abrahamsen, Sektionsleiter Schweizer Konjunktur der KOF, während der Präsentation der neusten Zahlen. Die KOF schätzt folglich die damit verbundene zusätzliche Wertschöpfung auf 0,3 des BIP. Da nächstes Jahr kein grösserer Sport-Event über die Bühne geht, rechnet die KOF mit entsprechend tieferem BIP-Wachstum. Ohne die Sportveranstaltungen würde die KOF mit einem diesjährigen BIP-Wachstum von 2,2 Prozent und 2019 von 2,1 Prozent ausgehen.
«Wir erleben somit im Zwei-Jahres-Rhythmus Schwankungen beim BIP-Wachstum», betont Abrahamsen. Als Grund für den nun spürbaren Einfluss der Sportveranstaltungen seien die in letzter Zeit massiv gewachsenen Lizenz­gebühren für die Fernsehübertragungsrechte. Früher sei dies im Rahmen von BIP-Prognosen eine zu vernachlässigende Grösse gewesen. Abrahamsen weist darauf hin, dass Institutionen wie die
Steuerbehörden, die ihre Budgetplanung auf die BIP-Zahlen abstützen, aufpassen müssten. «Wenn die internationalen Sportorganisationen ja in der Schweiz Steuern zahlen würden, spielte das keine Rolle. Aber sie zahlen nun mal keine.»
Daneben ist laut KOF an der Wechselkursfront weiterhin Entspannung angesagt. «Wir rechnen mit einem Wechselkurs von Fr. 1.165 für 1 Euro», sagt Abrahamsen. Mit positiven Impulsen für Schweizer Unternehmen. Diese können ihm zufolge ihre Preise für Exportgüter erhöhen und auch höhere Margen erzielen, die seit der Aufhebung der Mindestwechselkursgrenze sehr unter Druck gekommen waren.

Unsicherheitsfaktor USA

Kopfzerbrechen bereitet den KOF-Mitarbeitern derweil, welche Auswirkungen die Handels-
und Steuerpolitik der USA auf die Konjunktur­entwicklung weltweit und in der Schweiz haben wird. Die Steuerreform auf der anderen Seite des Atlantiks dürfte die Binnennachfrage und Investitionstätigkeit US-amerikanischer Firmen stimulieren. Auch europäische und Schweizer Firmen könnten von einer grösseren Exportnachfrage profitieren. Allerdings könnten die Effekte der US-amerikanischen Steuerreform rasch abnehmen, was schliesslich zur Folge hätte, dass die US-Notenbank die Leitzinsen schneller erhöhen könnte als angenommen.



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