Lieferservice 05.01.2021, 16:45 Uhr

Italienisches Gericht stuft Deliveroo-Algorithmus als diskriminierend ein

Der Algorithmus in einer App des Lieferdienstes Deliveroo verletzt die Arbeitnehmerrechte der betroffenen Ausfahrer. Das entschied ein Gericht in Bologna. Das erfolgsverwöhnte Start-up sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und will das Urteil nicht akzeptieren.
(Quelle: Shutterstock / Eyesonmilan)
Dass Kunden den Service eines Lieferboten bewerten können, ist im Internet-Zeitalter nichts Neues mehr. Doch der Essenslieferdienst Deliveroo geht - auch das keineswegs branchenexklusiv - noch einen Schritt weiter. Per App melden sich die Fahrer an oder ab, übernehmen bestimmte Fahrten oder Schichten. Über diese App hat Deliveroo die Leistungsbereitschaft seiner Mitarbeiter bewertet - und dabei diskriminierende Massstäbe angelegt. Zu diesem Urteil kam ein Gericht im italienischen Bologna. Es gab damit der Klage mehrerer Fahrer statt, die für Deliveroo arbeiteten - und sich von der App ungerecht bewertet fühlten.

Krank oder einfach blau gemacht?

Nach Berichten in italienischen Medien bemängelte das Gericht vor allem, dass der in der App einprogrammierte Algorithmus bei Abwesenheiten oder Fehlzeiten der Fahrer keinen Unterschied mache, ob die Fehlzeit rechtlich gerechtfertigt sei oder nicht. Deliveroo-Mitarbeiter, die zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Teilnahme an Arbeitskampfmassnahmen nicht zum Dienst erschienen, würden in der App genauso abgestraft wie solche Kurierfahrer, die einfach nur unentschuldigt fehlten.
Das Gericht verurteilte das Liefer-Start-Up zur Zahlung von 50.000 Euro an jeden der klagenden Fahrer sowie die Übernahme der Verfahrenskosten. Ausserdem muss Deliveroo das Urteil auf seiner Website veröffentlichen.

Gewerkschaft zufrieden, Deliveroo nicht

Beim italienischen Gewerkschaftsverband CGIL kam die Entscheidung gut an, er bezeichnete sie in einer Stellungnahme als "epochalen Wendepunkt in der Verteidigung von gewerkschaftlich erkämpften Arbeitnehmerrechten in der digitalen Welt".
Weit weniger zufrieden äusserte sich das Management von Deliveroo Italia. Man nehme das Urteil zur Kenntnis, akzeptiere es aber nicht, so ein Statement von Deliveroos Italien-Chef Matteo Sarzana. Das Urteil stütze sich "auf eine hypothetische Bewertung ohne jeden konkreten Beweis." Sarzana verweist darauf, dass die App ausserdem in dieser Form nicht mehr im Einsatz sei.

Klagen gegen Uber und Ola

Die von Start-Ups wie Uber, Deliveroo oder Ola propagierten Regeln für Mitarbeiter sorgen immer häufiger für Konflikte. Die Start-Ups sehen ihre freien Buchungsmodelle als Möglichkeit für Mitarbeiter, genau so viel oder wenig zu arbeiten, wie sie gern möchten. Feste Bindungen gibt es nicht.
Die Beschäftigten sehen das oft anders. So hatte im Sommer 2020 ein kalifornisches Gericht Fahrer für Uber zu Angestellten erklärt. Gegen Uber und den Essenslieferanten Ola laufen Klagen in den Niederlanden. So wie es aussieht, wird der Streit über die Beziehungen zwischen Fahrdienst-Start-Ups und ihren Mitarbeitern immer häufiger vor Gericht ausgetragen. 
 




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