Refurbishing im Web: So gut wie neu

Mit Erfahrung von Amazon in die Selbständigkeit

Allerdings hat Kaminski in Sachen Überzeugungskraft auch ein besonderes Ass im Ärmel: Bevor er sich selbstständig machte, baute er nämlich für Amazon in Deutschland den Refurbished-Bereich auf. Doch irgendwann merkte er, dass dem E-Commerce-Koloss gar nicht so daran gelegen war, diesen Geschäftsbereich zu pushen, weil die Umsatzprovisionen auf Neuware naturgemäss höher ausfallen. "Da habe ich begriffen, dass man das Geschäft eigenständig aufbauen muss", sagte Kaminski und gründete zusammen mit zwei Freunden den Marktplatz Refurbed, auf dem Refurbishing-Dienstleister ihre Produkte verkaufen können. 50 Händler haben dort inzwischen angedockt und verkaufen jeder zwischen 1.000 und 5.000 Produkte.
Mit dem Refurbishing-Prozess von Produkten selbst haben Kaminski und sein Team dabei nichts zu tun - im Gegensatz zu Unternehmen wie etwa Asgoodasnew, das 2008 in Frankfurt (Oder) an den Start ging und inzwischen knapp 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. "Der Markt wächst rasant. Und wir stehen erst am Anfang", sagt Andreas Max, der bei dem Unternehmen als Head of Operations über dem R­efurbishing-Prozess wacht. Seine Ware bezieht er zu 80 Prozent über die eigene Ankaufsseite Wirkaufens.de. Die restlichen 20 Prozent kommen aus dem B2B-Geschäft: beispielsweise von Mobilfunkprovidern, Firmen, die die Altgeräte ihrer Mitarbeiter erneuern, oder Distributoren, die ältere Ware zu Geld ­machen wollen. Der Verkauf erfolgt ausschliesslich an Privatkunden.

Der Preiskampf in der Branche ist hart

50 Prozent der Umsätze generiert Asgoodasnew über den eigenen Webshop, der Rest wird in Form von Verkaufsaktionen auf eBay oder anderen Marktplätzen wie Refurbed, Amazon oder Backmarket vertrieben. Seit eineinhalb Jahren machen sich die Frankfurter auch im Ausland breit und haben Länder wie Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, die Benelux-Länder und Polen erschlossen. Das Sortiment ist auf die Segmente Smartphones, Macs, Notebooks, Tablets, Fotos, Smartwatches, Audio & Hifi sowie Grafikkarten fokussiert. Mehr strebt Andreas Max auch nicht unbedingt an. Denn um rentabel aufzubereiten, braucht man seiner Aussage zufolge grosse Volumen und Standardprozesse.
Gefragt nach den grössten Herausforderungen, muss Max nicht lange überlegen: "Der tägliche Preiskampf ist spannend", sagt er. Denn auch wenn die Start-up-Gründer gern die Nachhaltigkeitsflagge hochhalten, die Kunden kaufen die Refurbed-Produkte in erster Linie wegen des günstigeren Preises. "Ich glaube, der Nachhaltigkeitsaspekt kommt beim Verkauf eher zum Tragen als beim Kauf", formuliert es Max diplomatisch. Eine weitere harte Nuss für ihn sind die automatisierten Preisvorschläge, die Kunden auf der Ankaufsseite von Wirkaufens.de gemacht werden. Bei rund 25 Prozent von ihnen muss das Team von Asgoodasnew nach der tatsächlichen Prüfung der Produktbeschaffenheit den ursprünglich online vorgeschlagenen Preis nach unten korrigieren. Das sorgt regelmässig für Diskussionen und Unstimmigkeiten. Aber auch hier werden sich Lösungen finden.



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