Serie, Teil 1 20.11.2017, 14:11 Uhr

SEA auf Google und Bing: Die feinen Unterschiede

Der Suchmaschinenmarkt ist klar aufgeteilt, doch die Google-Konkurrenten schlafen nicht. So wird Bing zur SEA-Alternative, die sich für Unternehmen auszahlen kann.
(Quelle: shutterstock.com/ideyweb)
Von Markus Schindler, Head of Sales und Marketing bei hurra.com
Google ist und bleibt Marktführer bei den Suchmaschinen. Doch Wettbewerber wie Bing holen auf: 12,6 Prozent Marktanteil sind es in Deutschland, in den USA bereits 33 Prozent. Schnell wachsende Nut­zerzahlen, unter anderem dank der inte­grierten Suchfunktion in Microsoft 10, sind nur ein Argument, warum Marketer auch hierzulande Bing Ads in Betracht ziehen sollten.
Eine kaufkräftige Zielgruppe und günstige Cost-per-Click (CPC) sind weitere Gründe, einen genauen Blick auf die Werbemöglichkeiten zu werfen. Daher nehmen wir die Angebote beider Suchmaschinen ins Visier und vergleichen sie miteinander.

Google erreicht 80 Prozent der User weltweit

Googles Marktdurchdringung ist beispiellos. 80 Prozent aller Desktop-Suchen weltweit laufen über die prominenteste aller Suchmaschinen, mobil sind es sogar über 96 Prozent. Dies liegt vor allem daran, dass Googles Android-Betriebssystem auf fast allen Geräten läuft, die nicht aus dem ­Hause Apple stammen. Doch Bing hat die Verfolgung aufgenommen, will sich gegen den Suchmaschinenriesen Google behaupten und hat sich weltweit auf Platz zwei der Suchmaschinen hochgearbeitet.
Google Adwords wird aber nicht nur auf den eigenen Seiten ausgespielt, sondern erreicht über Millionen andere Partnerseiten 80 Prozent aller Internet-Nutzer weltweit. Die zahlreichen Kooperationen von Bing treiben das eigene Wachstum voran und ermöglichen Werbungtreibenden, teilweise unauffälliger als bei Google zu werben. Die Zielgruppe beider Suchmaschinen unterscheidet sich nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Google hat durch die unschlagbare Marktdurchdringung von allem etwas zu bieten. Bei Bing hingegen trifft man insbesondere eine kaufkräftige, ältere Zielgruppe an. Interessant auch der Geschlechterunterschied: Während Google einen leichten Überhang an weiblichen Nutzern hat, weist bei Bing die Nutzerschaft in Deutschland deutlich mehr Männer auf.
Das Look & Feel grundlegender Funk­tionen wie beispielsweise die Kampagnenverwaltung ähnelt sich in Bings Ads und in Google Adwords sehr. Hier hat sich Bing ein Vorbild an Google genommen, um den Nutzern den Ein- oder Umstieg zu erleichtern, scheint es. Bing Ads bietet zudem die Möglichkeit an, Kampagnen aus Adwords zu importieren. Da jedoch nicht alle Funktionen aus Adwords auf Bing Ads übertragbar sind, kann es zu Kompatibilitätsproblemen beim Import kommen.
Praktisch ist, dass Google-Adwords- wie auch Bing-Ads-Kampagnen sowohl online als auch offline im jeweiligen Editor ­erstellt und bearbeitet werden können. Hier punktet der Google Adwords Editor jedoch mit besonderem Komfort, wie zum Beispiel einer "Rückgängig-Funktion". In Bing Ads kann man zwar "Wiederherstellen", was sich jedoch nur auf den zuletzt synchronisierten Wert für ein ausgewähltes Element bezieht.

Sichtbare Unterschiede bei Hinweis auf Werbeanzeigen

In beiden Werbekanälen stehen zwei Anzeigentitel mit jeweils 30 Zeichen zur Verfügung sowie ein Beschreibungsfeld mit insgesamt 80 Zeichen. Die Darstellung der Anzeigen weist leichte Differenzen zwischen Google und Bing auf. So rahmt Google den Hinweis "Anzeige" zusätzlich in Grün ein. Google testet die Wirkung dieser Markierung auch regelmässig. So gab es auch schon gelbe oder komplett grüne Buttons. Bei Bing tritt dieser Hinweis eher in den Hintergrund. Es erscheinen beispielsweise Werbeanzeigen auf AOL-Seiten recht dezent gekennzeichnet, nämlich nur einmal oberhalb der gesamten Anzeigenspalte und nicht, wie bei Google üblich, pro Anzeige.
Durch die hohe Reichweite, die Google bietet, schlagen sich viele Werbungtreibende um die besten Keywords und treiben die Preise in die Höhe. Bei Bing wirbt man noch recht günstig, weil sich nur ­wenige um die besten Werbeplätze streiten. Auch unterscheiden sich die Adver­tiser selbst. Besonders der Bereich Healthcare ist ein starker Sektor auf Bing, da ­Anzeigen pharmazeutischer Unternehmen in Bing Ads wesentlich seltener abgelehnt werden als in Adwords, wo Pharmaunternehmen oft mit Richtlinienverstössen zu kämpfen haben. Bing Ads zeigt sich hier etwas toleranter als Google.

Bessere Conversion und wenig Wettbewerb bei Bing

Grundsätzlich ist der bislang geringere Wettbewerb auf Bing ein gutes Argument, eben genau hier zu werben. Nicht nur, weil Marken hier mit einer höheren Aufmerksamkeit rechnen können, auch die CPCs sind günstiger und die Conversions gut. Dennoch ist und bleibt Google der Platzhirsch und kann in einigen Sektoren mit einer übergreifenden Kostenentwicklung der CPCs aufwarten, was die Marketer ­freuen dürfte.
Beim Markenschutz ist Google ebenfalls wesentlich strenger. Hier muss man Markeninhaber sein oder eine schriftliche Bestätigung des Markeninhabers einreichen, um die Marke in einer Anzeige zu verwenden. Bei Bing muss man lediglich das auf der Zielseite beworbene Produkt besitzen oder sich inhaltlich mit dem Produkt ­beziehungsweise Thema beschäftigen.
Marken können diese lockereren Richtlinien natürlich ebenfalls für sich nutzen, indem sie auf den Namen des Wettbewerbs bieten und so auf Bing eine enorme Aufmerksamkeit erzielen. Dieser "libe­rale" Umgang mit dem Markenrecht sowie der geringere Wettbewerb und die attraktiveren Klickpreise sind jedoch auch der Grund dafür, warum sich auf Bing momentan noch viele Arbitrage-Seiten tummeln. In Summe ergibt der Markenschutz bei Bing schlechtere Anzeigenergebnisse, was der Nutzererfahrung nicht zuträglich ist. Dies wird sich aber spätestens dann ­ändern, wenn der Werbekanal Bing von weiteren Marken genutzt wird.
Trotz beachtlicher Zuwächse in der Reichweite ist der Traffic bei Bing im Vergleich zu Google noch immer sehr gering. Bing will sich jedoch als ernsthafter Konkurrent positionieren. Daher wird nicht nur fleissig an der Reichweite geschraubt, sondern auch an den Produkten gefeilt.

Bing-Shopping nur für die Standardmärkte verfügbar

Bing Shopping Ads mögen im ersten Moment oder derzeit noch nicht perfekt sein, aber sie bergen viel Potenzial. Im direkten Vergleich punkten noch Google Shopping Ads. Insbesondere auf mobilen Devices haben Shopping Ads eine hohe Sichtbarkeit, da sie viel Platz auf dem Screen einnehmen. Diese prominente Platzierung sorgt für hohen Traffic durch Google. Mobile und Tablet werden von Bing bislang noch nicht priorisiert. Der Algorithmus des Google-Verfolgers erscheint im Vergleich zum Marktführer bei der Ausspielung der Produkte zudem übergreifender und weniger spezifisch. Hinzu kommt, dass Shopping Ads von Bing bislang nur in den USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, UK sowie Aus­tralien verfügbar sind und folglich in anderen Ländern nicht ­angeboten werden. Wer interna­tional nur die Standardmärkte bewerben will, findet in Bing eine Alternative zu Google. Unternehmen, die diese Einschränkung nicht akzeptieren können oder wollen, kommen ohne Google demnach nicht aus.
Beide Interfaces ähneln sich ­allerdings sehr. Im Grunde kann man Google-Feed und -Kampagne in Bing spiegeln beziehungsweise dorthin kopieren. Man benötigt keinen eigenen Feed, der bestehende muss nur ein wenig angepasst werden. Da Bing und Google bei der Ausspielung der Produktsuche anders vorgehen, empfiehlt es sich, vor allem den Titel für Bing besonders anzupassen. Ausserdem sind einige Bereiche anders benannt oder nicht vorhanden, was die generelle Handhabung etwas umständlicher macht, wenn man hauptsächlich das Google Interface gewöhnt ist. Aber letztendlich ist das eine Frage der Routine. Je öfter man Bing nutzt, desto schneller gewöhnt man sich an dieses System.
Wenngleich Bing momentan bei den Shopping Ads noch hinterherhinkt, wird dennoch deutlich, dass Bing nach weit mehr strebt und auch das Angebot vergrössert: Bing rollt langsam Merchant Promotions aus. Auch Local Inventory Ads wurden bereits angekündigt und sind in den USA schon in der Betaphase. So kann man davon ausgehen, dass auch die Suchergebnisse und die Darstellung verbessert werden. Googles sehr aufgeräumte und zum Stöbern einladende Präsentation der Shopping Ads in einem eigenen Reiter und die exakteren Suchergebnisse sind vorbildlich. Bing wird daher sicher bald nachbessern, um mitzuhalten.
Summa summarum lohnen sich Bing Ads und Bing Shopping schon jetzt. Obwohl Bedienung und Ausspielung noch nicht so rund laufen wie bei Google, sollten sich Unternehmen mit diesen Alternativen auseinandersetzen. Wer bei Google Shopping etabliert ist, könnte auf Bing neue Kundengruppen ansprechen. Die geringe Anzahl von Wettbewerbern ermöglicht derzeit noch ein strategisches Werben bei übersichtlicher Konkurrenz.




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