E-Commerce Tools 25.02.2019, 07:44 Uhr

Next-Generation-ERPs: Grundstein für den digitalen Handel

Viele E-Commerce-Projekte scheitern am Datenzugriff und -export. Moderne Online-ERP-Systeme können helfen - und auch parallel zu SAP und Co. eingesetzt werden.
(Quelle: shutterstock.com/Michail Petrov)
Eine regionale Studie des Wirtschaftsausschusses des Rhein-Sieg-Kreises offenbart das Dilemma des alteingesessenen mittelständischen Einzelhandels: Nur 24 Prozent der Einzelhändler in Siegburg, so ermittelten die Marktforscher, sind derzeit in der Lage, mit ihrer Warenwirtschaft an einem Local-Commerce-Portal teilzunehmen. Das bedeutet im Umkehrschluss: 76 Prozent - und damit drei von vier ­Einzelhändlern des 40.000-Seelen-Städtchens - können nicht mitmachen.

Veraltete Technik bremst E-Commerce-Ambitionen aus

Und Siegburg ist kein Einzelfall. Allüberall in Deutschland sind traditionelle Einzelhändler technisch entweder gar nicht oder nur mit veralteten Systemen ausgerüstet. Doch wer Produktinformationen, Bestände oder Kundeninformationen ­manuell in Excel-Listen pflegt, kann den erfolgreichen Einstieg in den digitalen Handel von vornherein vergessen. Auf der anderen Seite merken aber auch grosse Handelshäuser und Brands, die in ihrer Systemlandschaft auf hochpreisige Lösungen wie die von SAP und Co. setzen, dass auch sie in ihren Digitalisierungsplänen ausgebremst werden.
Der Grund: Derar­tige Lösungen sind einfach nicht für Aufgaben wie den Online-Handel geschaffen. "Klassische ERP-Systeme sind meist ­Datenbanken und Anwendungen, die vor 40 Jahren entstanden sind", weiss Benedikt Sauter, der mit Xentral eine neue Genera­tion von Enterprise-Resource-Planning-Systemen entwickelt hat. Primäres Ziel alter ERP-Lösungen war es, ein normiertes und strukturiertes Datenmodell zu haben - wie es die klassische Informatik fordert. "Allerdings sind diese Modelle extrem ­unflexibel und erfordern eine intensive Schulung der Mitarbeiter. Das ist genau das Gegenteil von den Lösungen, die die heu­tige Generation benötigt. Im Zeitalter von Google, Alexa und Co. wird auch von einer modernen ERP-Software erwartet, dass sie ­intuitiv, schnell und einfach bedient und flexibel erweitert werden kann", sagt Sauter.
Martin Himmel von Ecom Consulting kämpft zusammen mit seinen Kunden häufig mit dem Datenexport.
Quelle: Ecom Consulting
Wie schwer sich Unternehmen tun, aus traditionellen Systemlandschaften wie SAP R3 oder AS400 oder aus ihren stationären Kassensystemen die ­Daten zu ziehen, die sie für den Online-Handel benötigen, erlebt Martin Himmel, Mitgründer der auf System-, Prozess- und Organisationsoptimierung spezialisierten E-Commerce-Beratung Ecom Consulting, häufig in Kundenprojekten. "Viele E-Commerce-Strategien scheitern am Datenzugriff und -export und auch an der Datenhaltung“, so der Experte. Weil jedes Unternehmen seine Daten in Systemen wie SAP anders anlegt und pflegt, gebe es keine Schnittstellenstandards, über die sich an diese Daten leicht wieder herankommen lässt. Doch wenn Online- und Offline-­Kanäle beispielsweise nicht auf dieselben Bestände zugreifen können, werden Multichannel-Services wie Click & Collect oder Click & Reserve kompliziert. Und der Vertrieb über verschiedene Online-Marktplätze wird zum Fiasko, wenn die notwendigen Produktdaten auf Amazon, Ebay, Real und Co. jeweils gesondert gepflegt und exportiert werden müssen.
Vor diesem Hintergrund sind in den vergangenen Jahren i­mmer mehr Warenwirtschafts- und ERP-Lösungen entstanden, die speziell auf die Bedürfnisse des Online-Handels ausgerichtet sind, darunter Namen wie Actindo, Afterbuy, Cateno, JTL, Plentymarkets oder auch Xentral. Ihr Leistungsumfang ist extrem unterschiedlich: Die einen fungieren im ­Wesentlichen als Datenbrücken für Produktdaten in Richtung Marktplätze, andere automatisieren die kompletten E-Commerce-Prozesse und bieten APIs zu Shop-Systemen, Marktplätzen, Zahlungsanbietern sowie zu Versand- und Fulfillment-Dienstleistern. Wo schon SAP-Architekturen existieren, ergänzt die neue Software-Generation die vorhandenen Systeme, statt sie komplett zu ersetzen "Wir werden häufig als agiler Zusatz zu SAP, Microsoft Dynamics und Co. hinzugezogen, wenn es darum geht, in kurzer Zeit neue Geschäftsmodelle in Unternehmen zu implementieren - genau hier liegt ­unsere Stärke", ­erklärt Xentral-Gründer Sauter. Man sehe die eigene Lösung "als Ergänzung für ­Unternehmen, die bereits erfolgreich mit SAP arbeiten", könne aber "für die meisten Firmen eine passende und flexiblere ­Alternative sein".




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