Höherer Stromverbrauch durch Digitalisierung?

Internet der 50 Milliarden Dinge

Aber dies ist erst der Anfang einer noch grösseren Entwicklung. Denn im Zuge der schnell fortschreitenden Digitalisierung – Stichwort «Internet der Dinge» (Internet of Things, kurz IoT) – wird jedes und alles vernetzt. Dazu zählen zum Beispiel bewegliche Dinge wie Medikamente, Halbfertigprodukte und Frischwaren in (Kühl-)Containern und Versandboxen sowie Roboter, Schiffe, Lastwagen, Autos, ja sogar Fahrräder ebenso wie feststehende Dinge wie Häuser, Wetter- und Messstationen, Maschinen und Automaten.
Sensoren und Überwachungskameras senden Daten an zentrale Computer oder werden von ihnen empfangen. So lassen sich Warenflüsse, unerwünschte Situationen sowie ein allfälliger Wartungs- oder Nachfüllbedarf erkennen. Für sich betrachtet verbrauchen eine SIM-Karte oder ein IoT-Sensor nur wenig Strom, und es werden auch nur wenige Daten gesendet. Aber die Masse machts: So werden für 2025 weltweit rund 50 Milliarden via IoT verbundene Dinge prognostiziert.
Um alle gewünschten Daten dezentral zu erheben und an zentrale Rechenzentren zu übertragen, sind flächen­deckend verfügbare Fest- und Mobilfunknetze unabdingbar, damit die Daten ausgewertet und je nach Szenario auch verrechnet werden können.
Ohne gut ausgebaute 
Infrastrukturen wäre der schnelle und nahtlose Transport grosser Datenmengen unmöglich. Diese verdoppeln sich in Schweizer Mobil- und Festnetzen seit vielen Jahren etwa alle 12 bis 16 Monate. Doch woher kommen diese riesigen Datenmengen eigentlich und wo landen sie? Und wie viel Energie ist für deren Transport und Speicherung nötig?

Blick in die Stromstatistik

Dass Kommunikationsnetze und die nötigen Server ohne Strom nicht funktionieren, ist offensichtlich. Leider wird der Stromverbrauch der ICT-Branche nicht gesondert registriert, sodass nur Schätzungen und ein Blick auf einige Fakten bleiben.
So hat die Wohnbevölkerung der Schweiz stetig zugenommen, von 5,53 Millionen (1960) über 6,87 Millionen (1990) auf 8,55 Millionen (2018). Parallel dazu stieg der Stromverbrauch überproportional von 15 91 GWh (1960) über 46 78 GWh (1990) auf 57 98 GWh (2019).
Der Stromverbrauch in der Schweiz ist insbesondere in den Privathaushalten gestiegen
Quelle: Computerworld/BFE
Bemerkenswert ist dabei, dass der Stromverbrauch von 2005 bis 2019 trotz Internet- und Smartphone-Boom, 
Bevölkerungswachstum und Mehrverkehr auf der Schiene praktisch konstant blieb (15-Jahres-Schnitt von 58 82 GWh). Ebenfalls anzumerken ist, dass der Stromverbrauch von 2019 ca. auf das Niveau von 2005 zurückging, was die Steigerung der Energieeffizienz eindrucksvoll belegt.
Für 2020 ist anzumerken, dass künftige Werte wegen des monatelangen Stillstands der Schweizer Wirtschaft kaum als aussagekräftig gelten dürfen. Jedoch wird ein höherer Verbrauch bei den Privathaushalten und ein Einbruch beim 
gewerblichen Verbrauch erwartet.
Vergleicht man hingegen die Werte von 1990 mit jenen von 2018 nach Sektoren, so wird deutlich, dass die Privathaushalte und der Dienstleitungssektor die treibenden Kräfte hinter dem steigenden Stromverbrauch sind, was positive 
Effekte durch effizientere Haushaltsgeräte oder Beleuchtungen mehr als kompensiert.
Offensichtlich führt also die zunehmende Nutzung von Online-Diensten im privaten wie im geschäftlichen Bereich zu höherem Stromverbrauch. Erfreulich hingegen ist die seit 1990 nur moderate Zunahme beim Stromverbrauch des öffentlichen Verkehrs, dies trotz deutlich höherer Zugfolgen und massivem Streckenausbau.

Rüdiger Sellin
Autor(in) Rüdiger Sellin


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