Fachkräfte finden und entwickeln 25.01.2023, 10:05 Uhr

Grosse Erwartungen an HR & Recruiting

Die Personal-Abteilungen sind zum Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg geworden. Sie müssen sich wandeln und neue Aufgaben wahrnehmen.
(Quelle: Shutterstock / Alexander Supertramp)
Zu all den Krisen, mit denen sich Unternehmen derzeit herumplagen müssen, kommen weitreichende Herausforderungen im Personalsektor:  Kurzarbeit und Homeoffice haben die Unternehmensbindung gelockert, hybrides Arbeiten hat ungeahnte Erwartungen an die Work-Life-Balance geweckt, Personal- und Fachkräftemangel lähmen ganze Branchen.Die Human-Resources-Abteilungen müssen nicht nur geeignete Mitarbeiter finden, sondern auch dafür sorgen, dass sie dem Unternehmen lange erhalten bleiben.

Aufgaben für HR

Wieland Volkert ist Country Manager Central Europe & Netherlands bei UKG. Die Ultimate Kronos Group ist ein Technologieunternehmen, das Dienstleistungen in den Bereichen Workforce-Management und Human-Resources-Management anbietet. Seine Lagebeurteilung fällt kritisch aus: «Die Unternehmen müssen sich gerade mehreren Herausforderungen gleichzeitig stellen. Zum einen dem eklatanten Fachkräftemangel, der in Zukunft noch zunehmen wird. Die Babyboomer gehen in Rente und hinterlassen eine Lücke, die sich auf absehbare Zeit kaum füllen lässt. Zum anderen sehen wir gleichzeitig – bedingt durch die Pandemie –, dass Arbeitnehmer den Wert von Arbeit radikal anders definieren.» Es gehe vermehrt um Werte wie Sinnfindung, Selbstbestimmung und Nachhaltigkeit, und das quer durch alle Altersgruppen.
Hinzu kommt: Mitarbeitende wollen heute, dass die Unternehmen auf ihre individuelle Lebenssituation eingehen. Haben sie früher das Privatleben um die Arbeit herum organisiert, geht es jetzt darum, Leben und Arbeit so zu gestalten, dass sich beides gut in Einklang bringen lässt.  
«Die Beschaffung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Reaktion auf Beschaffungsversuche von anderen Unternehmen bei unserer Belegschaft gehören derzeit zu den grössten Herausforderungen in der HR-Branche», meint deshalb Christian Diestelkamp, Senior Consultant und Mitglied der Geschäftsleitung bei Abat, einem SAP-Dienstleister und Produktanbieter, der sich vorwiegend auf die Sektoren Automotive, diskrete Fertigung und Logistik spezialisiert hat. Ziel müsse es sein, Abwerbeangebote von anderen Unternehmen in vielerlei Hinsicht unattraktiv erscheinen zu lassen.
Auch Kristina Gerwert, Leiterin Human Resources beim Dortmunder IT-Dienstleister Adesso, zählt den Fachkräftemangel zu den grössten Herausforderungen für ihr Aufgabengebiet. Sie weist darüber hinaus auf die digitale Transformation des HR-Managements als weiteren Stressfaktor hin und fordert: «Human Resources muss eine Balance zwischen den Anforderungen von New Work und Mitteln zur Mitarbeiterbindung finden. Flexible Arbeitsgestaltung und räumliche Freiheit dürfen der emotionalen Bindung von Mitarbeitenden zum Unternehmen nicht im Weg stehen.»

Social-Media-Recruiting

Unter dem Begriff Social-Media-Recruiting sind alle personellen Massnahmen zusammengefasst, bei denen Unternehmen soziale Netzwerke nutzen. Neben den bekannten Plattformen wie Facebook, Instagram und Youtube und Karriere-Netzwerken wie Xing und Linkedin gehören dazu auch Diskussionsforen oder Dienste, die nur in speziellen Branchen bekannt sind.
Das Arsenal des Social-Media-Recruitings umfasst passive Massnahmen wie die Pflege eines Karriereportals, aber auch die Moderation von Communities und die aktive Suche und Ansprache von Kandidaten. Die Vorteile liegen in der schnellen und unkomplizierten Kommunikation mit potenziellen Kandidaten. Zudem können diese sich via Mobile Recruiting schneller bewerben, was die viel zitierte Candidate Experience verbessert. «Social Media wird in jeder Hinsicht eine wichtige Rolle übernehmen», ist Volkert überzeugt. «Für die Imagepflege, Positionierung oder Direktansprache sind Plattformen wie Xing oder Linkedin heute nicht mehr aus dem Personalwesen wegzudenken. Die Plattformbetreiber arbeiten kontinuierlich daran, zusätzliche Services rund um die Rekrutierung anzubieten.»
«Recruiter müssen dort aktiv sein, wo sich potenzielle Fachkräfte ohnehin tummeln», sagt Kristina Gerwert. «Besonders erfolgreiches Social-Media-Recruiting betreiben Unternehmen, die ihre eigenen Mitarbeitenden als Markenbotschafter einspannen. Sie geniessen grosses Vertrauen in ihren Netzwerken und öffnen mit ihren Social-Media-Aktivitäten Türen zu Talenten, die der HR-Abteilung verschlossen bleiben.»

Work-Life-Balance

Zufriedenheit senkt die Fluktuationsrate

Die Mitarbeiterfluktuation war schon immer ein wichtiges Kapitel im dicken Buch der Unternehmenssorgen.Schliesslich geht dadurch oft auch wertvolles Know-how verloren. Doch hat es sich in letzter Zeit noch einmal verschärft. Im Zuge der Pandemie haben sich die Einstellungen vieler Angestellten gewandelt. Wer unzufrieden im Homeoffice war, bei dem ist oft die Sehnsucht nach einer neuen beruflichen Herausforderung gewachsen.
Laut statistischem Bundesamt lag die Fluktuationsrate im Jahr 2021 bei 29,8 Prozent. Zugrunde liegt die Gleichung Fluktuationsquote = (Abgänge: durchschnittlicher Personalbestand) x 100 %. Für Christian Diestelkamp ist die wichtigste Aufgabe deshalb das Zuhören, um Sorgen und Wünsche wahrzunehmen. «Ziel muss es sein, eine starke und breite Kontaktfläche zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erhalten, damit sich jede einzelne Person als das fühlen kann, was sie ist: höchst relevant.»
Was kann HR also tun? Wieland Volkert nennt einige grundsätzliche Stellschrauben: «HR muss sich zunächst als strategische Abteilung verstehen, die als Bindeglied zwischen Unternehmensführung und Belegschaft fungiert. HR ist das Kulturzentrum eines Unternehmens. Anders wird HR ihre Aufgabe nicht mehr richtig ausfüllen können. In dieser Eigenschaft gestaltet HR die Employee Experience, also die Erfahrungen und Erlebnisse, die ein Mitarbeiter mit seinem Unternehmen täglich erlebt, vom Eintritt bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis.»
“Themen wie das Gehaltsniveau und Arbeitszeitenregelungen sind Hygienefaktoren, die stimmen müssen, aber nicht mehr entscheidend sind für die Bindung von Fachkräften.„
Kristina Gerwert
Leiterin Human Resources bei Adesso
Zunehmende Bedeutung für die Erwartungen von Beschäftigten und Bewerbern gewinnt auch das Thema ethische Führung. Wenn sich Mitarbeitende nicht gleichbehandelt fühlen, zum Beispiel beim Gehalt, oder wenn sie das Gefühl haben, dass die Führung ihnen gleichgültig gegenübersteht, kann das schnell zu Kündigungen führen. Der Arbeitsmarkt war schliesslich selten so aufnahmefreudig wie heute.
«Auf operativer Ebene hat die HR ein ganzes Arsenal an Möglichkeiten, die Stimmung in der Belegschaft zu ergründen», führt Volkert weiter aus. Dazu gehöre eine richtig eingesetzte Mitarbeiterbefragung, die als Frühwarnsystem mögliche Unzufriedenheiten frühzeitig aufdecken könne. «Ganz wichtig dabei ist, dass das Feedback der Mitarbeitenden auch zu Änderungen führt. Bekommen die Angestellten den Eindruck, dass ihre Kritik oder Verbesserungsvorschläge nicht ernst genommen werden, dann sind solche Massnahmen kontraproduktiv.»
«Themen wie Gehaltsniveau und Arbeitszeitenregelungen sind Hygienefaktoren, die stimmen müssen, aber nicht mehr entscheidend sind für die Bindung von Fachkräften», findet Kristina Gerwert. Anderes sei wichtiger geworden: «Ehemals weiche Faktoren wie Work-Life-Balance oder Freiraum für Fortbildungen sind heute handfeste Argumente im Wettbewerb um kluge Köpfe. Hinzu kommen die Themen Nachhaltigkeit und Purpose. Sowohl ökologisches Wirtschaften als auch ein positiver Sinn der Arbeit helfen dabei, Talente zu gewinnen und Fachkräfte zu halten.»

Hybride Arbeit aus HR-Sicht

Auch die Entwicklung flexibler Arbeitszeitmodelle fordert Personalverantwortliche zunehmend, zunächst wegen ganz praktischer Probleme: Wie koordiniert man die Platzbelegung bei einer geschrumpften Bürogrösse? Wie schafft man den regelmässigen Austausch innerhalb eines Teams und zwischen Mitarbeitern und Unternehmen, wenn die Mitarbeiter über längere Zeit nicht im Büro vor Ort sind, und wie muss die IT-Ausstattung im Homeoffice aussehen?
Noch wichtiger ist in den Augen von Kristina Gerwert aber ein ganz anderer Faktor: «Hybrides Arbeiten erfordert vor allem eines – Vertrauen. Dazu ist elementar wichtig, als Unternehmen integrativ zu wirken, ein sehr gutes Wissensmanagement zu etablieren und klare Absprachen zu treffen, auf die sich alle Beteiligten verlassen können.»
Christian Diestelkamp sieht noch ein weiteres Problem: «Das persönliche Zusammentreffen – ein wichtiger Kitt in der Mitarbeiterbindung – findet nicht mehr automatisch zufällig auf dem Gang statt, sondern muss aktiv herbeigeführt werden, ohne dass sich ein Gefühl von Zwang einstellt.»
Speziell durch die bei Remote-Arbeit übliche direkte Aneinander-Planung von Terminen ohne Pause träten schnell Überlastungssituationen auf. Zusammen mit der Nichterreichbarkeit von Personalverantwortlichen könne schnell ein Gefühl der Hilflosigkeit und eine Entfremdung vom Unternehmen entstehen.

People-Management und People Analytics

Die persönliche Entwicklung und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden ist in den Mittelpunkt gerückt. Gegebenes lediglich zu verwalten, ist nicht mehr zeitgemäss. Eine Steigerung der Produktivität ist mit unzufriedenen Mitarbeitern unmöglich. Neben People Management begegnet man dabei immer wieder auch dem Begriff People Analytics. Die Personalverantwortlichen lernen allmählich, datenbasiert zu arbeiten.
«Ein modernes People-Management basiert auf mehreren Säulen», erklärt Wieland Volkert. «Zunächst muss HR sich mehr denn je um die Kultur des Unternehmens kümmern. Die grosse Kunst: HR muss die Kultur des Unternehmens in Prozesse, Dokumente und Informationsangebote übersetzen.»  Big Data und Analytics sollen dabei den HR-Abteilungen helfen, ein besseres Bild davon zu bekommen, was die Mitarbeitenden bewegt, welchen Informationsbedarf sie haben, wie einzelne Angebote ankommen und wie sich Prozesse verbessern lassen. So würden es Arbeitnehmer zum Beispiel nicht mehr hinnehmen, vier Wochen auf die Genehmigung einen Urlaubsantrags zu warten.
Kristina Gerwert sieht die Thematik positiv: «Richtig analysiert liefert Big Data wertvolle Erkenntnisse für das Recruiting: Wo ist meine Zielgruppe unterwegs, was sind ihre Präferenzen und wie sieht ihr Nutzerverhalten aus? Daten liefern Antworten auf all diese Fragen.» Im People- Management ermögliche Big Data die Nutzung von Clustern, basierend auf Merkmalen wie Gehalt, Alter, Arbeitszeiten und Weiterbildung. Eine Beobachtung dieser Cluster diene dann als Ausgangspunkt für zielgerichtete Massnahmen.
“Big Data, People Analytics und Ähnliches haben in der Personalarbeit nichts zu suchen.„
Christian Diestelkamp
Senior Consultant und Mitglied der Geschäftsleitung bei Abat
Ausdrücklich anderer Meinung ist hier Christian Diestelkamp. Er fällt ein scharfes Urteil: «Big Data, People Analytics und Ähnliches haben in der Personalarbeit nichts zu suchen. Die persönliche Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein äusserst schützenswertes Gut, das einer Personalabteilung anvertraut ist. Da verbieten sich Algorithmen und KI-Tools explizit.»
Flight Risk – Influencer Analysis
Quelle: SAP

Nachhaltige Mitarbeiterbindung

Um Talente, Personal und Fachkräfte zu halten, müssen sich Unternehmen deutlich mehr einfallen lassen als Corporate Benefits und kurzlebige Gehaltserhöhungen. Das Thema Mitarbeiterbindung muss in den HR-Abteilungen eine Top-Priorität einnehmen. «Bei Abat nennen wir das manchmal das GMV-Prinzip: den gesunden Menschenverstand», berichtet Christian Diestelkamp. Was er damit meint, erläutert er an zwei Beispielen: «Vertrauen: Ich will in einer vertrauensvollen Umgebung arbeiten. Damit sind nicht Appelle nach dem Motto, Wir vertrauen uns jetzt alle gegenseitig‘ gemeint – das wäre nur Theater. Vielmehr geht es darum, dass das Unternehmen den Mitarbeitern Vertrauen entgegenbringt und damit auch auf Kontrollmassnahmen verzichtet. Dazu kommt ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa indem konsequent konkurrierende persönliche Ziele verhindert oder abgeschafft werden.»
Das zweite Beispiel: Selbstwirksamkeit. «Wir alle wollen Dinge zum Guten bewegen. Dafür brauchen wir Freiraum. Freiraum, um Probleme des Kunden lösen, ohne dass mich sinn- oder nutzlose Regelwerke behindern und einschränken. Freiraum, um neue Ideen ausprobieren und umsetzen zu können. Freiraum, um private mit beruflichen Belangen so gut es geht in Einklang bringen zu können.»
«Wirklich abheben können sich Unternehmen durch ihre Kultur und eine Employee Experience, die die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt und deren jeweilige Arbeits- und Lebenssituationen berücksichtigt», stimmt Wieland Volkert zu. Und auch Adesso-Expertin Kristina Gerwert sieht in der Unternehmenskultur den zentralen Baustein der Mitarbeiterbindung: «Für uns steht die Kultur eines Unternehmens über allem. Sie ist schwer zu fassen – und doch täglich zu spüren. Sie stellt das Fundament des Erfolgs dar. Sie reicht vom Umgang miteinander über die Zusammenarbeit mit Kunden bis hin zu gelebten Werten wie Nachhaltigkeit oder Diversität. All diese Aspekte prägen eine Unternehmenskultur und damit den Wohlfühlfaktor für Mitarbeitende. Eine wertschätzende Kultur bindet, wenn sie wirklich gelebt und auch mal herausgefordert wird.»

Digitale Tools und Diversität

Digitale Tools für effizientere Prozesse

Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund viele Unternehmen sich vom Einsatz digitaler Tools mehr Effizienz in den HR-Prozessen versprechen. Ziel: den Workflow so reibungslos und medienbruchfrei wie möglich zu gestalten. Wieland Volkert hat dazu einen klaren Standpunkt: «Am besten ist es, wenn die HR-Prozesse durch KI-Tools oder Robot Process Automation (RPA) unterstützt werden. So lässt sich zum Beispiel der gesamte Prozess vom Eingang der Bewerbung bis hin zur Ablage des Arbeitsvertrags automatisieren – mit Ausnahme des Bewerbungsgesprächs natürlich.»
Höchst kritisch sieht dagegen Christian Diestelkamp den Einsatz KI-gestützter Tools bei der Vorauswahl. Insbesondere bei Systemen, die mit Vergangenheitsdaten trainiert werden, drohe die Gefahr einer Zementierung bestehender Muster. Ein ordentliches Bewerbermanagement-System reiche völlig aus. Bei der Sichtung von Kandidaten für ein Team sollten die Personen dieses Teams mit einbezogen werden.
Anders Kristina Gerwert. Sie plädiert dafür, Bewerbungen im ersten Schritt mit KI-Lösungen automatisch zu analysieren. Das reduziere Beurteilungsfehler und sorge für mehr Effizienz im Recruiting. Aufwendige manuelle Arbeiten seien so schneller erledigt und es würden Kapazitäten frei, etwa für den persönlichen Austausch mit Bewerberinnen und Bewerbern.
“Upskilling wird von Tag zu Tag relevanter.„
Ileana Honigblum
VP Sales &  Managing Director Pegasystems
Das führt direkt zum Thema Automatisierung. HR-Software kann heutzutage wiederkehrende Aufgaben im Personalbereich übernehmen – etwa administrative Tätigkeiten wie die Erfassung von Arbeitszeiten oder die Urlaubsverwaltung. Beides lässt sich problemlos digitalisieren. Das ist besonders in flexiblen, hybriden Arbeitszeitmodellen relevant. Diestelkamp sieht hingegen für Automatisierung keine Daseinsberechtigung in der HR. «Es sei denn, die Überführung von Personaldaten von Papier in eine digitale Form gilt schon als Automatisierung.»

Upskilling als HR-Trend

Zu einem wichtigen Werkzeug der Mitarbeiterentwicklung hat sich ein «Upskilling» genannter Ansatz entwickelt. Upskilling bedeutet, Kompetenzen weiterzuentwickeln und die Mitarbeiter durch Weiter- und Höherqualifizierung in die neuen Arbeitswelten mitzunehmen, kontinuierlich und mit konkreten Zielen. Eine solche Qualifizierung zielt auf neue Aufgaben und Tätigkeitsschwerpunkte in bestehenden Rollen ab, die aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung an Bedeutung gewinnen. Upskilling-Initiativen helfen, Mitarbeiter zu halten, die Arbeitsmoral zu steigern und indirekt die Kosten für Recruiting und On­boarding zu senken. (Siehe auch Interview im auf zweitletzter Seite, Teil 3.)
“Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist Upskilling einer der grossen Trends in der HR.„
Wieland Volkert
Country Manager Central Europe & Netherlands bei UKG
Für Diestelkamp braucht ein erfolgreiches Upskilling Führungspersonal mit der Fähigkeit, zu erkennen, dass Wissen, Können oder Technik fehlen. «Dazu kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereit sein müssen, diese neuen Notwendigkeiten zu akzeptieren, ohne Angst vor Job- oder Bedeutungsverlust zu haben. Und schliesslich Personalverantwortliche, die aktiv auf diese latenten Ängste eingehen, sie ernst nehmen und Szenarien entwerfen und kommunizieren, in denen das neue Wissen, das Können oder die neue Technik einen positiven Einfluss auf alle Betroffenen haben.»
«Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist Upskilling einer der grossen Trends in der HR», ist auch Wieland Volkert überzeugt. Schon jetzt kümmern sich seiner Beobachtung nach die Unternehmen in zunehmendem Mass darum, die eigenen Mitarbeiter besser weiterzubilden – und der Trend werde sich weiter verstärken. Grundsätzlich gehöre in diesen Bereich auch die Überlegung, ob man für jede Position einen Hochschulabschluss benötigt: «Wir haben auf allen Ebenen hervorragend ausgebildete Menschen. Lassen wir sie zum Zug kommen.»  
HR-Themen, die Entscheider für wichtig halten
Quelle: Hays/Institut für Beschäftigung und Employability

Auf dem Weg zur Diversität

Zu den besonderen Herausforderungen im Recruiting dieser Tage tragen auch zwei Themen bei, die in den letzten Jahren auf der gesellschaftlichen Agenda weit nach oben gerückt sind: die Forderung nach Diversität in der Belegschaft und nach einer Unternehmensphilosophie, die Wert legt auf Nachhaltigkeit. In Unternehmensleitbildern ist das oft leichter formuliert als in der Praxis umgesetzt, aber es sind durchaus Konzepte und Massnahmen bekannt, die erfolgversprechend sind. Vorsichtig optimistisch ist Wieland Volkert von UKG. Er betont: «Die Unternehmen verstehen so langsam, dass diverse Teams erfolgreicher sind.»
Unternehmen, die zu einer diverseren Belegschaft kommen wollen, sollten sich zuallerst ihre Einstellungsprozesse ansehen. Diversitäts-Sourcing, «blinde» Einstellungsprozesse und KI-gestütztes Kandidaten-Screening sind zum Beispiel Rekrutierungstechniken, die es der HR erleichtern, diverse Teams aufzubauen.
Doch zu Diversität gehören nicht nur geschlechtliche und ethnische Vielfalt, sondern auch Themen wie Inklusion oder Gerechtigkeit, etwa in puncto Gehälter oder innerbetrieblicher Aufstiegschancen, betont Volkert. Er fordert von Unternehmen deshalb vor allem, eine Inklusions-Agenda zu entwickeln, die die Richtung verbindlich vorgebe. Und in diesem Punkt beobachtet Volkert durchaus Fortschritte: «Es gibt schon erste Unternehmen, in deren Vorstand ein Chief Diversity und Equity Officer diese Themen vorantreibt.»
Einer neuen Einstellungsstrategie bedarf es nicht, findet dagegen Abat-Manager Diestelkamp. «Viel wichtiger ist, Diversität nicht aktiv oder passiv zu verhindern – etwa indem man auf die Nutzung von Systemen zur Bewerberauswahl verzichtet, die mit Vergangenheitsdaten trainierten worden sind.»

Recruiter von morgen

Recruiter müssen sich den neuen Herausforderungen stellen und zunehmend in die Rolle von Vertrieblern schlüpfen. Nur wenn es gelingt, interessante Kandidaten auf allen verfügbaren Kanälen zu erreichen, steigen die Chancen auf eine zügige Besetzung der offenen Stellen. Online gilt es, Foren, soziale Medien und Portale zu durchforsten, um potenzielle Bewerber aktiv anzusprechen. Darüber hinaus werden über Stellenbörsen oder Business-Netzwerke verfügbare Datenbank-Tools immer wichtiger, um das Portfolio potenzieller Kandidaten zu erweitern. Auch die Besetzung von Vakanzen mit Quereinsteigern stellt eine sinnvolle Option dar.
«Netzwerke im digitalen Raum aufbauen und pflegen, sich mit Analytics auskennen und verstehen, für welche Argumente neue Mitarbeitende empfänglich sind», so fasst es Volkert zusammen. «Neben ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten werden zunehmend das Know-how über Content-Marketing, Social Selling und kommunikative Distributionsmechanismen eine Rolle spielen.»
Diestelkamp formuliert es so: «Der Recruiter von morgen muss wie bisher auf Menschen eingehen können, ihre persönlichen Werte erkennen, die Vorteile des angebotenen Jobs transparent und authentisch kommunizieren können und – ganz wichtig – die Unsinnigkeit von angeblich sinnvollen Vorauswahl-Systemen erkennen und darauf verzichten.»
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Interview: «Mitarbeiterbindung ist nicht allein Aufgabe der Personalabteilung»

Ileana Honigblum, Vice President Sales & Managing Director DACH beim Software-Unternehmen Pegasystems, erklärt im Interview, was für neue Herausforderungen auf HR zukommen und wie man Fach­kräftemangel und Mitarbeiterfluktuation entgegenwirken kann.
Computerworld: Welche Herausforderungen stellen sich für HR?
Ileana Honigblum
VP Sales &  Managing Director Pegasystems
Quelle: Pegasystems
Ileana Honigblum:
Das Anwerben, die Bindung und die Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wobei die Bindung wahrscheinlich die grösste Herausforderung darstellt. Das ist natürlich nicht nur die Aufgabe der Personalabteilung. Sie kann aber massgeschneiderte Programme für die Mitarbeitenden entwickeln. Solche Programme sind heutzutage der Schlüssel für eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung.
Computerworld: Wie wichtig sind soziale Medien im Bewerbungsprozess?
Honigblum: Sie spielen heute bereits eine zentrale Rolle. Karrierenetzwerke wie Linkedin und Xing ermöglichen es Unternehmen, besser zu verstehen, wer ihre Bewerber und Kandidaten sind, und dadurch gezielter auf sie einzugehen. Ausserdem gestalten diese Netzwerke die Suche nach geeigneten Kandidaten effizienter, kostengünstiger und intuitiver. Unternehmen können dort mit einem breiten und vielfältigen Publikum in Verbindung treten und dadurch leichter qualifizierte Kandidaten finden.
Soziale Medien bieten den Unternehmen aber auch die Möglichkeit, sich selbst bei Talenten als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Sie können sich dort als engagierte Organisation mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern positionieren, die sich wirklich für die Arbeit des Unternehmens einsetzen und für seine Werte und Grundsätze stehen. Die jungen Generationen suchen nicht einfach nur einen Job, sondern eine sinnhafte Tätigkeit. Sie wollen mit ihrer Arbeit etwas bewegen und bewirken. Dass sie dazu alle Möglichkeiten und Freiheiten haben, lässt sich in den sozialen Medien authentisch vermitteln.
Computerworld: Eine hohe Fluktuationsrate ist ein Albtraum für HR. Wie lässt sich dem entgegenwirken?
Honigblum: Die Personalabteilung kann vor allem dabei helfen, he­rausfinden, was die häufigsten Gründe für das Ausscheiden von Mitarbeitenden sind. Dadurch kann sie massgeblich dazu beitragen, Strategien zu ihrer Bindung zu entwickeln. Die Mitarbeiterbindung ist aber nicht alleinige Aufgabe der HR. Es handelt sich vielmehr um eine Teamleistung des gesamten Unternehmens. Wir bei Pegasystems in DACH beispielsweise haben ein funktionsübergreifendes Team dafür. Es konzentriert sich auf vier zentrale Bereiche des Mitarbeiterengagements: Kommunikation, Anerkennung, Personalentwicklung und Teamarbeit.
“Die jungen Generationen suchen nicht einfach nur einen Job, sondern eine sinnhafte Tätigkeit.„
Ileana Honigblum
VP Sales & Managing Director Pegasystems
Die gesamte Organisation sollte um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kreisen. Jede Führungskraft ist gefordert, ihren Mitarbeitenden individuell massgeschneiderte Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie sich optimal entwickeln und produktiv und erfolgreich sein können. Zudem müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Vertrauen spüren und sich dazu ermächtigt fühlen, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Arbeit erledigen. Und sie sollten das Gefühl haben, über ihre Funktion hinaus Teil eines grösseren, umfassenden Ziels zu sein.
Computerworld: Was zeichnet ein zeitgemässes People-Management aus?
Honigblum: Empathie und Vertrauen. In der heutigen hybriden Arbeitswelt braucht es einen unterstützenden Führungsstil. Führungskräfte müssen aktiv zuhören, für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sorge tragen und ihre Privatsphäre respektieren. Bei moderner Führung geht es um Vertrauen und Förderung von Autonomie. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die Freiheit spüren, sich ihre Zeit selbst einteilen zu können und zu arbeiten, wo und wann sie möchten. Dafür braucht es eine klare Kommunikation, realistische Leistungserwartungen und kontinuierliches Feedback.
Computerworld: Wie können digitale Tools helfen, den Prozess vom Sichten der Bewerbungen bis hin zum Vertragsabschluss zu verkürzen?
Honigblum: Sie können diesen Prozess vor allem durch die Automatisierung anspruchsloser Aufgaben wie etwa das Ausfüllen von Unter­lagen straffen. Die HR-Abteilungen erhalten auf diese Weise mehr Freiraum für wichtigere und qualifiziertere Tätigkeiten – zum Beispiel, sich kreativ um die Gewinnung neuer Talente zu kümmern.
“Klare Kommunikation, realistische Leistungserwartungen und kontinuierliches Feedback.„
Ileana Honigblum
VP Sales & Managing Director Pegasystems
Computerworld: Was halten Sie vom Modewort Upskilling? Entwickelt sich das wirklich zu einem zentralen HR-Trend?
Honigblum: Upskilling wird von Tag zu Tag relevanter. Es ist ein nachhaltiger Ansatz zur Personalentwicklung und trägt dazu bei, die Arbeitsmoral zu befeuern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden. Indirekt kann Upskilling auch die Kosten für Recruiting und Onboarding senken.
Computerworld: Was muss ein Recruiter von morgen können?
Honigblum: Er muss das Geschäft seines Unternehmens verstehen. Er muss wissen, was das Unternehmen tut und wie es das tut. Nur dann kann er Bewerbern den Unternehmenszweck und damit auch den Sinn ihrer Arbeit vermitteln. Recruiter dürfen nicht nur Vorstellungsgespräche organisieren, sondern sollten motivieren, ermutigen und antreiben.
Beim Einstellen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sollten sich Recruiterinnen und Recruiter stärker auf Potenziale als auf Fähigkeiten und Erfahrungen konzentrieren. Dieser Ansatz trägt dazu bei, eine diversere und langfristig engagiertere und motiviertere Belegschaft zu entwickeln.
Ein Mentalitätswandel in diese Richtung findet bereits statt, aber Unternehmen sollten ihre Recruiter noch viel besser in die Lage versetzen, zu verstehen, was die Organisation und jede einzelne Geschäftseinheit benötigen. Sonst bleiben ihnen als Entscheidungskriterien weiterhin nur Fähigkeiten und Erfahrungen – und dadurch vergeben sie grosse Chancen.




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