Digitalisierung von Handelsmodellen: Das optimale Set-up

Mymuesli richtet sein Offline-Geschäft neu aus

Dass sich bei der Handelsdigitalisierung inzwischen ein Konsens herausgebildet hat, sich auf Projekte mit klarem Kundennutzen zu fokussieren, verdeutlicht auch das Beispiel des von der reinen Online-Marke zum Multichannel-Anbieter gewandelten Müsliversenders Mymuesli. Nachdem das Unternehmen in den Jahren 2015 und 2016 sein Store-Netz rasch auf über 50 Standorte ausgebaut hatte, wurde das kanalübergreifende Engagement seitdem wieder auf 29 Filialen heruntergefahren.
"Indem wir unser Store-Portfolio reorganisiert haben, können wir die Läden wieder deutlich besser steuern und betreuen. Wir können viel mehr Qualität in die Läden bringen, und darum geht es uns primär", berichtet Mymuesli-Gründer Philipp Kraiss. Neben dem Webshop seien die Läden für den Müsliversender vor allem ein Touchpoint, um die Vielfalt der Produkte für die Kunden erlebbar zu machen. Das Ladenkonzept habe Mymuesli dabei bewusst simpel gehalten: "Digitale Features in den Stores sind nur spannend, wenn sie für unsere Müsli-Freunde einen echten Mehrwert bringen. Jeder, der sich sein Lieblingsmüsli selbst zusammenstellen möchte, macht das über sein Smartphone oder den Desktop zu Hause", erklärt Kraiss.
Digitale Features nutze das Unternehmen lediglich dann, wenn sie beispielsweise für die Kunden die Servicequalität verbesserten, wie etwa bei der Hotspot-Funktion für die kostenlose Abholung von Online-Bestellungen in den Ladengeschäften. Daneben setzt My­muesli beim kanalübergreifenden Handel heute ebenfalls verstärkt auf Koopera­tionsmodelle. "Wir entwickeln für unsere Partner im Lebensmitteleinzelhandel zum Beispiel zielgruppenspezifische Müslis in marktindividuellem Design oder auch Shop-in-Shop-Konzepte, die wir für kleinere und mittelgrosse Städten erarbeitet haben", so Kraiss.
Wie der Mymuesli-Gründer erklärt, glaube sein Unternehmen weiterhin an eine Multichannel-Strategie - allerdings dürfe die Digitalisierung im stationären Handel nie zum Selbstzweck werden: "Es überleben nicht zwingend diejenigen, die digital sind, sondern die, die es schaffen, ihren Kunden eine gute Beratung, spannende Ladenkonzepte und eine ­innovative Sortimentierung anzubieten."

Der Elektronikhandel stellt eigene Anforderungen

Die Zeit digitaler Spielereien im stationären Handel scheint vorbei. Doch gilt das nicht für alle Branchen gleichermassen, wie das Beispiel des Elektronikhändlers Conrad zeigt. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren digitale Features wie Tablets zur virtuellen Regalverlängerung, 24-Stunden-Abholstationen und Verkaufsroboter in die Länden gebracht, bekam aber auch die Kosten der Digitalisierung verstärkt zu spüren: Bei einem stagnierenden Gesamtumsatz mit steigenden Online-Anteilen führten die stationären Filialen und deren Modernisierung zu rückläufiger Wirtschaftlichkeit. "Es ist klar, dass das stationäre Geschäft unter Druck ist", erklärt Chief Sales Officer Ralf Bühler. Doch die Optionen seien begrenzt.
"Digitale Innovationen zahlen für uns auf die Wahrnehmung der Marke ein": Ralf Bühler, Chief Sales Officer Conrad Electronic
Quelle: Conrad
Die Läden einfach zuzumachen und zum Online Pure Player zu werden, gehe nicht, da das E-Commerce-Geschäft stark auf den Abstrahleffekten des stationären Geschäfts basiere. Und in den Filialen könne man nicht einfach auf digitale Gimmicks verzichten: "Mit Projekten wie zuletzt unserem Verkaufsroboter Alex wollen wir unsere Kunden begeistern und ihnen zeigen, dass wir ein Unternehmen sind, das früh darauf achtet, was sich an technischen Innovationen tut. Solche Projekte sind natürlich keine Verkaufsschlager, aber sie zahlen für uns als Technikhändler auf die Wahrnehmung der Marke ein." Dennoch bemühe sich Conrad, Digitalisierungsprojekte zu priorisieren, die sich konkret auf die Umsatz- und Ertragsentwicklung auswirkten. "Beispiele dafür sind unser B2B-Online-Marktplatz und unsere Internet-of-Things-Plattform Conrad Connect. Dafür haben wir beträchtliche Investitionen getätigt, doch nachdem die Grundlagen gelegt sind, erzielen wir hier inzwischen spürbare Mehrumsätze."
Conrad wolle seine Geschäftszahlen wieder besser gestalten, als sie sich heute darstellten. Eine wesentliche Rolle spiele die Fokussierung auf wertigere Umsätze im B2B-Geschäft. "Auch hier ist der digitale Handel Teil der Lösung", so Bühler. "Gerade von B2B-Kunden werden zum Beispiel die digitale Regalverlängerung per Tablet sowie unsere Abholstationen viel genutzt, weil sie schnellere Bestell- und Abholvorgänge ermöglichen, was für diese Kunden einen wichtigen Vorteil darstellt."




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