Onboarding mit KI-Technik

Fachliche Einarbeitung beschleunigen

Neue Mitarbeiter müssen in der Regel auch fachlich intensiv eingearbeitet werden. Hier setzen Unternehmen auf diverse Strategien, zum Beispiel Lernplattformen, um jobrelevantes Wissen über E-Learning-Kurse, interaktive Aufgaben, Prozess-Schulungen oder Simulationen zu vermitteln. Doch nicht alle rollenspezifischen Aufgaben sind wiederkehrend und lassen sich in eine standardisierte Lerneinheit übersetzen. «Für gleichbleibende Tätigkeiten mit klar definierten Aufgaben – denken wir an den Sachbearbeiter, der immer die gleichen Formulare prüft, oder die Juristin, die immer die gleichen Verträge erstellt – sind Lernmanagementsysteme effektiv», erklärt Christoph Kling, Gründer des KI-Start-ups aiconver (siehe auch Interview). Nico Blier-Silvestri, HR-Fachexperte und Mitgründer des dänischen HR-Tech-Start-ups Platypus, teilt diese Erfahrung: «Berufsspezifische Lernmaterialien eignen sich gut für Junior-Level- oder Einstiegsjobs oder Aufgaben mit geringer Komplexität.» Bei veränderlichen Aufgaben oder komplexeren Rollen und Positionen lohne sich dagegen die Erstellung von Trainingsmaterialien nicht, sagen die beiden Experten – hier kämen persönliches Mentoring oder ein Buddy-Programm ins Spiel. Solche Programme gewinnen in der Tat an Popularität: In der Haufe-Onboarding-Umfrage 2019 gaben noch 51 Prozent der deutschen Unternehmen an, dass neuen Mitarbeitern ab dem ersten Arbeitstag ein Pate oder Mentor zur Seite gestellt würde, im Jahr darauf waren es schon 64 Prozent.
Nico Blier-Silvestri zufolge ist es jedoch für erfahrene Mitarbeiter, die sowohl ihre Zeit als auch ihr Wissen teilen, sehr schwer, den Spagat zu schaffen zwischen dem Aufrechterhalten der eigenen Produktivität und der Einarbeitung neuer Mitarbeiter: «Ein Buddy-Programm beziehungsweise Mentoring ist die effizienteste, aber auch die zeit- und kostenintensivste Art des Onboardings.» Oft gibt es auch gut gemeinte, aber unzureichend umgesetzte Programme, die sich negativ auf die Mitarbeiterbindung auswirken können. Karen Burke von SHRM  warnt: «Unterdurchschnittliche Buddy-Systeme, Mentoring-Programme und Onboarding-Prozesse können dazu führen, dass sich neue Mitarbeiter überfordert, unvorbereitet auf ihre Aufgaben und mit ihren Kollegen und dem gesamten Unternehmen nicht verbunden fühlen.»
Alle Mitarbeiterdaten auf einen Blick, unter anderem Abteilung, Standort und Status des Onboarding-Prozesses.
Quelle: aiconver
Vor diesem Hintergrund entstehen erste KI-Lösungen, die Wissensmanagement- und Trainings-Tool zugleich sind. Statt Kollegen, Vorgesetzte oder Mentoren mit Fragen zu löchern, finden neue Mitarbeiter damit in den Wissensbeständen des Unternehmens schnell die passenden Antworten auf ihre Fragen. Solche Tools können auch das Mentoring oder Coaching wirksam ergänzen. Die gängigen Tools reagieren nur auf Anfragen, doch was sollen die Neuen fragen, wenn sie die Prozesse und Abläufe noch gar nicht genau kennen? «Künstliche Intelligenz kann neue Mitarbeiter aktiv mit dem Wissen versorgen, das sie für ihre Aufgaben benötigen», betont Christoph Kling.
Der Zugang zu den Wissensbeständen eines Unternehmens kann auf unterschiedliche Weise ablaufen. Der KI-Mentor von aiconver liest etwa die Dokumente von vorhandenen Cloud-Speichern und Laufwerken, vorausgesetzt, dass die Nutzer den Zugriff auf ihre Speicher autorisiert haben. Das Lernen der Algorithmen erfolgt automatisch, ein manuelles Training ist nicht erforderlich. Um die Einarbeitung voranzutreiben, liest der KI-Mentor die Aufgabenbeschreibung und optional erste Arbeitsergebnisse des neuen Mitarbeiters. Anschliessend empfiehlt die KI aktiv Dokumente von Kollegen für die aktuellen Aufgaben – und erklärt für jedes empfohlene Dokument, was der Mitarbeiter beim Lesen konkret für seine Aufgabe lernen kann. Insbesondere für das fachliche Onboarding bei Telearbeit bieten solche KI-Lösungen einen enormen Vorteil. «Dadurch werden die Erwartungen neuer Mitarbeiter an Einarbeitung auch im Homeoffice erfüllt – und es entstehen weniger Fragen an Mentoren und Kollegen», sagt Kling.




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