Interview 21.06.2015, 09:28 Uhr

Cloud Computing für KMU

Anfang der 1990er Jahre gingen IT-Fachleute davon aus, dass sich „Computer auf das Netzwerk verteilen“ werden, bzw. Cloud Computing entstehen werde.  Wie sieht es nun aus. Lesen Sie dazu das Interview.
(Quelle: 37833434)
Der Begriff Cloud Computing wurde in den letzten Jahren hauptsächlich durch einige schnell wachsende Internetfirmen wie Amazon, Google und Facebook geprägt. Im privaten Bereich forcierte Apple mit iCloud die Akzeptanz der „Cloud“.

Cloud Computing findet auch bei Unternehmern immer mehr Anhänger, vor allem unter kleinen und mittleren Unternehmen. Die Branche erwartet ein gewaltiges Wachstum innerhalb der nächsten fünf Jahre. Laut Angaben des statistischen Bundesamtes Deutschland setzten 2014 erst gerade mal 12 % der Unternehmen Cloud Computing ein:


Beim Einsatz von Cloud Computing können gerade kleinere Firmen IT-Leistungen wie Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungsprogramme über das öffentliche Internet (Public Cloud) oder über ein internes Netzwerk (Privat Cloud) viel günstiger beziehen, als es zuvor der Fall war. Eine eigene Serverinfrastruktur, IT-Personal, Update- und Unterhaltskosten entfallen.

Online PC befragte dazu Gert F. Lang, CEO der Worldsoft AG, einem wichtigen Anbieter von Cloud Computing in der Schweiz.

Online PC: „Was versteht man unter Cloud Computing für KMU?“

GFL: „Einfach ausgedrückt basiert Cloud Computing auf Software die über das Internet genutzt wird. Anwendungen oder Softwareprogramme wurden in der Vergangenheit auf physischen Computern oder Servern beim Unternehmen ausgeführt. Dank Cloud Computing kann auf Anwendungen per Internet zugegriffen werden. Die Anwendungen stehen also jedem Mitarbeiter an jedem Ort über das Internet zur Verfügung. In der Regel als Pay-as-you-go-Modell,  sodass kein grosser Investitionsaufwand erforderlich wird und vorhersehbare Ausgaben für den laufenden Betrieb anfallen.  Und da sich Cloud Computing sehr schnell bereitstellen lässt, können die Vorteile ohne lange Vorlaufzeiten umgehend genutzt werden.“

Online PC: „Welchen Vorteil hat den speziell ein KMU durch Cloud Computing?“

GFL: „Grosse Firmen arbeiten mit automatisierten und durchgehend digitalisierten Verwaltungssystemen. Die Digitalisierung von Unternehmensprozessen von der ersten Anfrage bis hin zum Verkauf, Kundendienst und effizienten Verwaltung, senkt die Kosten und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit. Für kleinere Firmen waren solche Systeme in der Regel unerschwinglich.
Mit der Cloud können kleine und mittlere Unternehmen auf Technologie zugreifen, deren Qualitätsstufe auf dem Niveau grosser Firmen ist. Damit sind Sie genauso wettbewerbsfähig wie grosse Unternehmen. Sie sind jedoch in der Lage, rascher als grosse, etablierte Konkurrenten zu reagieren. Dadurch ist David dem Goliath einmal mehr überlegen.“

Online PC: „Warum nutzen nur wenige KMU Cloud Computing bereits?“

GFL: „Einerseits liegt es daran, dass die Vorteile von Cloud Computing noch wenig bekannt sind. Andererseits aber auch daran, dass das Angebot unübersichtlich ist und ein KMU meist nicht selbst die Fachleute hat um sich mit dem Angebot zu beschäftigen und die richtige Wahl zu treffen.

Die vier grössten Anbieter sind Microsoft, Google und IBM. Alles amerikanische Firmen, die verschiedene Vorstellungen vom Marktsegment des Cloud-Computing haben. Microsoft versucht mit „Azure“ die Anwender zu gewinnen, IBM durch eine eigene Technologie wie „Smart-Business-Service“ und Google durch Apps wie „GoogleMarketplace“ und „GoogleDocs“.

In den meisten Fällen decken die Angebote nicht die wirklichen Bedürfnisse von KMUs ab. Und viele Anbieter haben sich auf Teilbereiche spezialisiert. Dadurch müsste der KMU sich die verschiedenen Dienste selbst zusammenstellen, hier ein CRM, dort ein Rechnungsprogramm usw. Diese Insellösungen sind dann oft nicht verbunden und müssen einzeln gepflegt werden. Das ist ein grosser Aufwand und nicht zielführend.  Ein KMU benötigt einen Partner der ihn unterstützt und keinen anonymen Grosskonzern aus Amerika. Ausserdem möchten Schweizer Unternehmer ihre Daten lieber in einem Datencenter in der Schweiz haben. Ein KMU benötigt eine sichere, einfach zu bedienende Anwendung, die seine Bedürfnisse abdeckt und das möglichst aus einer Hand.“

Online PC: „Sind KMUs überhaupt bereit ihr Verwaltungssystem umzustellen und zu digitalisieren?“


GFL: „Wenn ein Unternehmen sein Verwaltungs-System umstellt, kommt dies meist einer kleinen Revolution gleich, da praktisch alle Betriebsabläufe umgekrempelt werden müssen. Das bedeutet in der Regel hohe Beratungs- und Schulungskosten für die Einführung des Systems und vor allem viel Widerstand innerhalb des Unternehmens. Ausserdem bezweifle ich, dass eine "Downsize"-Version eines "grossen" Systems das Richtige für KMUs ist. Solche Systeme sind ursprünglich für grosse Organisationen und Umgebungen konzipiert und daher zu kompliziert und zu komplex. Schliesslich sind KMUs ja keine geschrumpften Grosskonzerne. Ein KMU hat eine ganz andere Verwaltungsstruktur als ein Grosskonzern.“




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