Falsche Zahlen 25.11.2016, 12:15 Uhr

Was Unternehmen aus Facebooks Metrik-Skandal lernen sollten

Facebook hat zahlreiche Kennzahlen über Monate hinweg falsch ausgewiesen. Daraus ­resultieren Konsequenzen für Unternehmen und Social Media Manager.
(Quelle: Shutterstock.com/rvlsoft)
Knapp zwei Monate ist es her, dass eine Nachricht aus dem Facebook-Kosmos die Werbebranche erschütterte. Damals musste der Konzern von Mark Zuckerberg gegenüber Publicis Media eingestehen, dass die durchschnittliche Verweildauer eines Nutzers auf einem Video um 60 bis 80 Prozent zu hoch angegeben wurde. Der Grund dafür war ein Rechenfehler, der alle Video-Views aus der Berechnung ausschloss, die kürzer als drei Sekunden lang waren. Inzwischen wurde der Fehler behoben und die Kategorie in "3-Sekunden-­Videoaufrufe" umbenannt.
Gerade als Publisher und Werber die Nachricht verdaut hatten, sorgt eine neue Mitteilung des sozialen Netzwerks erneut für Unmut. "Wir aktualisieren heute unsere Kennzahlen, um unseren Partnern und der Branche einen besseren Einblick in unsere Statistiken zu vermitteln", hiess es auf dem neu-gegründeten Metrics-Blog von Facebook am 16. November.
Was zunächst positiv klingt, entwickelt sich bei genauerem Hinsehen schnell zu einer Hiobsbotschaft für Unternehmen, die Facebook als Kommunikationskanal nutzen. Zahlreiche Daten, Dashboards und Auswertungen lieferten über Monate hinweg falsche Zahlen. So wurde beispielsweise die Reichweite einer Seite im Page Dashboard von Facebook je nach Betrachtungszeitraum um 33 (7-Tage-Betrachtung) beziehungsweise 55 Prozent (28-Tage-Betrachtung) zu hoch angegeben. Und auch die Instant Articles sind betroffen. Die verbrachte Zeit im Artikel wurde seit August 2016 falsch berechnet, sodass die Zeit, die der Nutzer auf einem Artikel verbracht hat, sieben bis acht Prozent zu hoch angegeben wurde.

Kontrollverlust auf Unternehmensseite

Selbstverständlich ist nicht jede Statistik von Facebook falsch und "diese Fehler haben laut Facebook keinen Einfluss auf die Abrechnung von Anzeigen gehabt", wie Jens Wiese, Social-Media-Experte und Begründer von Allfacebook.de schreibt.
Nichtsdestotrotz offenbaren die jüngst veröffentlichten Nachrichten und das Eingeständnis von Facebook, Fehler gemacht zu haben - auch wenn der Social-Media-Gigant Besserung gelobt -, dass Unternehmen zunehmend die Kontrolle verlieren. Obwohl Facebook, Google und zahlreiche andere Internetgrössen unabhängige Dritt­anbieter wie Nielsen und Comscore zwar zur Überprüfung und Verifizierung der Messungen integrieren, bleibt trotzdem ein gewisses Mass an Unsicherheit übrig. Das liegt daran, dass die untersuchten Währungen und Abrechnungsmodelle in vielen Fällen nicht plattformübergreifend gültig sind.
Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Frage nach der Bewertung eines Views, also wann ein Video als gesehen gewertet wird. Hierbei setzen Facebook, Twitter, YouTube und Snapchat auf unterschiedliche Standards. Verschlimmernd kommt hinzu, dass es eine geräte- und medienübergreifende Konvergenzwährung für Bewegt­bildinhalte in Web und TV nicht gibt. Es ist für Firmen nur mit grossem Aufwand möglich, die Wirkung und Reichweite eines ­Videos über mehrere Kanäle hinweg zu vergleichen.

Auswirkungen für Firmen und Social Media Manager

Um sich die Kontrolle zumindest ein Stück weit zurück zu erobern, ist es wichtig, der Objektivität wieder mehr Platz zu geben. KPIs (Key Performance Indicator) wie die Reichweite auf Facebook verleiten dazu, Unternehmensziele aus dem Auge zu verlieren. Wenn ein Beitrag 10.000 User erreicht hat, erzeugt das oft Freude. Klickt aber kein Nutzer auf den Beitrag ist die (gekaufte) Reichweite nur wenig wert. Gleiches gilt für Grössen wie Likes oder Follower.
Deshalb sollten Unternehmen, die ­Social Media in ihrer Kommunikationsstrategie verankert haben, Kennziffern definieren, die universell gültig sind. Das könnten für Händler beispielsweise Klicks auf die Website oder verkaufte Artikel im Web-Shop als Folge eines Posts oder einer Anzeige sein. Ein derartiges System hilft dabei, unabhängiger von Plattformen wie Facebook und dessen ungewissen Plänen zu agieren. Zugleich erleichtern solche KPIs die Arbeit der Social Media Manager, die so Massnahmen leichter gegenüber dem Vorstand rechtfertigen können.




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