Informationspflichten 13.03.2022, 14:00 Uhr

Omnibus-Richtlinie: Welche Änderungen auf Onlinehändler zukommen

Ab dem 28. Mai greifen die meisten Regeln der EU-Omnibus-Richtlinie in Deutschland. Sie bringen erweiterte Informationspflichten und verbesserte Kündigungsmöglichkeiten für Kunden. Was das für Onlinehändler bedeutet, erläutert dieser Fachbeitrag.
(Quelle: Shutterstock / Om Yos)
Der deutsche Gesetzgeber hat kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode mehrere Verbraucherschutzgesetze verabschiedet. Stationäre Händler, Onlinehändler und Betreiber von Online-Marktplätzen müssen einige Änderungen umsetzen. Zwar ist bis zum Inkrafttreten der meisten neuen Regelungen am 28. Mai 2022 noch etwas Zeit. Allerdings sollten die hiervon betroffenen Unternehmen frühzeitig handeln. Dieser Beitrag erklärt, wo Handlungsbedarf besteht.

Informationspflichten für digitale Produkte

Bereits nach bisherigem Recht unterlagen Unternehmer umfangreichen Informationspflichten bei Verbraucherverträgen, ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen bzw. Fernabsatzverträgen und Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr.
Diese Informationspflichten werden zukünftig auf digitale Produkte ausgeweitet. Bei digitalen Produkten handelt es sich um die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen.
Verträge über digitale Produkte stellen im Übrigen zukünftig eine neue Art von Verträgen dar (§§ 327 ff. BGB n.F.; neues BGB Vertragsrecht). Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist im Hinblick auf digitale Produkte zukünftig beispielsweise über die Funktionalität der Waren mit digitalen Elementen oder digitalen Produkten zu informieren (Art. 246 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB n.F.). Ausserdem ist über die Kompatibilität und Interoperabilität der Waren mit digitalen Elementen oder digitalen Produkten zu informieren, soweit diese Informationen dem Unternehmer bekannt sind oder bekannt sein müssen (Art. 246 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB n.F.). Diese Informationspflichten gelten auch bei ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen (Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 und Nr. 18 EGBGB).

Neue Informationen über Preise

Händler müssen ausserdem darauf hinweisen, wenn der Preis für ein Angebot aufgrund einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert wurde (Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EGBGB n.F.). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Verbraucher darüber informiert werden, wenn der Preis durch einen Algorithmus aufgrund vorangegangenen Konsumverhaltens des Verbrauchers beeinflusst wird.
Eine weitere Änderung hinsichtlich Preisangaben für Waren ist darüber hinaus mit der Änderung der Preisangabenverordnung (PAngV) beschlossen worden. Nach den Vorgaben der Omnibus-Richtlinie ist bei jeder Bekanntgabe einer Preisermässigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, den der Händler innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermässigung von Verbrauchern gefordert hat. Diese Pflicht findet sich zukünftig in § 11 Abs. 1 PAngV n.F.
Ausserdem sollten Unternehmen prüfen, ob ihre Widerrufsbelehrungen noch den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Aufgrund der Neuerungen zu "digitalen Produkten" sind nämlich auch Änderungen im Widerrufsrecht vorgenommen worden.

Vorsicht bei Rankings bzw. hervorgehobener Angebotsplatzierung

Auch im Online-Handel wird Verbraucherschutz durch die Omnibus-Richtlinie noch stärker in den Fokus gerückt.
Für Verbraucher soll insbesondere Transparenz bei Rankings bzw. der hervorgehobenen Platzierung kommerzieller Angebote in den Ergebnissen einer Online-Suchanfrage geschaffen werden (Art. 246d § 1 EGBGB n.F.). Verbraucher müssen über die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings und deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern informiert werden. Wenn auf dem Online-Marktplatz das Ergebnis als Vergleich von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten präsentiert wird, ist zudem über die Anbieter, die bei der Erstellung des Vergleichs einbezogen wurden, zu informieren. Durch diese Vorschriften müssen Verbraucher auch darüber informiert werden, wenn für ein höheres Ranking bezahlt wird.

Informationen über Identität von Anbietern & Co.

Weitere Informationspflichten bestehen zukünftig über die Identität der Warenanbieter bzw. Anbieter von Dienstleistungen oder digitalen Inhalten. Handelt es sich nicht um Unternehmer, muss darüber informiert werden, dass die Vorschriften für Verbraucherverträge keine Anwendung finden. Wenn diese Anbieter zur Vertragserfüllung die Hilfe des Online-Marktplatz-Betreibers nutzen, ist zudem darüber zu informieren, dass dem Verbraucher hierdurch keine eigenen Rechte gegen den Marktplatz-Betreiber zustehen. Verbraucher sind darüber aufzuklären, wenn es sich bei dem Anbieter von Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalten und dem Marktplatz-Betreiber um verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes handelt.
Die nach Art. 246d EGBGB n.F. zu erteilenden Informationen müssen Verbrauchern von den Betreibern eines Online-Marktplatzes vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers in klarer und verständlicher Weise erteilt werden. Informationen zu Rankings bzw. Vergleichsergebnisse müssen in einem Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung gestellt werden, der unmittelbar und leicht zugänglich ist.

Mehr Transparenz bei Kundenbewertungen

Kundenbewertungen spielen bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle. Zuletzt mehrten sich Meldungen, dass es bei Kundenbewertungen oftmals nicht mit rechten Dingen zuginge.
Diesem Problem begegnet nun der Gesetzgeber: Gewerbetreibende müssen sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen genutzt oder erworben haben. Auch hierüber müssen Verbraucher informiert werden.
Diese Information ist eine sogenannte "Wesentliche Information" im Sinne des § 5b Abs. 3 UWG. Ein Vorenthalten dieser Informationen stellt eine Irreführung durch Unterlassen im Sinne des § 5a UWG dar. Hierdurch drohen den betroffenen Unternehmen Bussgelder: eine irreführende geschäftliche Handlung stellt nach § 5c UWG eine Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen und nach § 19 UWG eine Ordnungswidrigkeit dar. Über die Folgen bei Verstössen gegen die neuen Verbraucherschutzvorschriften informieren wir Sie in einem gesonderten Beitrag.

Erleichterte Kündigungsmöglichkeiten

Bei der Umsetzung der Omnibus-Richtlinie hat der Gesetzgeber die Gelegenheit genutzt, um weitere Vorschriften im Verbraucherschutzrecht bei der Laufzeit von Verträgen zu ändern.
Insbesondere soll für Verbraucher die Kündigung von Verträgen erleichtert werden. Hierzu wird ab dem 1. Juli 2022 ein neuer § 312k BGB eingefügt. Nach dieser Vorschrift muss auf der Webseite eine Kündigungsschaltfläche zu finden sein. Diese muss mit der Formulierung „Verträge hier kündigen“ bzw. einer ähnlichen, eindeutigen Formulierung versehen werden. Darüber muss der Verbraucher auf eine Bestätigungsseite geführt werden, auf der er den Inhalt, z. B. Datum der Kündigung, angeben kann. Diese Schaltflächen müssen leicht auffindbar sein. Andernfalls kann der Verbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Bereits in Kraft: Vertragsverlängerungen

Ausserdem wurde der § 309 Nr. 9 BGB angepasst, der bereits seit dem 1. März 2022 Anwendung findet: Hiernach sind bei ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträgen Klauseln in AGB unwirksam, die eine stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Dies gilt nicht, wenn lediglich eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit eintritt. Weiter erforderlich ist, dass der Vertrag bei einer Verlängerung auf unbestimmte Zeit das Recht vorsieht, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen. Darüber hinaus darf zukünftig auch bei der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer die Kündigungsfrist maximal einen Monat betragen.
Dieser Beitrag wurde uns zur Verfügung gestellt von Oppenhoff & Partner Rechtsanwälte Steuerberater mbB




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