Gibt es noch Wachstumspotenzial? 14.01.2020, 15:12 Uhr

Das Affiliate Marketing in Zeiten der Cookie-Regulierung

Diverse Urteile zum Cookie-Opt-In, Diskussionen über die ePrivacy-Verordnung und Browser-Cookie-Regulierungen haben das Affiliate Marketing 2019 in Aufruhr versetzt. Wir erklären, was im neuen Jahr auf die Branche zukommt.
(Quelle: shutterstock.com/one photo)
Von Markus Kellermann, Geschäftsführer xpose360
Das vergangene Jahr war für die Affiliate-Branche ein sehr bewegtes und ereignisreiches, welches geprägt war von zahlreichen Diskussionen über das Cookie Tracking und Auswirkungen einer möglichen ePrivacy-Verordnung.
Auch 2020 wird das Affiliate Marketing von den steigenden Werbeausgaben profitieren. Insgesamt wuchs die Affiliate-Branche 2019 im zweistelligen Prozentbereich. So stiegen beispielsweise die Umsatzerlöse im grössten Affiliate-Netzwerk Awin im ersten Halbjahr 2019 um 14 Prozent auf über 100 Millionen Euro. Das bereinigte EBITDA wuchs um acht Prozent. Auch andere Netzwerke wie Webgains oder Adcell vermeldeten für 2019 neue Rekordumsätze.
Auch Merchants und Affiliates konnten 2019 ihre Umsätze weiter ausbauen. Umfragen zufolge verzeichnen 61 Prozent der Merchants und 74 Prozent der Affiliates im vergangenen Jahr steigende Umsätze. Bei den Agenturen und Netzwerken waren es sogar 90 Prozent.
Aufgrund der positiven Entwicklung planen laut einer Studie von Rakuten Marketing drei Viertel der deutschen Marketer ihre Budgets für 2020 zu erhöhen. Auch die Mediaagentur Jom sagt für den deutschen Werbemarkt ein weiteres Wachstum voraus. Demnach wollen 76 Prozent der deutschen Werbungtreibenden ihre Budgets erhöhen. Über alle digitalen Werbeformen sollen die Netto-Werbeerlöse laut der Jom Group in 2020 um etwa sechs Prozent steigen. Auch 78 Prozent der Merchants rechnen für 2020 mit steigenden Umsätzen im Affiliate Marketing.

Was passiert mit dem Cookie-Tracking?

Das Cookie Tracking ist derzeit eines der am häufigsten diskutierten Themen in der Affiliate-Branche. Apple (ITP) und Mozilla (ETP) haben im vergangenen Jahr die Speicherung von Third-Party-Cookies bereits stark eingeschränkt. Und auch Google Chrome als grösster Browser-Anbieter führt im Februar mit dem sogenannten SameSite-Update eine Änderung ein, bei dem die Trackinganbieter und Netzwerke zukünftig die Eigenschaften der Cookies ändern müssen, damit diese überhaupt noch ausgelesen werden können.
Die Affiliate-Netzwerke und -Technologien haben allerdings schnell reagiert und Workarounds erstellt, mit denen Merchants entweder über Subdomains ein First-Party-Tracking integrieren können oder über Container/Master-Tags ebenfalls First-Party-Cookies aussteuern können, die bisher von den meisten Browsern noch nicht blockiert werden. Auch neue Tracking-Möglichkeiten wie das sogenannte Bounceless-Tracking von Awin oder Server2Server-Tracking wurden eingeführt.

Diskrepanz zwischen Merchants und Affiliates

Verwunderlich ist allerdings die Tatsache, dass laut Umfragen bis zu 70 Prozent der Merchants an ihrem Tracking noch nichts verändert haben. Lediglich 30 Prozent haben auf ein First-Party- respektive Mastertag-Tracking umgestellt. Und auch die bereits Anfang 2019 von Google kommunizierten technischen Anpassungen im Chrome wurden bis heute von einigen Affiliate-Netzwerken noch nicht umgesetzt.
Dies bestätigt auch die Befürchtungen der Affiliates. Denn ein Grossteil der Affiliates sieht das intransparente Tracking als eines der grössten Probleme im Jahr 2020. Die Affiliates fordern daher von den Merchants ein Tracking auf First-Party-Basis, sowie mehr Transparenz und Einblicke in die Tracking-Logik.
Wenn die Branche also weiterhin wachsen möchte, müssen die Merchants das Thema Tracking wesentlich höher priorisieren und auf ihre Agenda setzen.

Alternativen zum Third-Party-Cookie-Tracking

Die Herausforderung für die Affiliate- und Online-Branche wird 2020 auch darin bestehen, neue Technologien und Verfahren zu entwickeln, die das Bedürfnis der Verbraucher nach Privatsphäre besser mit den Vorteilen von personalisierter Werbung und Targeting in Einklang bringen.
Sowohl eine Umstellung auf First-Party-Tracking als auch Alternativen zum Cookie-Tracking sind deswegen elementar für die weitere Entwicklung der Affiliate-Branche.
Erst vor kurzem hat der BVDW ein Whitepaper vorgelegt, das als Gegenmassnahme das Konzept der "Advertising Identiy" vorstellt. Gemeint ist die pseudonymisierte Identität eines Nutzers, die auf der Zusammenführung aller zur Verfügung stehenden datenschutzkonformen Identifiern basiert. Das können Endgeräte-Ids, Log-in-Informationen oder First-Party-Cookie-Daten sein.
Zudem sind weiterhin übergreifende Log-in-Plattformen im Gespräch, auf denen die Nutzer über eine konstante ID trackbar sind. Einer dieser Anbieter ist die European NetID Foundation, der bereits 60 digitale Partner angehören.
Affiliate-Vertreter sind sich allerdings uneinig, ob so eine Lösung für die komplexe Affiliate-Branche sinnvoll ist, denn die grosse Herausforderung besteht darin alle beteiligten Partner und Akteure auf eine gemeinsame Log-in-Lösung einzuschwören und sie den Nutzern schmackhaft zu machen.
Aus diesem Grund plant die NetID im zweiten Quartal 2020 eine grosse B2C-Kampagne, um den Nutzern die Vorteile vorzustellen und das Produkt genauer zu erklären.

Content Commerce und exklusive Kooperationen

Für einen Grossteil der Merchants gehören Content-Affiliates immer noch mit zu den bedeutendsten Affiliate-Modellen in 2020. Deswegen wird auch zukünftig der Trend weiter in Richtung Content Commerce gehen.
Grosse Verlage wie Burda, Axel Springer oder der Spiegel werden sich dank Affiliate Marketing zusätzliche Erlösquellen erschliessen. Fernab von klassischen Bannerplatzierungen sind mit Hilfe von Ratgebern, Produktvorstellungen oder -Tests weitere Werbemöglichkeiten entstanden.
Neue Publisher-Modelle bieten zahlreiche innovative Lösungen zur Monetarisierung von Content-Seiten. So bietet beispielsweise Trackonomics ein Dashboard an, welches über verschiedene Werbeplattformen hinweg kombinieren und feststellen kann, wo tote Links eingebaut sind, um so Provisionsverluste zu vermeiden.
Auch Preisvergleichs- und Einkaufstools von Monetizer101 bieten Plug and Play-Lösungen, die direkt in relevante Artikel und Inhalte eingefügt werden können. Und Anbieter wie Monotote ermöglicht es Nutzern, direkt auf der Affiliate-Seite einzukaufen, indem es Videos und Bilder von Websites in einkaufbare Inhalte verwandelt, ohne auf den Online Shop des Merchants weiterzuleiten.
Auch Amazon als grösster Affiliate-Anbieter hat diese Entwicklung erkannt und Ende 2019 sein neues Onsite Associate Program an den Start gebracht. Publisher haben dabei die Möglichkeit, hochwertige, redaktionelle Inhalte direkt auf der Amazon-Plattform einzubinden. Für Amazon hat es den Vorteil, dass dank des Content-Mehrwerts die Kaufwahrscheinlichkeit gesteigert werden kann und Affiliates können den Content durch Affiliate-Links ergänzen und monetarisieren.

Fazit

Das Affiliate Marketing hat auf jeden Fall das Potenzial weiter zu wachsen und den Werbeunternehmen eine Traffic-Alternative zu GAFA zu bieten. Die grösste Herausfordung für 2020 besteht allerdings darin, die technologischen Änderungen anzunehmen und umzusetzen.
Denn falls immer weniger Affiliate-Bestellungen gemessen werden können und die Affiliates dadurch keine faire Vergütung mehr erhalten, werden sich immer mehr Partner vom Affiliate Marketing abwenden und nach neuen Monetarisierungsmöglichkeiten suchen.
Daher werden sich auch 2020 die Provisionsmodelle im Affiliate Marketing weiter verändern, weg vom reinen CPO-Modell hin zu Hybridprovisionen mit fixen WKZ-Zulagen, um dadurch das Risiko von fehlerhaften Tracking-Zuweisungen und Cookie-Löschungen für beide Seiten fair aufzuteilen.



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