Digitalisierung 28.11.2021, 23:10 Uhr

ITK-Verbände loben Koalitionsvereinbarung

SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP versprechen in ihrer Koalitionsvereinbarung einen wahren Digitalisierungsschub. Die Pläne wurden von wichtigen ITK-Verbänden überwiegend positiv aufgenommen - doch es gibt auch Kritik.
(Quelle: DesignRage/Shutterstock)
Der von den Parteispitzen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP vorgelegte Entwurf einer Koalitionsvereinbarung ist von wichtigen ITK-Verbänden mit Blick auf die Themen Breitbandausbau und Digitalisierung überwiegend positiv aufgenommen worden. Darin versprechen die Ampel-Koalitionäre unter anderem einen „digitalen Staat“ sowie eine flächendeckende Versorgung mit Glasfasertechnik und dem neuesten Mobilfunkstandard in Verbindung mit schlanken Genehmigungsverfahren. Alle neuen Gesetze sollen zudem einem Digitalisierungs-Check unterzogen werden und öffentliche IT-Projekte künftig offene Standards vorweisen.
Bitkom-Präsident Achim Berg sprach von vielen konkreten Projekten, die der Verband sehr positiv sehe und die jetzt schnell angegangen werden müssten - auch wenn der Koalitionsvertrag in puncto Digitalisierung etwas hinter den hohen Ansprüchen des Sondierungspapiers zurückgeblieben sei. Berg: „Jetzt muss es darum gehen, die digitalen Kernvorhaben wie zum Beispiel die Digitalisierung von Verwaltung und Schulen in die Praxis umzusetzen und gleichzeitig dort nachzulegen, wo es noch Lücken gibt wie in der Datenpolitik und bei digitalen Identitäten.“
Bitkom-Präsident Achim Berg
Quelle: Bitkom
Als positiv bewertet der Bitkom auch das Versprechen der vermeintlich zukünftigen Regierung, den Breitbandausbau noch einmal deutlich zu beschleunigen: „Digitale Infrastrukturen bilden die Grundlage für die beschleunigte Digitalisierung in Deutschland. Es ist richtig, dass die Koalition Vorfahrt für den Ausbau von Breitbandinternet und Mobilfunk unter anderem mit digitalen Genehmigungsverfahren und schnellerer Verlegeverfahren geben möchte“, so Berg.
Auch der VATM lobt in einer ersten Stellungnahme das Koalitionspapier, das die richtigen Schwerpunkte bei Digitalisierung und Gigabit-Ausbau setze und hier auch konkrete Handlungsfelder benenne. „Das Bekenntnis zum eigenwirtschaftlichen Ausbau, die Digitalisierung der Verwaltung, schlanke Genehmigungsverfahren, die Normierung alternativer Verlegetechniken sowie verbesserte Markterkundungsverfahren sind im Vertrag festgeschriebene Ziele, die den Gigabit-Ausbau deutlich voranbringen können“, so VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. 
Nicht ganz glücklich ist Grützner mit der Entscheidung der Ampel-Koalitionäre, die Zuständigkeiten für Verkehr und Digitales in einem Ressort zu bündeln. Der VATM hatte sich vielmehr eine personell und finanziell gut ausgestattete Digitalagentur gewünscht, die auch ressortübergreifende Themen aufbereiten und einer schnellen Umsetzung zuführen kann. 

Kritik an Verschärfung der Kundenschutzvorschriften

Breko-Geschäftsführer Stephan Albers sieht ebenfalls viele richtige Ansätze. Der Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP setze die richtigen Akzente für den weiteren Glasfaserausbau in Deutschland. Man begrüsse es sehr, dass die neue Regierung endlich ein klares Glasfaserziel festlegt. In den nächsten Wochen und Monaten müssten die guten Ansätze nun aber in der praktischen Umsetzung mit Leben gefüllt werden.
Breko-Geschäftsführer Stephan Albers
Quelle: Breko
Doch es gibt auch Kritik mit Blick auf die beabsichtigte weitere Verschärfung der Kundenschutzvorschriften. „Die Einschätzung, dass es zusätzlich zu den ab 1. Dezember durch das neue Telekommunikationsgesetz bereits deutlich verschärften Regelungen noch eines pauschalierten Schadensersatz-Anspruchs bedarf, ohne dass die neuen Vorgaben auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, teilen wir nicht“, betonte Albers.
Das sieht auch der Breitbandverband ANGA so. Das neue Telekommunikationsgesetz mit seinen zahlreichen Neuerungen im Kundenschutzbereich solle erst einmal seine Wirkung entfalten können, bevor man weitere Regelungen plane, kritisierte ANGA-Präsident Thomas Braun.
Ansonsten begrüsst aber auch der ANGA das Versprechen der Koalitionäre, die Digitalisierung und den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland entschieden voranzutreiben: „Die Triebfeder des Gigabit-Ausbaus in den letzten Jahren waren vor allem die hohen Investitionen der Netzbetreiber. Die kommende Bundesregierung bekennt sich eindeutig zum eigenwirtschaftlichen Ausbau. Zentrale Stellschrauben sollen hierbei die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Normierung alternativer Verlegemethoden sein. Wir setzen darauf, dass diese Vorhaben schnell realisiert werden.“

Ampel-Koalition verspricht Bürgern Anonymität im Internet

Unterdessen haben die Ampel-Koalitionäre auch ihre Haltung zur Speicherung von Kommunikationsdaten konkretisiert. „Flächendeckende Videoüberwachung und biometrische Erfassung zu Überwachungszwecken lehnen wir ab“, heisst es dazu in dem Koalitionsvertrag. Dies schliesse Videoüberwachung als Ergänzung zum Einsatz von Polizeikräften an Kriminalitätsschwerpunkten jedoch nicht aus. Und: "Das Recht auf Anonymität sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet ist zu gewährleisten." Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung solle nur anlassbezogen und auf richterlichen Beschluss angewendet werden.
Bei der Vorratsdatenspeicherung werden keine Inhalte von Kommunikation gespeichert, sondern nur, wer wann mit wem und von wo aus in Kontakt getreten ist. Bei Telefonaten gehören dazu beispielsweise die Rufnummern, der Zeitpunkt und die Dauer der Gespräche.
Die Vorratsdatenspeicherung ist hochumstritten: Während Sicherheitspolitiker in ihr ein zentrales Instrument im Kampf gegen organisierte Kriminalität, Terrorismus und den Handel mit Darstellungen von Kindesmissbrauch sehen, halten Bürgerrechtler und Verbraucherschützer die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten für einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Ein Gesetz erlaubt zwar eigentlich jetzt schon die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten für eine Dauer von zehn Wochen. Allerdings liegt diese Regelung wegen rechtlicher Bedenken seit Jahren auf Eis.



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