Tausende Stellen betroffen 30.01.2019, 16:37 Uhr

SAP plant umfangreiches Restrukturierungsprogramm

SAP steht vor einer umfangreichen Umstrukturierung des Unternehmens. Tausende Mitarbeiter sollen umgeschult und versetzt oder mittels Abfindung in den Vorruhestand geführt werden. Insgesamt könnte die Zahl der Angestellten aber steigen.
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Europas grösster Softwarehersteller SAP will angesichts des geplant starken Wachstums bei neueren Geschäftszweigen einen weiteren Umbau beim Personal in die Wege leiten. Der Konzern werde zum ersten Mal seit 2015 ein unternehmensweites Restrukturierungsprogramm umsetzen, hiess es am Dienstag. SAP werde Mitarbeiter umschulen, auf andere Positionen versetzen und in einigen Fällen auch mit Abfindungen in den Vorruhestand schicken, damit die Firma mit den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten könne, sagte SAP-Chef Bill McDermott in Walldorf. Trotzdem soll die Mitarbeiterzahl insgesamt weiter steigen.
SAP-Chef Bill McDermott
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Die Geschäftszahlen aus dem Vorjahr und den Ausblick nahm der Markt durchwachsen auf, die im Dax notierte SAP-Aktie lag am Mittag rund 2,5 Prozent im Minus. Zwar konnte SAP den hochprofitablen Umsatz mit Softwarelizenzen in den Monaten Oktober bis Ende Dezember überraschend kräftig steigern. Das starke Wachstum im weniger gewinnträchtigen Cloud-Geschäft mit Miet-Software aus dem Internet drückte jedoch weiter auf die Rentabilität.

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Cloud-Geschäft entwickelt sich dynamisch

"Investoren werden sich wohl darauf konzentrieren, dass die überraschend starken Lizenzumsätze nicht bis auf die Ebene der Gewinne durchsickern", sagte Analyst Mohammed Moawalla von Goldman Sachs. Das Cloud-Geschäft entwickele sich zwar unverändert dynamisch, die Bruttomargen in diesem Segment blieben aber hinter den Erwartungen zurück.
McDermott geht den Weg des Wachstums in der Cloud unbeirrt weiter. Zuletzt wuchs der Konzern vor allem dank der Nachfrage hier stark - das soll sich nach der Planung fortsetzen. Der Auftragseingang habe im Gesamtjahr 2018 erstmals 10 Milliarden Euro übertroffen, sagte Mucic. "Durch diese ausgezeichnete Geschäftsentwicklung sind wir bestens für weiterhin starkes profitables Wachstum im Jahr 2019 und darüber hinaus aufgestellt."
Angetrieben wird SAP dabei auch von den beiden milliardenschweren Übernahmen der Firmen Callidus und Qualtrics im vergangenen Jahr. Zukäufe in dieser Grössenordnung plant SAP nach den Worten von Chef McDermott in den nächsten ein bis zwei Jahren erst einmal nicht mehr, zunächst sollen Schulden abgebaut werden.

SAP vs Salesforce

Mit den Übernahmen wildert SAP vor allem im Bereich mit Software für den Vertrieb von Unternehmen (CRM) - eine Domäne des US-Konkurrenten Salesforce. "Wir sind sehr entschlossen, den Markt mit CRM-Software aufzumischen", sagte McDermott im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.
Der Amerikaner sieht auch angesichts der aufziehenden Konjunktursorgen rund um einen möglicherweise ungeordneten Brexit oder eine Schwäche in China eher keine grossen Schwierigkeiten für das Unternehmen. "Kein Unternehmen ist vollkommen immun gegen einen Weltwirtschaftsabschwung. Aber SAP ist widerstandsfähiger als andere." Ausserdem setze er weiter grosse Stücke auf China als Markt.
Bis 2023 will der Konzern den Umsatz mit der Cloud verdreifachen, schon 2019 soll das Geschäft währungsbereinigt mit bis zu 39 Prozent stärker wachsen - mehr als Analysten es SAP zugetraut hatten. Der wertvollste deutsche Konzern will in diesem Jahr dann auch seine Profitabilität steigern, das operative Ergebnis soll mit 7,5 bis 11,5 Prozent währungsbereinigt schneller wachsen als der Gesamtumsatz. Für 2020 planen die Walldorfer auch dank der Zukäufe nun ebenfalls mehr Geschäft ein.

Viele Jobs in herkömmlichen Bereichen überflüssig

Weil die Transformation des Marktes für SAP schneller vorangeht, werden viele Jobs in herkömmlichen Bereichen überflüssig. War beim letzten grösseren Personalumbau 2015 vor allem die Cloud ein Grund für den Personalumbau, geht es diesmal auch um Technologien für künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge.
Zuletzt hatte SAP rund 96.500 Beschäftigte. "Nächstes Jahr könnten es 105.000 in unserem Unternehmen sein", sagte McDermott. 2015 hatte der Konzern gut 3.000 Stellen abgebaut und Mitarbeiter dazu bewegt, auf eine andere Position zu wechseln oder mit hohen Abfindungen das Unternehmen zu verlassen, insgesamt aber bei der Beschäftigung weiter zugelegt.
Das aktuelle Programm ziele auf eine noch höhere Zahl, sagte Mucic. "Wenn unsere Berechnungen stimmen, (...), dann sprechen wir hier vielleicht von 4.400 Jobs, also 4,5 Prozent unserer Beschäftigten." Die Gespräche mit den Betriebsräten sollen im Februar beginnen. Die Kosten für das aktuelle Programm sollen zwischen 800 und 950 Millionen Euro liegen. Dem gegenüber stünden Einsparungen von 750 Millionen bis 850 Millionen Euro, die dann für Investitionen in Wachstumsbereiche zur Verfügung stehen sollen




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