Die neue SAP XM 09.06.2016, 23:47 Uhr

So will SAP in den Adtech-Markt einsteigen

Der Software-Anbieter SAP positioniert sich als neuer Player im Adtech-Markt. Im Interview erläutert Johann Freilinger von SAP XM, wie "SAP Exchange Media" die Prozesse im digitalen Mediahandel vereinfachen soll.
(Quelle: SAP Exchange Media)
SAP ist in den digitalen Werbemarkt eingestiegen. Mit der Mittlerplattform SAP Exchange Media (SAP XM) sollen Werbungtreibende mehr Kontrolle und Transparenz beim Einkauf von digitaler Werbung erhalten. "Viele Technologien sind entweder zu spezialisiert oder haben keinen ausreichenden finanziellen und technischen Hintergrund, um weitreichende Veränderungen zu bewirken", meint Johann Freilinger, Mitgründer und Marketingleiter von SAP XM.
Das neue "Online-Media-Netzwerk" SAP XM hingegen schaffe mit der Leistungskraft der Hana-Plattform von SAP die Voraussetzung für eine grundlegende Veränderung im Mediaeinkaufsprozess, so Freilinger. Im Interview mit INTERNET WORLD Business erklärt er, welche Pläne SAP mit der neuen Mittlerplattform hat.
Sie bezeichnen SAP Exchange Media als "Online-Media-Netzwerk“, das den traditionellen Mediaeinkaufsprozess vereinfachen und verkürzen soll. Wie stellen Sie sich das vor?
Johann Freilinger: Die Prozesse im Mediaeinkauf sind heute sehr komplex und unübersichtlich, weil zu viele Parteien involviert sind. Wir haben Werbungtreibenden und Publisher befragt und herausgefunden, dass es auf beiden Seiten den Wunsch nach viel mehr Transparenz gibt. Werbungtreibende wollen wissen, wohin ihr Werbebudget fliesst. Publisher wollen wissen, wer auf ihren Seiten wirbt.

 
Was bietet SAP XM, was andere Adtech-Anbieter nicht bieten?
Freilinger: SAP XM ist ein neues Online-Media-Netzwerk, das Werbungtreibende und Publisher in der Cloud direkt verbindet, ähnlich wie wir das bereits mit SAP Ariba tun - einem digitalen Netzwerk, das heute schon mehr Handelsvolumen hat als Alibaba, Amazon und Ebay zusammen. Dazu kommt, dass 87 Prozent der Forbes Global 2000 bereits SAP-Kunden sind. Das Ziel von SAP XM ist es, Online Advertising für Werbetreibende kontrollierbar und transparent zu machen, und dem Publisher die Transparenz über Kunden sowie eine bessere Monetarisierung des Inventars zu ermöglichen.
 
SAP XM tritt an, die komplexe Adtech-Wertschöpfungskette zu verkürzen und die Werbeauslieferung zu vereinfachen. Ihre Plattform wendet sich an Advertiser und ist eine Demand Side Plattform, eine Data-Management-Plattform, ein Reporting- und Kampagnen-Management-Tool in einem. Wer wird denn Ihrer Ansicht nach aus der Wertschöpfungskette herausfallen, wenn Ihre Plattform den Prozess verkürzt und vereinfacht?
Freilinger: Laut aktuellen Studien kommen heute üblicherweise von 100 Euro Werbeumsatz nur etwa 40 Euro beim Publisher an. Es werden also 60 Euro unterwegs entlang der Wertschöpfungskette verbraucht und nicht in Online-Werbefläche umgesetzt. Mit Zahlen von 2015 berechnet, kostet die Wertschöpfungskette 100 Milliarden Euro. Mit der direkten Verbindung im SAP XM Online-Media-Netzwerk wollen wir diese Transaktionskosten halbieren. Das Ziel ist, dass Unternehmen 70 von 100 Euro in Inventar umsetzen können. Ein immenser Wettbewerbsvorteil, und gleichzeitig eine wesentlich bessere Monetarisierung für Publisher.
 
Wie viel Gebühren verlangen Sie für die Nutzung von SAP XM?
Freilinger: SAP XM wird in der "S/4 Hana“ Cloud-Plattform in Echtzeit betrieben. Die Nutzungs-Fee für Advertiser sind 15 Prozent des Werbeumsatzes, der über SAP XM abgewickelt wird. Der Publisher zahlt ebenfalls eine Gebühr und zwar maximal 15 Prozent. Weitere Kosten fallen nicht an.
 
Damit Targeting gut funktioniert, sind aussagekräftige Nutzerprofile Voraussetzung. Sie wollen dazu First-Party-Daten von den Werbungtreibenden nutzen und diese für die Aussteuerung von digitaler Werbung heranziehen. Können Sie das konkretisieren?
Freilinger: Alles, was wir tun, ist datengetrieben. Heute liegen die Kundendaten sehr oft in Customer-Relationship-Management-Systemen und sind nicht mit digitalen Werbelösungen verknüpft. SAP XM verknüpft die Adtech- und die Martech-Welt. Mit dem Einverständnis der Kunden und unter Einhaltung des deutschen Datenschutzgesetzes nutzen wir die Daten für besseres Targeting und liefern relevantere Werbung aus. Dadurch kann auch Adblocking bekämpft werden.
Wird es in SAP XM auch eine Lösung geben, um das Einverständnis der Nutzer einzuholen, ihre Profildaten für Werbezwecke zu verwenden?
Freilinger: Ja. Wir haben einen langfristigen Bauplan für SAP XM. Im Bauplan enthalten ist ein Customer Privacy Portal, ähnlich wie es beispielsweise Google heute schon anbietet. Der Kunde sieht darin, welche Daten über ihn gespeichert sind und kann angeben, was ihn interessiert.
 
Welche Teile des Bauplans sind denn bereits fertig?
Freilinger: Die Kernfunktion haben wir in Deutschland und in den USA gestartet. Wir fahren gerade Tests mit Publishern und Werbungtreibenden. Die Supply-Side-Plattform Pubmatic, eines der grössten deutschen Medienhäuser und App-Anbieter sind erste Pilotkunden auf der Publisher-Seite. Zu den Pilotkunden bei den Werbungtreibenden zählen Beiersdorf, Deutsche Post DHL, sowie verschiedene Online-Modehändler. Die Agenturen Sinner Schrader, Jung von Matt und Vertic sind Partner. SAP XM wird gemeinsam mit unseren Kunden immer weiter entwickelt.
 
An SAP XM werden weitere Supply-Side-Plattformen angeschlossen, jedoch keine anderen Demand-Side- Plattformen oder Trading Desk. Wie wollen Sie die Budgets der grossen Mediaagenturen oder Werbungtreibenden auf SAP XM bringen, wenn Sie deren Trading Desks nicht anschliessen?
Freilinger: Wir sind offen dafür mit Media-Agenturen zusammenzuarbeiten. Es gibt zweifellos Veränderungen im Markt der digitalen Medien, aber es gibt auch neue und spannende Geschäftsfelder, die hier entstehen.
 
Viele Agenturen haben ja in den letzten Jahren eigene Trading Desks und Targeting-Lösungen aufgebaut. Ihr Modell würde aber bedeuten, dass die Media-Agenturen SAP-Technologie für den Einkauf nutzen und nicht ihre eigene.
Freilinger: Wir arbeiten mit Media-Agenturen zusammen und führen Gespräche mit ihnen. SAP XM trennt das Kaufen und Verkaufen von Werbung von der Beratung, der Planung, der Optimierung und Ad Operations, die ja Aufgaben der Media-Agenturen sind.
 
Auf welcher technologischen Basis sollen die Media-Agenturen mit Ihnen zusammenarbeiten?
Freilinger: SAP XM ist eine Cloud-Lösung. Wir arbeiten mit ausgewählten Mediaagenturen zur Zeit daran, wie dieser Zugang in die Cloud zu SAP XM für Mediaagenturen optimiert werden kann.




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