Münchner Gründer-Festival 26.09.2017, 10:50 Uhr

Marc Samwer: "Nehmt das Geld, wenn es euch die Leute anbieten"

Stefan Raab, Kevin Spacey, Philipp Lahm, Oliver Kahn... die Liste namhafter Speaker auf dem Gründer-Festival Bits & Pretzels in München war lang. Auch populäre Investoren gaben sich die Ehre, darunter Rocket-Internet-Mitgründer Marc Samwer.
Das Gründer-Festival Bits & Pretzels fand vom 24. bis 26. September in München statt.
(Quelle: Bits & Pretzels)
Kevin Spacey ist ein Name, der auch beim zweiten Mal die Menschen lockt: Der Schauspieler erwies schon 2016 dem Münchner Gründer-Event Bits & Pretzels (BP) als Eröffnungssprecher die Ehre. Auch in diesem Jahr war der Hollywood-Star wieder mit dabei und interviewte die Trivago- und Delivery Hero-Gründer Rolf Schrömgens und Lukasz Gadowski. Und nicht nur das.
Wie die BP-Macher Bernd Storm, Andreas Bruckschlögl und Felix Haas auf der Bühne mitteilten, wird Spacey, der als Investor bei diversen Start-ups und Technologieunternehmen aktiv ist, neuer Partner der Messe. Ein grosser Erfolg, nicht nur für die Gründerväter, sondern auch für den Standort München.
Stefan Raab gab vor dem Gründer- und Unternehmerpublikum amüsante Anekdoten zum Besten, darunter auch die Geschichte des Duschkopfs Doosh.
Quelle: Bits and Pretzels
Daneben waren auch TV-Entertainer und Entrepreneur Stefan Raab, Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm und sein Start-up Fanmiles, Andy Cunningham, langjährige PR-Chefin von Steve Jobs und Apple, Kevin Novak, Ex-Head of Data Science bei Uber oder Oliver Kahn, Goalplay & Ex-Kapitän FC Bayern München vor Ort. Kein Wunder, dass 5.000 Tickets ihre Abnehmer fanden.
Fanmiles-Gründer Alan Sternberg (li.) und Fabian Schmidt mit dem prominenten Investor Philipp Lahm.
Quelle: Bits and Pretzels

"You have to be fast and furios"

Einer der spannendsten Sprecher, der es schaffte, trotz zahlreicher polarisierender Aussagen das Publikum zu fesseln, war Marc Samwer, Mitgründer von eBay Germany, Rocket Internet oder Groupon International. Für ihn sollten Gründer zu Beginn ihre Idee auf die Markttauglichkeit testen. Wie stark ist die Idee, in welchen Märkten kann sie funktionieren? Samwer nannte hier das Beispiel "StudiVZ". Ursprünglich mit dem Gedanken eines "Facebooks für Deutschland" an den Start gegangen, mussten die Macher erst jüngst feststellen, dass ihre Idee an der Realität und zu starker Konkurrenz scheiterte.
Auch in Sachen Finanzierung gab Samwer Tipps. Viele Gründer würden sich möglichst viele Optionen offenhalten, nach dem Motto "Da kommt sicher noch eine besser Investition". Der Investor rät hier klar von einer "Überoptimierung" ab. "Nehmt das Geld, wenn es euch die Leute anbieten."
Keine Idee sei einzigartig, die Gefahr, dass ein anderes Start-up in einem anderen Land mit einem ähnlichen oder gleichen Geschäftsmodell schneller und besser ist, sei allgegenwärtig. "You have to be fast and furios", so Samwer. Das sei auch der Gedanke bei der aggressiven Expansion von Groupon gewesen. In Deutschland übernahm Groupon im Mai 2010 MyCityDeal. MyCityDeal war ein Investment der Samwer-Brüder mit Holtzbrinck Ventures.

"Ich mag McKinsey"

Interessante Einsichten gab Samwer auch beim Thema Recruiting und Work-Life-Balance, was bei so manchen Zuhörer für Schnappatmung sorgte. Er würde sich primär bei Unternehmensberatungen wie McKinsey umsehen, da hier smarte Leute zu finden seien, die gut mit Algorithmen umgehen könnten und operative Fähigkeiten hätten.
Man müsste sich hier nach jungen Leuten umsehen, die erst ein bis zwei Jahre im Unternehmen sind. Dann wären sie noch nicht "totally brainwashed" und würden sich noch nicht zu sehr mit der Firma identifizieren. "Don't go for old dogs", so Samwer. Gerade zu Beginn brauche es Leute, die den 24/7-Gedanken verinnerlicht hätten und bereit sind sich zumindest in den Anfangsjahren rein auf das Business zu fokussieren. Das gelte vor allem für Gründer. Die Familie und das Privatleben müssten dafür nun mal zurückstecken.
Essentiell für den Investor und Gründer ist auch die Einheit im Team. "Die Idee muss gut sein, das Team besser", so sein Credo. Egal ob es um Mitgründer oder andere Kollegen geht: Alle müssten auf das gleiche Ziel hinarbeiten. Verlässlichkeit sei mit das grösste Erfolgsgeheimnis, hier profitiere er selbst von der Zusammenarbeit mit seinen Brüdern, so Samwer.
Auf die Publikumsfrage "Würden Sie sich selbst gerne zum Chef haben?", antwortete Marc Samwer: "Ja, natürlich. Man kann viel lernen."
Quelle: Susanne Gillner

"Sucht nach Generalisten"

Der Rocket-Internet-Mann rät, eher nach Generalisten Ausschau zu halten. Es sei denn, es gehe um Themen, bei denen man wirklich Spezialisten benötigt, wie in der IT oder im Performance Marketing.
Arbeite man mit Abteilungen in verschiedenen Ländern zusammen, sei es zudem wichtig, sich auf ein gemeinsames Set an gültigen Metriken zu verständigen. Anhand derer liesse sich dann die Arbeit der verschiedenen Ländern besser vergleichen - und man könnte diese so auch besser gegeneinander "ausspielen", wie Samwer unumwunden zugibt. Also im Sinne von "Wenn Italien diese Erträge erwirtschaftet, warum kann Frankreich das nicht?" Ein interner Wettbewerb schade niemandem und würde die Zufriedenheit und Leistungen aller steigern.
Das Argument "Andere Länder, andere Sitten" lässt Samwer nicht gelten. "Ausreden" wie Wetter, Kultur etc. akzeptiert er bei schlechter Perfomance nicht. "Es gibt keine internationalen Unterschiede, ausser beim Karaoke."
Dazu empfiehlt der älteste Samwer-Bruder auch das Marketing, vor allem das Performance Marketing, von einem Platz aus zu steuern. "Man kann einfach zu viel Geld im Marketing verlieren. Versucht so viel wie möglich zu kontrollieren und zu zentralisieren". Darf also am Ende nur der Verstand regieren? Nein, gibt dann auch Samwer zu. Gerade in Recruiting-Fragen entscheide auch oft das Bauchgefühl.




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