Berliner Start-up 30.04.2018, 11:17 Uhr

Jodel: Wie die Studenten-App Werbekunden überzeugen will

Jodel ist ein Phänomen. Die App wird primär von Studenten genutzt und hat das Potenzial, zu einem der erfolgreichsten deutschen sozialen Netzwerke zu werden. Das Schalten von Werbung soll nun auch das Problem der Monetarisierung lösen.
Das Berliner Start-up Jodel wurde 2014 von Alessio Avellan Borgmeyer gegründet. Eigentümer ist "The Jodel Venture GmbH".
(Quelle: Jodel)
Gejodelt wird längst nicht mehr nur in den Alpen. Auch in Berlin und Hamburg oder in Ländern wie Schweden oder Saudi-Arabien entwickelt sich das Jodeln vor allem bei Studenten zum Volkssport. Die Rede ist dabei nicht vom traditionellen Singsang, sondern von der Social Media App "Jodel", die 2014 vom deutschen Studenten Alessio Borgmeyer gegründet wurde. Er lebt in einer Wohngemeinschaft mit drei Freunden, die ihn bei der Leitung des Start-ups unterstützen: Tim Schmitz ist für die Finanzen zuständig, Niklas Henckell managt die Community und Alexander Linewitsch leitet die Produktentwicklung.

Jodel-Gründer Alessio Avellan Borgmeyer
Quelle: Jodel
Das Konzept

Die Idee dahinter ist so primitiv wie erfolgreich: Nutzer posten Beiträge - Sprüche, Bilder, Gedanken, Meinungen, Fragen (die sogenannten Jodel) - auf eine digitale Pinnwand, die in der App als Newsfeed, dem Picture Feed, ausgespielt wird. Die anonymen Beiträge bekommen User in der Nähe (bis auf zehn Kilometer) angezeigt. Jodel verwendet GPS, um den Standort zu bestimmen.
Die Sprüche können von der Nutzern - die zu 95 Prozent aus 18- bis 26-jährigen Studenten und Akademikern  bestehen - einmalig positiv oder negativ bewertet werden. Je mehr positive Stimmen der Post erhält, umso grösser ist das "Karma", die gesammelten Punkte. Bei einer zu niedrigen Punktzahl wird der Beitrag automatisch entfernt.
Der Newsfeed kann personalisiert und zum Beispiel chronologisch geordnet werden. Auch nach Anzahl der Kommentare oder nach ihrer Bewertung kann sortiert werden. Zudem werden ähnlich wie bei Twitter Hashtags in den Beiträgen verwendet.
Der Newsfeed bei Jodel
Quelle: Jodel
Neu sind darüber hinaus die "Channels" - lokale Interessengruppen, mit der neue Anwendungsmöglichkeiten entstehen. "Durch sie erübrigt sich die Nutzung vieler anderer Apps", so Jodel. "Ab sofort gibt es Nachbarschaftshilfen, Auskünfte, Laufgruppen etc. innerhalb des Jodel-Netzwerks und weiterhin ausschliesslich mit und für Menschen aus der direkten Umgebung des Nutzers."

Hyperlokale Werbung

Ganz sorglos ist das Leben in der Jodel-WG dann aber doch nicht. Dreieinhalb Jahre nach dem Start muss die App finanziert werden. Eine "Millionenreichweite" alleine genügt nicht - auch, wenn alleine in Deutschland die Nutzerzahl "in einen siebenstelligen Bereich" gerutscht sei. Bislang gibt es "nur" Investorengelder aus dem Silicon Valley und Deutschland. Der naheliegendste Coup lautet daher: Werbung.
Nachdem zusammen mit Sky und Spotify Deutschland einige Testphasen für Ads durchlaufen wurden, ermöglicht die Plattform nun das breite Schalten von Anzeigen. Ziel sind hyperlokale Anzeigen. "Für mich sind kleine, lokale Werbe-Deals die Zukunft auf mobilen Endgeräten", so CEO Borgmeyer. Damit, und mit einer "Technologie, mit der Facebook und Instagram nicht mithalten können", will man ran an die Werbegelder.
Das Prinzip dahinter erklärt Jodel folgendermassen: "So wie auch normale User mit ihrem zehn km Radius kommunizieren, erhalten lokale Dienstleister, Produkte oder Shops (theoretisch jeder) die Möglichkeit Beiträge innerhalb eines bestimmten Radius einer Adresse zu promoten und damit lokale und digitale Werbung gleichermassen zu schalten. Mit nur wenigen Klicks, so dass es selbst der Bäcker um die Ecke nutzen kann." Als hyperlokale App und "digitale Litfasssäule" hätte Jodel schon heute viel mehr Reichweite als lokale Tageszeitungen.
Zu den ersten Werbekunden gehören Sky und Spotify (im Bild).
Quelle: Jodel
Aktuell gibt es Anzeigen im Picture Feed in voller Bildschirmgrösse. Eine Schaltfläche mit der Aufschrift "Mehr Anzeigen" führt die Nutzer auf die Landingpage des jeweiligen Advertisers. "Das war das erste, sehr simple Format - einfaches Feed Advertising. Die Creatives waren zwar auf Jodel zugeschnitten, aber nicht lokal. Und eigentlich wollen wir mit Jodel die Nutzer ja lokal miteinander verbinden. Insofern werden wir auch in der Vermarktung künftig noch stärker in diese Richtung gehen", erklärt Borgmeyer dazu gegenüber OMR.com.
Jeder Nutzer bekommt die Anzeige nur einmal zu sehen. Für Werbungtreibende kein billiger Spass: Laut den Mediadaten würde eine Kampagne mit einer Laufzeit von vier Wochen 65.000 Euro kosten, möglich sei auch die Buchung einer zweiwöchigen Kampagne für 32.500 Euro, schreibt OMR.com. Grundsätzlich könne man aber ab 10.000 Euro einsteigen.
Geplant sei künftig auch eine Art Selbstbuchungs-Tool, mit dem man aus der App heraus Anzeigen schalten kann. Genügend Werbepotenzial ist also da - spannend ist nun die Frage, ob die Studenten-App auch genügend Advertiser locken kann. Denn, wie das Beispiel von Snapchat zeigt: Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe.




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