Forscher finden weitere Sicherheitslücke im E-Voting der Post
Bundeskanzlei sieht «Handlungsbedarf»
René Lenzin, stellvertretender Leiter Kommunikation bei der Bundeskanzlei, erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, der Fehler bestätigte einen «Handlungsbedarf». Bereits der am 12. März festgestellte Fehler habe gezeigt, dass die universelle Verifizierbarkeit und damit das «Herz des Systems» nicht funktioniert habe. Das System müsse erkennen, wenn manipuliert worden sei. Die Post ist laut Lenzin aufgefordert worden, ihre Sicherheitsprozesse zu überprüfen und anzupassen, damit solche Mängel verhindert werden könnten. Er bestätigte, dass die Post mit diesen Mängeln die gesetzlichen Anforderungen nicht erfülle.
Der Intrusionstest hat laut Lenzin gezeigt, dass der Ansatz richtig gewesen sei, den Quellcode zu veröffentlichen und einen öffentlichen Intrusionstest durchzuführen. Zum weiteren Vorgehen erklärte er, dass es sicher wieder eine Art von Prüfungsverfahren brauchen werde. Eine Option könnte sein, nochmals eine Zertifizierung und/oder einen öffentlichen Test ins Auge zu fassen. Der Grundsatzentscheid, ob ein E-Voting-System eingesetzt wird, müssten jedoch die Kantone fällen. Sie müssen dazu bei der Bundeskanzlei ein Gesuch stellen, wie Lenzin erklärte.
Die Post relativiert
Die Post ist, wie auf Anfrage mitgeteilt wurde, aktuell daran, den Sachverhalt im Detail abzuklären. Sie stehe dazu in Kontakt mit ihrem spanischen Technologiepartner Scytl. Der festgestellte Fehler würde in jedem Fall bei der Entschlüsselung und Auszählung bemerkt werden, weil das E-Voting-System der Post es grundsätzlich nicht zulasse, ungültige Stimmen abzugeben, relativiert die Post. Es könne daher ausgeschlossen werden, dass mit diesem Szenario unbemerkt Stimmen verändert oder Wahlen manipuliert werden könnten.
Anders sehen das die Gegner der elektronischen Stimmabgabe sowie die Initianten der Initiative für ein E-Voting-Moratorium. Sie stellten denn auch am Montag fest, dass Kritiker seit langem diese Integritätsprüfung als eine «nicht realisierbare theoretische Vorstellung» bemängelten. Nun sei dafür auch der praktische Beweis erbracht worden. Noch deutlicher formuliert dies der Chaos Computer Club Schweiz: Von der universellen Verifizierbarkeit sei das E-Voting-System der Post «so weit weg, wie ein Primarschüler von der Doktorarbeit», schreibt der CCC in einem Communiqué.