Amazons Voice-Assistentin 13.03.2017, 08:10 Uhr

So plane ich eine Alexa-Anwendung für mein Unternehmen

Sprachassistenten sind nicht nur in der heimischen Wohnung ein heisses Thema, auch Unternehmen haben ein Auge auf Alexa von Amazon geworfen. Aber wie plane und setze ich eine Alexa-Anwendung erfolgreich für mein Unternehmen um?
Amazons Echo spricht dank Voice-Assistentin Alexa.
(Quelle: Amazon)
Von Klaus Täubrich, Geschäftsführer der Agentur FürstvonMartin
Ausnahmsweise starten mal wieder alle bei Null: Beim Entwickeln von Anwendungen für Sprachassistenten oder Chatbots gibt es hierzulande wenig echtes Expertenwissen. In Deutschland sind bisher nur vereinzelt namhafte Firmen bei Amazons Sprachassistentin Alexa mit Informationen oder Anwendungen präsent. Für Unternehmen wird dieser neue Kanal allerdings schnell zahlreiche Möglichkeiten bieten, ihre Kunden direkt und gewinnbringend zu erreichen: Ob Essen bestellen, Blumen verschicken, einen Termin bei der Autowerkstatt ausmachen, einen Mietwagen bestellen oder vieles mehr - diese neue sprachbasierte Kommunikation mit dem Kunden läuft bei Amazon über sogenannte Skills, die vergleichbar mit Apps sind. Skills können einfach Fragen beantworten, aber auch komplette Dialoge abdecken.
Folgende Schritte sollten Unternehmen für eine erfolgsorientierte Skill-Entwicklung für Alexa beachten:

1. Plattform und Markt

Beim Entwickeln von Skills sollten Sie sich natürlich zuerst überlegen, was sie anbieten möchten und ob das eine Chance hat, erfolgreich durch den Kunden genutzt zu werden.
Voraussetzung hierfür: Installieren Sie sich zügig einen Amazon Echo zu Hause oder im Büro (idealerweise in Kombination mit den Echo dots für jeden Raum), um zu lernen, wie das Gerät funktioniert und wie ganz unterschiedliche Menschen mit Alexa im Alltag umgehen. Wer Alexa verstehen will, sollte sie ganz viel nutzen. Denn zwischen Branchen und Produkten übertragbare Erfahrungswerte gibt es bisher nur wenige, sprachgesteuerte Kommunikation als Dialog zwischen Mensch und Maschine ist noch ein Lernprozess.
In den USA gehören zu den meistgenutzten Alexa-Anwendungen beispielsweise die der Unternehmen Uber (Taxi), Dominos (Pizza) und 1-800-Flowers (Blumen). Schon auf Platz neun findet sich aber eine Finanz-Anwendung der Bank Capital One mit vielen Funktionen.
In Deutschland sind zum Beispiel die Deutsche Bahn und Wikipedia sehr aktiv. Intensiv genutzt wird Alexa aber auch zum Musikhören beispielsweise von Spotify oder Radiosendern, zur Abfrage des Wetters und als Wecker.
Skills entwickeln und bei Amazon hochladen können prinzipiell alle Unternehmen. Das Sortieren und Bewerten der angebotenen Skills funktioniert dabei ähnlich wie im Appstore: Die Skills sind jeweils einer Kategorie zugeordnet und werden je nach Bewertung und Nutzung durch die User aufgelistet.

2. Team und Budget

Wer trägt die Verantwortung, wo wird das Skill-Projekt gebündelt? Bei neuen innovativen Aktivitäten reden gerne viele Abteilungen mit. Es lohnt sich allerdings, von Beginn an über nachhaltige Strukturen nachzudenken.
Sprachsteuerung erfordert auch eine neue Form von Content und sollte daher in den dafür zuständigen Abteilungen verortet sein. Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, beim ersten Chatbot-Projekt mehrere Abteilungen kommunikativ zu integrieren, denn umso schneller verbreitet sich das Wissen über Sprachsteuerung im Unternehmen.
Alexa-Projekte sind von der Projektstruktur ähnlich dem Bau einer Website oder App. Es muss daher ein geeignetes Team aus Projektleitung, Konzeption und Programmierung geben. Haben Sie sich für den Bau einer Anwendung entschieden, sollte das notwendige Budget bereitgestellt werden.
Die Aufwände für die erste Version werden noch überschaubar sein. Durch das Weiterentwickeln der technischen Möglichkeiten der Chatbots wird aber auch der Funktionsumfang schnell steigen und damit auch die Kosten. Entwicklungskosten für Alexa Skills entsprechen in etwa der von App-Projekten.

3. Konzeption und Programmierung

Beim Entwickeln sprachgesteuerter Skills muss neu gedacht werden: Es geht nicht mehr um klassische Visualisierung, sondern um Sprachkonzepte. Diese Voice-User-Interfaces (VOI) basieren auf den jeweils aktuellen technischen Möglichkeiten der Plattformen wie Alexa. Um VOIs erfolgreich zu gestalten, bedarf es einer hohen Kompetenz in diesem Bereich.
Bei der Gestaltung der Kommunikation mit Alexa gibt es zwei grundsätzliche Ansätze:
  • Zum einen das "One-Shot"-Model, welches durch eine einfache, schnelle Art die Kommunikation mit den Skills ermöglicht. "One Shots" eignen sich beispielsweise für einfache Fragen wie "Alexa, wie spät ist es?" oder "Alexa, wie wird das Wetter morgen?".
  • Zum anderen das Model "Dialog", das für kommerzielle Anwendungen die zentrale Rolle spielen wird. Beim Dialog-Model werden die Skills geöffnet (etwa durch "Alexa, starte Deutsche Bahn") und anschliessend können mehrstufige Dialoge ausgeführt werden. Dabei können Daten des Nutzers abgefragt, gespeichert, verändert oder gelöscht werden. Die eindeutige Identifikation des Nutzers bei Alexa erfolgt über die AMAZON.UserProfil_ID.
Das Beispiel eines Blumenversenders erklärt die Funktionsweise:
Kunden können mit Alexa einen Blumenstrauss aussuchen und an eine beliebige Adresse zu einem Wunschdatum versenden. Damit die Kunden erkannt werden können, melden sie sich bei der Aktivierung der Skills einmalig an und hinterlegen die relevanten Daten und nötigen Zahlungsinformationen. Die erfolgreiche Bestellung durch den Nutzer erfolgt dann über Schlüsselwörter, wie zum Beispiel "bestelle" oder "kaufe". Nur wenn der Nutzer diese Schlüsselwörter richtig anwendet, wird der Blumenstrauss versendet. Sonst antwortet Alexa lediglich: "Ich verstehe deine Frage nicht!"

Alexa-Skills können nur durch kompetente Programmierer erstellt werden. Der Vorgang ist schlicht zu komplex, um von Laien durchgeführt zu werden. In der Regel wird dabei auf bestehende Schnittstellen wie eigene Datenbanken oder Server zugegriffen. Es ist selten notwendig, komplett neue Datenstrukturen für die Sprachwelt aufzubauen. So können meist vorhandene digitale Angebote relativ einfach auf den neuen Kanal "Sprache" verlängert werden. Beim Umsetzen der Konzeptideen durch die Programmierer, wird man allerdings auch immer wieder auf Einschränkungen stossen, da noch nicht jede Idee sofort realisierbar ist und die Möglichkeiten oft nur durch "learning by doing" herausgefunden werden.
 
Entwickeln Sie daher zum Start einfache und gut funktionierende Use-Cases, die schnell umgesetzt werden können. Planen Sie aber gleichzeitig die weitere Entwicklung und überlegen Sie, wie sie der Konkurrenz qualitativ immer einen Schritt voraus sein können.

4. Betrieb und KPIs

Sobald die Skills fertig gestellt sind, werden sie bei Amazon hochgeladen und können dann durch die Nutzer aktiviert werden. Damit eigene Skills schnell gefunden werden, sind gute Bewertungen durch die Nutzer und das kontinuierliche Optimieren und Weiterentwickeln der Funktionalitäten wichtig. Die Skills werden sonst schnell deaktiviert und die der Konkurrenz aktiviert. Ähnlich wie bei Apps ist es genauso wichtig, Skills auf anderen Kanälen zu bewerben, damit potenzielle Kunden überhaupt aufmerksam werden und das Angebot nutzen. Nebeneffekt der Werbung: Das anbietende Unternehmen wird zusätzlich als innovativ wahrgenommen.
 
Auch wenn die Zahl der verkauften Echos und Dots noch nicht so hoch ist, die Zahl wird schnell steigen und weitere sprachgesteuerte Plattformen von Google und Apple kurzfristig folgen.
Meine Prognose: Chatbots werden in den nächsten Jahren ein wesentlicher Businessfaktor. Deshalb ist die Definition von Erfolgsfaktoren zum Bewerten der Aktivitäten von Anfang an sinnvoll. Dazu gehören zum Beispiel KPIs wie die Zahl der Aktivierungen, die Aufrufe der Skills und die durch sie generierten Umsätze. Ebenso ist das Überprüfen der Skills auf Abbrüche im Dialog wichtig, um gegebenenfalls das Kundenerlebnis zu optimieren.
 
Chatbots werden die digitale Welt nachhaltig beeinflussen und viele existierende Geschäftsmodelle komplett verändern. Daher sollte jedes kommerzielle Unternehmen genau wissen, wie diese neue Welt funktioniert und welches das geeignetste Angebot für die eigenen Kunden sein wird. Sprachanwendungen sind Teil der Content-Marketing-Aktivitäten und müssen inhaltlich mit den bestehenden Kanälen abgestimmt und nicht als Insellösung entwickelt werden. Nur dann werden Kunden schnell Gefallen an den neuen Angeboten finden und sie auch intensiv nutzen - die zentrale Grundlage für kommerziellen Erfolg.




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