Der Fall Getty Images 17.03.2018, 14:01 Uhr

Bildnutzung bei Google: Am Urheber vorbei

Die Diskussionen um die Bildnutzung durch Google haben neue Fahrt aufgenommen. Doch der Status bleibt: Urheber müssen sich im Internet weiterhin selbst schützen.
(Quelle: shutterstock.com/GongTo)
Einen zähen Rechtsstreit konnten die Bildagentur Getty Images und der Suchmaschinenkonzern Google jetzt beilegen. Streitpunkt war der Umgang mit Getty-Bildern in Googles Bildersuche. Getty Images hatte zuvor  unter anderem bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt, denn seit Google Anfang 2016 die Ergebnisse der Bildersuche um eine Vorschauanzeige erweitert hat, brauchen User die Quellseite eines Bildes nicht mehr zu besuchen.
Für Getty Images hatte der Rechtsstreit ein sehr glückliches Ende: Die Einigung mit Google lässt die Bildagentur zum Partner der Suchmaschine werden. Auch die ungeschützte Anzeige von Getty-Bildern passte Google für das Unternehmen an. Doch nur weil Getty Images ruhig gestellt ist, sind die eigentlichen Probleme für andere Seitenbetreiber nicht gelöst.
Keine Hinweise bei Voranzeige zu Urhebern und Nutzungsrechten von Bildern

Google führt User nicht direkt zur Quellseite

Google verbindet seit etwa einem Jahr die Suchergebnisse bei Bildern mit einer Voranzeige. Weiterhin gibt es die kleinen Vorschaubilder (Thumbnails) als Ergebnis­anzeige, doch anders als zuvor führen die Links dahinter nicht mehr direkt zur jeweiligen Quellseite. Angewählte Bilder erscheinen seither sowohl auf dem Desktop als auch auf Mobilgeräten als Vorschau in besserer Auflösung. Über die Browserfunktionen können sich User die Bilder problemlos in maximaler Grösse anzeigen lassen oder direkt speichern. Aus diesem Umstand ergab sich der Vorwurf von Getty Images, Google würde die Bildpiraterie begünstigen.
Auch Stephan Krömer, Geschäftsführer der Bildagentur Shotshop, teilt diese Ansicht: "Da verhält es sich ähnlich wie mit Kopierschutzfunktionen: Für manchen Normalnutzer mag es eine Hürde sein, der versierte Raubkopierer nimmt diese jedoch spielend."
Der Service für die Google-Nutzer wird somit zum Problem der Urheber von Bildmaterial im Internet. Denn durch die Voranzeige müssen User Google gar nicht mehr verlassen, um sich Bilder im Detail anzusehen oder sie zu speichern. Eine Abweichung von gewohnten Funktionen. "Ganz anders als in der Textsuche, in der ein Besucher nur einen Teaser erhält und auf die Seite wechseln muss, um den ganzen Inhalt zu sehen", erklärt Robert Walters, Gründer der Bildagentur Panther Media. Darin liegen weitere Schwierigkeiten für Seitenbetreiber. Denn die aktuelle Google-Bildanzeige führt weder direkt zur Quellseite, noch gibt sie Auskunft zu Urheber und Verwendungsrecht der angezeigten Fotos und Grafiken. "Der Hinweis 'Die Bilder sind eventuell urheberrechtlich geschützt' ist irreführend und lädt geradezu zum Missbrauch ein", meint Walters.

Trotz BGH-Urteilen bleiben viele Fragen offen

2010 nahm sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Urteil "Vorschaubilder" eines Fallbeispiels und damit der Diskussionen um die Verwendung von Bildern durch Suchmaschinen im Internet an. Die speziellen Thumbnails von Google erhielten dabei ihre Berechtigung, da sie nicht zuletzt Voraussetzung für die Funktionsweise der Suchmaschine sind. Entscheidend ist dabei auch, dass Seitenbetreiber mit der Veröffentlichung von Bildern auf ihren Seiten der Verwendung dieses Materials durch Dritte in gewisser Weise zustimmen.
Zumindest gegenüber Google erkennt der BGH dies so an. Denn wollte ein Betreiber sein Bildmaterial nicht als Thumbnail bei Google entdecken, so besteht die Möglichkeit, der Suchmaschine den Zugriff zu verweigern. Verbieten Skripte und Meta-Tags dem Google-Bot, die Inhalte bestimmter Seiten zu durchsuchen, wird Google keine Vorschaubilder zu dieser Web-Präsenz erstellen. Allerdings fallen damit auch alle anderen Vorzüge bei Google weg. Kann die Suchmaschine Seiten nicht durchsuchen (crawlen), entfällt das Ranking. Seiten, die den Google-Bot verbieten, werden auch bei der Textsuche nicht in der Ergebnisanzeige aufgeführt. Doch wie ist es möglich, Fotos und Grafiken zu schützen, ohne die Vorzüge bei Suchmaschinen einzubüssen?

Natur des Internets: Kein hundertprozentiger Schutz

"Einen hundertprozentig präventiven Schutz gibt es leider nicht, das liegt schon in der Natur des Internets", meint Stephan Krömer. So wie die Bilder durch Seitenbetreiber im Internet abgelegt werden, können Dritte diese auch abrufen. Für Urheber bleibt neben Bildschutztechniken und spezieller Software meist nur die Anpassung des Werkes selbst. Robert Walters empfiehlt hier "neben einem Wasserzeichen die Kennzeichnung des Urhebers und der Nutzungshinweise am oder im Bild sowie die Integration von Logos".
Auch technische Lösungen über die Web-Seite sind weit verbreitet. Die Zugriffskontrolle per .htaccess-Datei, die Deaktivierung der rechten Maustaste im Browser oder die Überlagerung eines Bildes mit einer unsichtbaren Grafik im Seiten-Skript sind übliche Schutzmassnahmen.
Einfacher wäre natürlich eine allgemeine Lösung durch die Suchmaschinen. Ein richtiger Schritt von Google war die Entfernung des "Bild ansehen"-Buttons, der ein Bild der Voranzeige in der maximalen verfügbaren Grösse lieferte. Weitere Schritte müssen folgen und dabei muss nicht viel verändert werden: "Ein Zwischenschritt könnte es sein, neben der Quellseite zum Originalbild weitere Metadaten wie Urheber, rechtlicher Status oder Lizenzinfos zu einem Bild anzuzeigen", meint Walters. Die Einbindung belastbarer Aussagen und expliziter Hinweise könnte über die Inhalte der Web-Seiten durch die Seitenbetreiber selbst vorgenommen werden.
Mit der Einbindung eines Links und dem Hinweis "Sie haben hier die Möglichkeit, legale Nutzungsrechte zu erwerben" könnte Google die Diskussionen mit Urhebern in eine bessere Richtung lenken. Bis dahin kommen Seitenbetreiber und Urheber im Internet nicht um die angesprochenen Schutzmassnahmen herum.

Interview: Aktuelle Rechtslage

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Bundesgerichtshof haben Urteile gefällt, die Google betreffen. Nadja Marquard ist Rechtsanwältin (Senior Associate) bei HK2 Rechtsanwälte. Sie erklärt die rechtlichen Hintergründe.
Nadja Marquard, Rechtsanwältin bei HK2 Rechtsanwälte
Welche Publikationen auf Web-Seiten fallen unter das Urheberrecht?
Nadja Marquard: Geschützt sind "Werke", die eine persönliche geistige Schöpfung des Schaffenden darstellen. Es muss nicht gleich ein Picasso sein; das Werk sollte sich jedoch durch ein gewisses Mass an Individualität und Kreativität auszeichnen. Bestimmte Werke, zum Beispiel Fotos, sind immer geschützt.

Müssen Seitenbetreiber auf ihr Urheberrecht explizit hinweisen?
Marquard: Ist der Seitenbetreiber selbst Urheber, muss er nicht explizit auf sein Urheberrecht hinweisen. Urheberrechte entstehen im Zeitpunkt der Werkschöpfung. Eine Kennzeichnung mit einem Copyright-Hinweis (©) ist nicht erforderlich. Verwendet der Seitenbetreiber urheberrechtlich geschütztes Material eines Dritten, kann dieser darauf bestehen, als Urheber genannt zu werden.
Warum darf Google aus allen Fotos und Grafiken im Internet ein Vorschaubild für die Bildsuche erstellen?
Marquard: Die Begründung hängt davon ab, wie die Darstellung der Vorschaubilder in den Suchergebnissen technisch funktioniert: Beruhen die Vorschaubilder auf einem elektronischen Verweis auf eine fremde Internet-Seite (Link, Frame, Embedded Content), stellt diese Verknüpfung bereits keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung einer Suchmaschine dar. In diesem Fall werden die Bilder lediglich angezeigt. Wenn Google die Bilder speichert, um sie als Vorschaubild anzuzeigen, liegt hingegen eine relevante Nutzungshandlung vor. Das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung ist betroffen und die Anzeige als Vorschaubild bedarf grundsätzlich seiner Zustimmung. Wenn der Urheber Bilder im Internet zugänglich macht, ohne die Anzeige seiner Bilder technisch zu beschränken oder die üblichen Mechanismen zur Verhinderung der Indexierung zu verwenden (zum Beispiel in den Meta-Tags oder einer robots.txt-Datei), muss er damit rechnen, dass diese als Vorschaubilder in den Suchergebnissen angezeigt werden.

Warum brauchen Seitenbetreiber der Verwendung ihrer Bilder als Google-Vorschaubild nicht zuzustimmen?
Marquard: Die Rechtsprechung unterstellt einem Urheber, der seine Bilder ohne Vorkehrungen ins Internet einstellt, eine unwiderrufliche, nicht entkräftbare "schlichte" Einwilligung in die üblichen Nutzungen durch eine Suchmaschine. Grund dafür soll die wichtige Rolle der Suchmaschinen für das Internet sein. Werden also nicht die technisch vorgesehenen Wege zur Untersagung der Nutzung durch Suchmaschinen beschritten (Meta-Tags oder robots.txt), wird das als Zustimmung gewertet - ein rechtlich sehr umstrittene Lösung, die aber zu
einem praktikablen Ergebnis führt.
Wird das Bild lediglich angezeigt, ohne dass der Suchmaschinenbetreiber die Bilder speichert (zum Beispiel durch Verlinkung), liegt bereits keine Verletzung des Urheberrechts vor, sodass es einer Zustimmung durch den Urheber nicht bedarf. Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe wird in diesem Fall nur dann verletzt, wenn die Suchmaschine von der fehlenden Erlaubnis des Urhebers wusste oder hätte wissen müssen. Unzulässig ist nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH die Verlinkung zu wirtschaftlichen Zwecken auf Bilder aus erkennbar rechtswidrigen Quellen




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