Vom Trend zum Standard 29.12.2017, 10:03 Uhr

Influencer Marketing: Erwachsen und doch unübersichtlich

2017 war das Jahr, in dem ein viel belächelter Trend zu einer professionellen Branche heranwuchs: Influencer Marketing wird erwachsen und bleibt doch unübersichtlich.
(Quelle: shutterstock.com/Julia Tim)
Wenn sich ein Jahr dem Ende zuneigt, werfen Unternehmen aller Branchen einen Blick zurück auf die letzten Monate. Wer 2017 im Influencer Marketing aktiv war, wird sich gern erinnern, denn diese Branche hat in nur einem Jahr einen gewaltigen Sprung nach vorn ­gemacht. Agenturen, Werbungtreibende sowie Influencer und ihre Netzwerke ­haben die Professionalisierung derart ­vorangetrieben, dass aus einem Trend ein lukratives Marketing-Instrument wurde.
Viel Aufmerksamkeit erhielt das Video-Format "#DeineWahl - YouTuber fragen" zur Bundestagswahl 2017. Noch vor den grossen Rundfunk- und Medienagenturen führten Influencer Live-Interviews mit den Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz. "Auch die Politik hat verstanden, wie der Dialog mit jungen Zielgruppen auf Augenhöhe funktioniert", erklärt Sebastian Romanus, Geschäftsführer der Agentur Studio71. Stephan Czaja, Influencer-Experte von Social Media One, sieht ebenfalls diese Entwicklung und geht sogar noch weiter: "Influencer­ rücken ­immer mehr in den Mittelpunkt der ­Gesellschaft. Es ist nicht mehr nur ein Phänomen innerhalb der Jugend."

Eine schwer zu ­erschliessende Disziplin

Obwohl das Influencer Marketing für einige Unternehmen eine schwer zu ­erschliessende Disziplin bleibt, erhält die Branche so viel Aufmerksamkeit wie nie zuvor. Zahlreiche Unternehmen und Marken führten 2017 Testkampagnen durch. Immer seltener erfolgte dies nach dem "Giesskannenprinzip". Sie wurden planvoll und zielgerichtet angelegt.
"Influencer-Marketing wird mit effizientem Tracking und KPI-basierten Kampagnen erwachsen", meint Christoph Kastenholz, CEO der Influencer Agency Pulse Group. Ein besonderer Erfolg der Branche ist in diesem Zusammenhang auch die Etablierung der Micro Influencer, die mit Glaubwürdigkeit und Nischenexpertise eine steigende Relevanz bekommen. "Werbetreibende haben erkannt, wie effektiv die Kombination aus Macro- und Micro-Influencern ist. Dieser Trend wird sich sicherlich auch 2018 fortsetzen", erklärt Philipp John, COO der Agentur Reachhero.

Grosse Fortschritte in einem unübersichtlichen Markt

Trotz aller Fortschritte bleibt der Markt der Branche für Aussenstehende eine unübersichtliche Herausforderung. Unternehmen, die sich für das kommende Jahr vornehmen, Influencer Marketing für sich zu entdecken oder besser zu nutzen, sehen sich einer Vielzahl von Agenturen gegenüber. Viel zu oft werden dabei Angebote auf die Zahl der Follower etablierter Macro Influencer reduziert. Wer danach urteilt und auswählt, kann schnell enttäuscht werden.
"Es gibt YouTuber, die mit einer Million Abonnenten monatlich ein paar 100.000 Views verzeichnen. Andere haben nur 250.000 Abonnenten, erzielen in derselben Zeit aber mehrere Millionen Views", erklärt Michael Frenzel, Social-Media-­Experte und Dozent an der HMKW Köln.
Auch jene Agenturen, die für diesen Beitrag befragt wurden, taten sich mit den Angaben zu ihren Influencern schwer oder haben darauf verzichtet. Denn so beeindruckend Hunderttausende Follower auch sind, gibt diese Zahl keine Auskunft zur Reichweite und Performance einer Kampagne oder ihre Aussichten. Instagram- und YouTube-Profile werden auch von Usern besucht, die keine registrierten Follower sind, und so verbreiten sich die Posts der Influencer auch ausserhalb der Netzwerke. Daher kommt es auf die Kombination aus Qualität der Influencer-Beiträge und gewünschter Zielgruppe an.
Unternehmen und Marken, die weiterhin annehmen, dass sich die Influencer von heute und morgen mit einfachen Werbegeschenken oder Produktproben vergüten lassen, werden wenig Erfolg mit ­diesem Marketing-Instrument haben. Zahlreiche dieser kleinen und grossen Medienstars ­arbeiten mittlerweile hoch professionell. "Influencer erbringen eine Media- und Kreativleistung und diese Arbeit muss entsprechend honoriert werden", meint Björn Wenzel, Geschäftsführer der Influencer-Agentur Lucky Shareman.
Wie wirkungsvoll Influencer-Kampagnen sein können, zeigt das Parfüm "Created by the community!" von Shirin David. Die YouTuberin bat ihre Community im Vorfeld darum, ihr bei der Entwicklung eines Duftes zu helfen. Vier bis fünf Fragen mussten die Fans dafür beantworten und 350.000 User nahmen teil. Als das Parfüm dann in den deutschen Handel kam, war es innerhalb von nur drei Monaten komplett ausverkauft. Auch diese Idee stammt aus 2017 und ist gewiss nur ein Beispiel für eine gelungene Influencer-Kreation.




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