LG München 31.03.2016, 10:34 Uhr

Adblock Plus gewinnt auch gegen Süddeutschen Verlag

Für die Publishing- und Werbebranche ist es bereits die fünfte Niederlage: Schon wieder hat ein Landgericht entschieden, dass der Vertrieb von Adblock Plus legal ist. Geklagt hatte diesmal der Süddeutsche Verlag.
(Quelle: shutterstock.com/StockPhotoAstur)
Auch wenn die Entscheidung nicht überraschend kommt, ist sie für die Publishing- und Werbebranche doch ein Schlag ins Gesicht: Zum fünften Mal hat nun ein Landgericht entschieden, dass der Vertrieb eines Werbeblockers legal ist. Erneut ging es in der Klage um die Kölner Firma Eyeo, die mit ihrem Adblock Plus klarer Marktführer unter den Werbeblockern in Deutschland ist. Geklagt hatte diesmal der Süddeutsche Verlag.
Wie andere Publisher-Kollegen auch, wirft das Medienhaus Eyeo vor, dass das Geschäftsmodell illegal sei und jährlich Schäden im "mittleren sechsstelligen Euro-Bereich" verursachen würde, da es den Vertrieb von Werbung auf der Webseite süddeutsche.de gezielt behindere. Adblock Plus greife in den "impliziten Vertrag zwischen Verlag und Leser" ein.

Schall und Rauch

Argumente, die für das Landgericht München offenbar wenig Überzeugungskraft hatten: Es hat entschieden, dass es legal ist, Werbung auf frei zugänglichen Webseiten zu blocken und dem Nutzer dafür ein "leicht verständliches" Tool an die Hand zu geben. Dabei erklärte der Richter, dass kein Vertrag zwischen Nutzer und Verlag bestünde, der den Nutzer zur Konsumierung der Werbung verpflichten würde.
Ein Dauerbrenner in den Gerichtsverhandlungen ist seit jeher das Thema "Acceptable Ads" beziehungsweise die zugehörige Initiative. Diese wurde von Eyeo selbst ins Leben gerufen und ist der Branche ein Dorn im Auge, nimmt sich das Unternehmen doch damit das Recht heraus, selbst zu definieren, was akzeptable Werbung ist. So sind das nach Eyeo etwa Anzeigen, die "nicht animiert, klar als solche gekennzeichnet sind" und den Lesefluss nicht unterbrechen. Das Unternehmen sieht sich als Sprachrohr des Users, das die Freischaltung von Werbungtreibenden und Publishern, die sich an die von den "Nutzern" akzeptierten Kriterien halten, ermöglicht. Bei diesem sogenannten Whitelisting - für viele Marktteilnehmer reiner Hohn - werden Unternehmen zur Kasse gebeten, damit ihre Anzeigen ausgespielt werden.
Auch hier entschied das LG München nun, dass das Geschäftsmodell der Acceptable Ads Initiative zulässig sei. Letztlich sei es für Verlage sogar entgegenkommend, da es auf der Absicht beruht die Webseite zu erhalten, nicht diese zu zerstören. Schlussendlich erklärten die Richter, dass die Gesetzgebung nicht dazu verpflichtet sei die Geschäftsmodelle der Verlage zu retten oder aufrechtzuerhalten.
Für Eyeo ist das Urteil erwartungsgemäss eine "gute Nachricht". Das Unternehmen sieht seine Auffassung bestätigt, "dass ein Kompromiss zwischen Publisher und Adblocke-Nutzer notwendig ist, damit alle Seiten langfristig profitieren."
Ein sehr kleiner Tropfen auf dem heissen Stein für den Kläger: Die Richter stellten immerhin fest, dass Eyeo und der Süddeutsche Verlag tatsächlich konkurrierten, wodurch nach dem Wettbewerbsrecht geklagt werden könne, so heise.de. Dieser Aspekt war bei vorangegangenen Klagen anderer Publisher strittig.

Kampf auf allen Ebenen

Bis jetzt sind insgesamt fünf Medienhäuser gegen Eyeo gerichtlich vorgegangen - alle mit wenig Erfolg. Neben dem Süddeutschen Verlag waren schon Axel Springer, die RTL Group, ProSiebenSat1 und Zeit Online/Handelsblatt juristisch aktiv. Alle können nun Berufung einlegen beziehungsweise haben dies teilweise schon getan. Hier muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.
Aber auch auf anderen Ebene kämpft die Branche: Die Mediengruppe RTL hat bereits einige Massnahmen ergriffen, um die Adblocker-Community aufzuklären und "deren Motivation zu verstehen". Seit 2014 wurde beispielsweise die Werbung auf RTL.de, RTLNext.de, VIP.de oder VOX.de drastisch reduziert, was laut RTL zu einem ausgewogeneren Verhältnis von Inhalt und Werbung sorgt. Die Seiten würden den Usern besser gefallen und die Werbung grössere Akzeptanz finden.
Bild.de hingegen geht seit Oktober vergangenen Jahres auf radikaleren Wegen: Nutzer von Werbeunterdrückern bekommen keine Inhalte mehr auf Bild.de zu sehen. Es sei denn, sie schliessen ein monatliches Abonnement ab. Ähnliches versucht Gruner + Jahr auf Geo.de. Nutzer können entweder den Blocker ausschalten oder wahlweise einen Tagespass für 99 Cent oder einen Wochenpass für 4,99 Euro kaufen.
Im Dezember 2015 äusserte sich Eyeo offiziell zum Finanzierungsmodell und gab kleine Einblicke. Die - wenig neue - Kernaussage: "Wir erhalten Spenden von unseren Nutzern aber der Hauptteil der Einnahmen resultiert aus der Acceptable Ads Initiative", so die Firma hinter Adblock Plus. Bestätigt wurde damit aber tatsächlich offen, dass "die grössten Konzerne auf der Whitelist eine Lizenzgebühr für den administrativen Aufwand seitens Adblock Plus zahlen". Für kleine Unternehmen und Webseiten von Privatpersonen - das sind laut Eyeo etwa 90 Prozent - seien die Whitelisting-Leistungen von Adblock Plus vollkommen gratis.



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