Was erwartet uns? 26.09.2022, 11:02 Uhr

Technologietrends – das bringt die Zukunft

Von Smart Home über Fotografie bis hin zu Gaming: Lesen Sie, welche neuen Produkte und Trends Sie in den nächsten Monaten erwarten.
(Quelle: Shutterstock/thinkhubstudio)
Das Schöne und gleichzeitig Mühsame an der Tech-Welt ist die ständige, schnelle Veränderung. Sie macht den Alltag zwar spannend, aber auch herausfordernd. Schauen wir uns an, welche Veränderungen in den Kategorien «Smart Home», «Fotografie», «Gaming» sowie «Video & TV» in den nächsten Monaten auf uns warten.

Smart Home

Das Thema «Smart Home» kommt mehr und mehr im Mainstream an. Nachdem erste Generationen grösstenteils witzige, aber eher nutzlose Gadgets hervorbrachten, erscheinen zunehmend Smart-Home-Geräte, die wirklich praktisch sind. Smarte Küchenmaschinen mit eingebauten Rezepte-Plattformen sind ein gutes Beispiel dafür. Das führt aber auch dazu, dass einige logistische Herausforderungen gelöst werden wollen. Mehr und mehr Geräte im Haushalt fordern die Netzwerkverteilung. Hier kommen Mesh-Systeme ins Spiel. Statt einem zentralen Router mit allfälligen Repeatern, die als jeweils einzelner Zugriffspunkt dienen, bieten Mesh-Systeme eine viel flexiblere, fliessende Netzwerkverteilung. Sie platzieren die einzelnen Module im Haus und das Netzwerk verteilt sich quasi von allein.
Da Mesh-Systeme mit den Endgeräten kommunizieren können, gibt es auch keine langsamen Wechsel von einem Zugangspunkt zu einem anderen, Bild 1. Vielmehr springen Endgeräte schnell und unkompliziert zwischen den Mesh-Modulen hin und her, während Sie sich im Haus bewegen.
Bild 1: Mesh-Router bringen das Netzwerk in jede Ecke des Hauses
Quelle: Orbi
Genau in die andere Richtung geht die Verwaltung der vielen Smart-Home-Geräte. Hier macht sich ein Trend zur Zentralisierung bemerkbar. Eine App für die Glühbirnen, eine andere für den Kühlschrank und 27 weitere Apps für jedes einzelne Gadget im Haus ist schlicht nicht praktisch. Entsprechend versuchen gerade grosse IoT-Anbieter (Internet of Things), die Nutzer auf eine konsolidierte Plattform zu locken. Das geschieht vor allem über die bestehenden Sprachassistenten von Google, Apple oder Amazon. Mangels einer anderen zentralisierten App können Sprach­assistenten und die damit verbundenen Apps am ehesten zentralen Zugriff auf alle Smart-Home-Geräte geben. Wie bei aller Zentralisierung ist das praktisch, birgt aber Gefahren, allem voran die technologische Abhängigkeit von einem grossen IT-Unternehmen.
Ebenfalls ein grosser Teil der Assistentensysteme ist künstliche Intelligenz (KI). Diese wird das Smart Home zunehmend prägen. KI-Systeme werden gesammelte Daten analysieren und versuchen, Ihren Alltag zu vereinfachen. Darauf muss man sich aber einlassen. Nicht alle wollen einen digitalen Assistenten für alles. Viele haben die inhärente Imperfektion der Menschen akzeptiert und sehen das Streben nach vollkommener Perfektion als zum Scheitern verurteilt an – aber bleiben wir beim Technischen.
Aktuell sind die KI-Assistenten durchaus in Ordnung, aber noch lange nicht so nützlich, dass sie wirklich einen grossen Unterschied im Alltag eines durchschnittlichen Menschen machen würden – ganz zu schweigen von der Datenschutz-Zeitbombe, die nur darauf wartet zu platzen, Bild 2.
Bild 2: KI-Assistenten wie Apples HomePod sollen bei der Steuerung der Geräte helfen
Quelle: Apple
Ebendieses Problem wird aktuell fleissig in Angriff genommen. Bisher wurde die Sicherheit von Smart-Home-Geräten eher stiefmütterlich behandelt. Viele Produkte werden einfach in das bestehende Heimnetzwerk ein­gebunden und funken danach froh und munter in der Weltgeschichte herum, meistens ohne jegliche Sicherheitsmassnahmen. Die Pro­bleme sind sprichwörtlich vorprogrammiert. Derzeit versuchen zahlreiche Smart-Home-Anbieter, die Sicherheit der eigenen Geräte zu verbessern, und statten sie mit besser geschützten Verbindungen aus und geben Nutzern Tipps zur sichereren Einbettung in das Heimnetz. Auch Security-Dienstleister versuchen, mit spezieller Smart-Home-Hardware auf den Markt zu gelangen. Ob das Sinn ergibt, ist aktuell noch schwer zu sagen.

Fotografie

Bild 3: Die Smartphones dominieren die Fotografie von heute
Quelle: Hersteller
Die Kamera wird kleiner. Das gilt für praktisch alle Gebiete der Foto- und Videografie; auch im professionellen Bereich. Man erinnere sich nur an Bernhard Russis mühselige Kamerafahrten mit einer riesigen TV-Kamera und vergleicht diese mit den heutigen Actioncams. Die beliebteste Kamera der Durchschnittsnutzer ist schon längst ein Smartphone mit winzigem Sensor, Bild 3.
Aber auch die «richtigen» Kameras sind kleiner geworden. Der Wechsel von der Spiegelreflexkamera (DSLR) zur spiegellosen Systemkamera (DSLM) hat neue Modelle hervorgebracht, die mit kleineren Massen mehr Leistung erbringen können. Zwar erscheinen derzeit wieder mehr grosse DSLM-Kameras, das liegt aber daran, dass die Hersteller gerade versuchen, den restlichen Profimarkt aufzufangen. Spezialisten mit besonderen Anforderungen sind teilweise noch mit Spiegelreflex-Modellen unterwegs. Mit den aktuellen Kameras sind praktisch alle Nachteile der DSLM gegenüber der DSLR ausgeräumt, die Vorteile überwiegen schon lange. Die Qualität ist da, nur an der Vielfalt hapert es noch.
Im Alltagsbereich sieht es etwas anders aus. Der Trend hin zu kleineren Kameras geht auch auf Kosten der Bildqualität. In Zeiten von hochauflösenden Super-Bildschirmen mit HDR, OLED und anderen beeindruckenden Technologien scheint das zunächst widersprüchlich, ist aber durchaus logisch, Bild 4. Denn im Gegensatz zu früher muss eine Kamera nicht mehr zwingend gut genug für Druckprodukte sein. Nicht mal mehr der grosse PC-Bildschirm ist das Hauptziel der Smartphone-Fotos. Vielmehr werden die meisten Aufnahmen entweder direkt am Bildschirm des Smartphones angeschaut oder per Chat-App verschickt; dort mit massivem Qualitätsverlust durch Kompression. Entsprechend ist für durchschnittliche Nutzer die rohe Bildqualität nicht ganz so zentral. Viel kleiner als die Smartphone-Kamera wird es für den Massenmarkt wohl kaum werden. Dafür sind kompaktere Bauformen schlicht zu unpraktisch im Handling. Dennoch wird die Kamera im Durchschnitt weiter kleiner. Grund dafür ist das Motto «gut genug». Dies ist von Person zu Person unterschiedlich. Einem professionellen Porträtfotografen ist unter einer hochwertigen Mittelformat-Kamera wohl nichts gut genug. Andere sind hingegen mit pixligen Selfies schon glücklich. Der «gut genug»-Punkt wandert seit Jahren nach unten und wird das weiter tun. Die kleinen Smartphone-Kameras werden rasant besser, die grossen Profikameras entwickeln sich zwar auch, aber viel langsamer. Somit wird die Kamera, die für eine Mehrheit der Nutzer «gut genug» ist, immer kleiner.
Bild 4: So ein kompaktes Film-Setup wäre 2012 noch nicht möglich gewesen
Quelle: Sony

Gaming

Die neue Konsolengeneration läuft nur schleppend an. Zwar haben alle fünf Gamer, die in der Schweiz eine PS5 ergattern konnten, wahrscheinlich ihren Spass dabei, aber für viele andere heisst es nach wie vor: warten. Auch über ein Jahr nach dem Release der neusten Play­Station ist die Konsole kaum lieferbar, Bild 5. Schade, denn die neue Generation hat technisch gesehen viele Fehler der letzten Generation ausgebügelt. Die Ära von Xbox One und PS4 war, seien wir ehrlich, keine gute. Die Leistung der beiden Konsolen konnte von der Veröffentlichung an nicht einmal annähernd mit PCs mithalten und viele Games mussten sich mit hochskalierter Auflösung und Bildwiederholraten um 30 FPS zufriedengeben. Dass dies nicht akzeptabel ist, scheinen Sony und Microsoft gelernt zu haben. PS5 und Xbox Series X bringen viele Games mit echtem 4K bei 60 FPS. Dazu kommen spannende Innovationen wie die adaptiven Trigger des PS5-Controllers. Aber eben: Solange die Konsole nicht geliefert werden kann, wächst der Marktanteil nur langsam.
Bild 5: «Play has no Limit», sagt Sony gerne über die PS5. Die Lieferengpässe wurden da wohl nicht berücksichtigt
Quelle: Sony
Das wiederum spielt direkt in die Hände der PC-Gamer. Microsoft hat das erkannt und setzt nicht mehr auf exklusive Xbox-Games. Die meisten Microsoft-eigenen Titel sind mittlerweile auf beiden Plattformen spielbar und müssen meist sogar nur einmal gekauft werden. Und der Begriff «Microsoft-eigen» ist hier wichtig. Denn mit Activision Blizzard (unter anderem Call of Duty, World of Warcraft) und ZeniMax Media (The Elder Scrolls, Fallout etc.) hat Microsoft in den letzten Jahren zwei Giganten der Gaming-Branche aufgekauft. Auch Sony hat den Trend erkannt und veröffentlicht mehr und mehr eigene Games auf dem PC. Titel wie God of War oder Horizon: Zero Dawn sind zeitverzögert auf Steam erschienen, was noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.
Ebenso undenkbar war früher ein Abo­-Modell für Games. Damals, als Gamer in Onlineforen gegen Steam protestierten, aus Angst, das Besitzrecht an gekauften Games zu verlieren. Dieses Besitzrecht kann man heutzutage für nur Fr. 9.95 pro Monat abtreten, erhält dafür aber Zugriff auf die riesigen Bibliotheken des jeweiligen Game-Publishers. Microsoft, Electronic Arts und Ubisoft gehören zu den grösseren Anbietern eines Abo-Modells, mehr dürften folgen. Lohnend sind die Abos vor allem für Gamer, die ein Spiel durchspielen und danach nie mehr anrühren. Bei den meisten Angeboten müssten Sie etwa zwei bis zweieinhalb Games pro Jahr spielen, um den Abo-Preis rauszuholen. Für viele Gamer ist das ein guter Deal. Der Nachteil: Sobald Sie das Abo kündigen, sind die Games weg. Da viele Spiele aber sowieso eher schlecht altern und regelmässig Remakes und Remasters erhalten, stellt sich die Frage, ob das schlimm ist. Problematisch sind die Abos vor allem für Gamer, die nur wenig spielen. Da die Titel aber weiterhin normal kaufbar sind, gibt es hier aktuell das Beste aus beiden Welten. Hoffen wir, dass es so bleibt.
Nur mit Abo verfügbar sind die aufkommenden Streamingdienste wie Google Stadia, die vor allem für Konsolen gefährlich, aber auch eine Chance werden könnten. Bei diesen Diensten werden Games nicht direkt auf dem Endgerät ausgeführt, sondern auf einem externen Hochleistungsrechner. Dieser streamt das Bild an das Endgerät. Mit den immer schneller werdenden Internetverbindungen werden solche Streamingdienste laufend besser. Allerdings ist gerade für kompetitive und schnelle Games die Latenz noch zu hoch. Es ist aber anzunehmen, dass Streaming dieser Art in Zukunft populär werden wird, gerade auch, da man als Einzelperson nicht mehr hochwertige Spiel-Hardware kaufen muss, besonders wenn man nur gelegentlich und ohne allzu hohe Ansprüche spielt.
Zuletzt hat das mobile Gaming wieder ein kleines Comeback. Damit meinen wir nicht etwa die weiterhin mit räuberischen Geschäftsmodellen verseuchten Handy-Games, sondern vollwertige Spiele, die unterwegs gezockt werden können. Nintendo hat mit der Switch-Konsole einen riesigen Hit gelandet und das hat sich rumgesprochen. Neu lanciert Valve mit dem SteamDeck eine eigene mobile Konsole, Bild 6, also ein Display mit seitlich angebrachten Controllerhälften für unterwegs. Anders als die Switch soll das SteamDeck mit den meisten Steam-Games funktionieren. Eine grössere Launch-Bibliothek gab es bei einer Konsole noch nie. Natürlich wird sich das SteamDeck nicht für kompetitive Runden Counter-Strike eignen, aber beim gigantischen Game-Angebot von Steam finden sich garantiert einige Titel, die perfekt für das mobile Konzept des SteamDeck sind. Allerdings: Auch beim SteamDeck sind die Lieferfristen lange. Und schon sind wir wieder am Anfang angelangt.
Bild 6: SteamDeck bringt Steam aufs Sofa und die Konsolen in Bedrängnis, sofern lieferbar
Quelle: Steam

Video & TV

Das Fernsehen befindet sich auf dem absteigenden Ast; der Fernseher hingegen überhaupt nicht. Während dem linearen TV die Zuschauer davonschwimmen, werden Fernsehgeräte in gewohnten Mengen gekauft. Denn auch für Netflix & Co. braucht man ­einen Bildschirm, und zwar einen guten.
Technisch gesehen geht es aktuell um Bildqualität. Mit höheren Auflösungen kann derzeit nicht viel geholt werden. Die meisten Produktionen arbeiten immer noch daran, überhaupt auf 4K/UHD zu kommen (stellenweise wird im TV noch nicht einmal in Full HD gesendet). Da ergibt es wenig Sinn, schon 8K-Bildschirme zu verkaufen. Stattdessen arbeiten die Hersteller an besserer Bildqualität, Bild 7. Technologien wie OLED, QLED und andere Varianten der gleichen Idee versuchen, vor allem Kontraste zu verbessern. Mit tieferem Schwarz, hellerem Weiss und mehr Dynamik dazwischen.
Bild 7: Bei TVs geht es aktuell vor allem um die Bildqualität
Quelle: Hersteller
Ein wichtiges Schlagwort ist auch HDR (High Dynamic Range). Gamer kennen diesen Ausdruck noch als eine Render-Technologie von vor bald 20 Jahren. Damit hat HDR auf dem Fernseher aber nichts zu tun. Vielmehr zeigt HDR an, wie hell ein Bildschirm werden kann. Kombiniert mit dem minimal möglichen Schwarzpunkt der jeweiligen Bildschirmtechnologie, kann man damit etwa herausfinden, wie breit die dynamische Reichweite des Bildschirms sein kann. Dabei gilt: Je höher der HDR-Wert, desto grösser die Reichweite. HDR 100 macht sich nur mässig bemerkbar, während HDR 1000 bereits einen grossen Unterschied zu einem regulären Bildschirm darstellt.
Optimierungen gibt es ebenfalls beim Audio. Eingebaute Lautsprecher werden besser, kraftvoller und auch platzsparende Soundbars sind auf dem Vormarsch. Diese können mit ausgeklügelter Software mittlerweile sogar Raumklang simulieren. Kombiniert mit der viel einfacheren Installation und dem niedrigeren Preis, haben Soundbars dafür gesorgt, dass Surround-Anlagen 2022 für die meisten Nutzer kein Thema mehr sind.
Kein Thema mehr sind ebenfalls die gebogenen Curved-Displays. Diese sollten für bessere Immersion sorgen, so will es zumindest die Werbung suggerieren. Allerdings hat das beim Fernseher kaum funktioniert. Primär weil vor dem TV oft mehrere Personen sitzen, meistens nicht ganz gerade davor. Dann nützt das gebogene Display nichts, im Gegenteil, es verschlechtert das Erlebnis.
Ebenfalls tot war einmal die Filmpiraterie. Netflix sei Dank. Allerdings holen immer mehr Serien- und Film-Fans ihren alten Piratenhut wieder aus dem Keller. Denn Netflix ist nicht mehr allein, Bild 8. Wer heute das gleich breite Angebot an Filmen und Serien schauen will wie vor ein paar Jahren auf Netflix, braucht mindestens fünf Streamingdienste im Abo. Amazon, Sky, Disney+ und Apple haben den Markt markant fragmentiert. Und schaut man in die USA, dürften noch mehr Anbieter kommen. Dienste wie Hulu, Paramount, Peacock oder HBO werden alles noch weiter auseinanderziehen und Nutzer mit exklusiven Angeboten nerven. Dabei wäre doch «inklusiv» ein beliebtes Marketingschlagwort des 21. Jahrhunderts. Die Konsequenzen des fragmentierten Markts sind einfach vorauszusehen: Investieren Sie in dreieckige Hüte, Totenkopf-Flaggen und Rum.
Bild 8: Netflix ist nur noch einer von vielen Anbietern und die Nutzer zahlen die Zeche
Quelle: Netflix




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