Krypto-Krieg
15.04.2016, 11:00 Uhr

Geschichte voller Angst: Microsoft verklagt US-Justizministerium

Kein Ende in Sicht für den Krypto-Krieg: Jetzt steigt Microsoft ein und verklagt das US-Justizministerium wegen Verstoss gegen die Verfassung. Das Unternehmen will Daten auf einem irischen Server nicht herausgeben.
(Quelle:  Shutterstock.com/hans engbers)
Krypto-Krieg Runde drei: Nach Apple und WhatsApp liegt jetzt Microsoft im Clinch mit der US-Regierung. Der Tech-Konzern reichte am Donnerstag Klage gegen das Justizministerium ein. Der Streitpunkt: Microsoft wurde von einem New Yorker Gericht dazu verdonnert, E-Mail-Daten eines Nutzers, die auf einem Server in Irland liegen, herauszugeben. Nun will Microsoft durchsetzen, seine Kunden über geheime Anfragen von US-Behörden zu informieren. Denn: Sonst verstosse die Regierung gegen die Verfassung.
Der Streit zwischen Microsoft und dem Justizministerium zieht sich schon seit Jahren. Im August 2014 entschied die New Yorker Richterin dann zu Gunsten der Regierung. Hintergrund sind Ermittlungen wegen Drogendelikten gegen den Inhaber eines Microsoft-Kontos. Bereits damals kündigte Microsofts Chefjurist Brad Smith eine Berufung an.

Daten liegen auf irischem Server

Das Brisante an der Angelegenheit ist, dass die Daten auf einem europäischen Server, also ausserhalb der USA, lagern. Auf die hat die US-Regierung laut Vereinbarungen zwischen EU und USA eigentlich keinen Zugriff. Mit dem Urteil und der Begründung, dass es sich um das Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns handle, hätten die USA die Übereinkunft umgangen, sagte die damalige Vizepräsidentin der EU-Kommission Viviane Reding.
Die Klage gegen die US-Regierung wegen Verfassungsverstoss ist jetzt die letzte Hoffnung von Microsoft. In der Klageschrift heisst es unter anderem: "Die Massnahmen der Regierung verstossen gegen den 4. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, welcher das Recht der Menschen und Unternehmen sichert, von staatlichen Übergriffen zu erfahren".
Im Wortlaut heisst der 4. Zusatzartikel:
"The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be violated, and no Warrants shall issue, but upon probable cause, supported by Oath or affirmation, and particularly describing the place to be searched, and the persons or things to be seized."
Es ist nicht das erste Mal, dass der US-Regierung vorgeworfen wird, gegen diesen Artikel zu verstossen. Auch die von Edward Snowden aufgedeckte Massenüberwachung durch die NSA verstösst laut dem Journalisten Glenn Greenwald, dem sich Snowden anvertraute, gegen genau diesen Verfassungszusatz.

Eine Geschichte, die von Angst geprägt ist

Es ist eine Geschichte voller Angst: Seit der NSA-Affäre haben User vermehrt Angst um die Sicherheit ihrer Daten, die Tech-Companies fürchteten den Verlust ihrer User und bauten daraufhin Verschlüsselungen in Hard- und Software ein. Was wiederum der US-Regierung und den Sicherheitsbehörden Angst einjagt, sie könnten keine Terrorverdächtigen (oder unbescholtene Bürger) mehr überwachen - der Anstoss zur Going-Dark-Debatte, die in den USA in vollem Gange ist.
Mit einem neuen Gesetzesentwurf überlegt die Regierung die Unternehmen jetzt sogar dazu zu verpflichten, behördliche Hintertüren in ihre Verschlüsselungen einzubauen. Dieses Gesetz ist laut Forschern der Harvard University allerdings komplett ungeeignet, die Ziele der Regierung zu erreichen. Denn so ein Gesetz würde nur für amerikanische Unternehmen gelten. Verschlüsselungs-Software und -Hardware wird aber auf der ganzen Welt hergestellt. Terroristen würden einfach auf ausländische Krypto-Produkte ausweichen, so die Forscher.
Auch wenn es auf den ersten Blick ein Kampf der Tech-Unternehmen gegen behördliche Eingriffe und für die User ist, bleibt ein Rest von Scheinheiligkeit. Besonders im Fall Microsoft. Denn vor Bekanntwerden der NSA-Affäre hatte das von Bill Gates gegründete Unternehmen Verträge mit der NSA über die Herausgabe der Kommunikationsdaten seines Dienstes Skype.




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