07.02.2013, 00:00 Uhr
2012 mehr Fernmeldeüberwachungen in der Schweiz angeordnet
Zur Aufklärung schwerer Straftaten haben die Schweizer Strafverfolgungsbehörden 2012 beim Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (Dienst ÜPF) mehr Überwachungen angefordert als 2011. Die Statistik des Dienstes zeigt eine Zunahme um rund einen Fünftel. 98 Prozent der Massnahmen wurden von den Kantonen angeordnet, 2 Prozent von der Bundesanwaltschaft.
Die Statistik führt detailliert alle Auskunftserteilungen und Überwachungen auf, die der Dienst ÜPF 2012 im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden umgesetzt hat. Die Statistik zeigt, dass die Fernmeldeüberwachungen in Echtzeit, also das Mithören von Telefonaten bzw. Mitlesen von E-Mails durch die jeweiligen Strafverfolgungsbehörden, im Jahr 2012 um 20 % auf 3?233 zugenommen haben. Die Strafverfolgungsbehörden ordneten auch häufiger rückwirkende Fernmeldeüberwachungen an (+ 21% auf 6?960) und ersuchten um mehr technisch-administrative Auskünfte (+ 22% auf 4'775). Die Zahl der einfachen Auskünfte nahm um 15% auf 202?579 zu. Die Zahl der Postüberwachungen nahm um 26 % auf 30 zu.
Bei etwas mehr als einem Drittel der Fälle ging es um schwere Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Rund ein Drittel betrifft schwere Vermögensdelikte. Der Rest betrifft schwere Gewalt- und Sexualdelikte, Mitgliedschaft in kriminellen Organisationen, sowie Menschenhandel. Rund 98 % der Massnahmen wurden von den kantonalen Strafverfolgungsbehörden angeordnet, 2 % von jenen des Bundes. Die Anzahl der Notsuchen, also die Ortung zur Suche und Rettung von vermissten Personen, ging von 2011 auf 2012 von 430 auf 421 zurück. Für die Massnahmen bekamen die Fernmeldedienstanbieterinnen Entschädigungen in der Höhe von CHF 9'756'083.-. Das sind 4 % mehr als 2011. Die Schweizer Strafverfolgungsbehörden ihrerseits zahlten CHF 14'107'748.- Gebühren, 11% mehr als 2011.
Zum Verfahren
Zur Aufklärung von schweren Straftaten können die Schweizer Strafverfolgungsbehörden, gestützt auf die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0), Massnahmen zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen. Jede Überwachungsanordnung einer Staatsanwaltschaft muss von der zuständigen richterlichen Genehmigungsbehörde (Zwangsmassnahmengericht) der Kantone oder des Bundes geprüft und genehmigt werden. Der Dienst ÜPF nimmt zuletzt eine formelle Prüfung vor. Dabei prüft er, ob die anordnende Behörde tatsächlich zuständig ist und ob sich die Überwachungsanordnung auf eine strafbare Handlung gemäss Deliktkatalog (Art. 269 StPO) bezieht. Der Dienst ÜPF weist die Fernmeldedienstanbieterinnen anschliessend an, die fraglichen Daten dem Dienst ÜPF zu übermitteln. Dieser stellt die Daten dann den auswertenden Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung. Vom Inhalt der Daten und der betreffenden Ermittlungen erhält der Dienst ÜPF jedoch keine Kenntnis.
Zu den Massnahmen und Auskünften
Überwachungen in Echtzeit: Überwachung in Echtzeit und die simultane, leicht verzögerte oder periodische Übertragung der Post- oder Fernmeldeverkehrsdaten; z.B. Telefon- oder E-Mail-Überwachungen (Mithören von Telefonaten bzw. Mitlesen von E-Mails durch die jeweiligen Strafverfolgungsbehörden).
Rückwirkende Überwachung: Herausgabe der Verkehrs- und Rechnungsdaten der zurückliegenden sechs Monate, also jener Informationen, die von der Anbieterin über den Post- oder Fernmeldeverkehr von Teilnehmerinnen und Teilnehmern erhoben werden, um die Tatsache der Postsendung oder der Kommunikation und die Rechnungsstellung zu belegen; z.B. Verbindungsnachweise (wer hat mit wem wann und wie lange telefoniert?). Hingegen erfolgt keine inhaltliche Aufbewahrung von Telefongesprächen oder E-Mail-Inhalten.
Technisch- administrative Auskünfte: Weitere Informationen, die auf Grund einer Verfügung herausgegeben werden, z.B. die IMEI-Nummer eines Mobiltelefons, die IMSI-Nummer einer SIM-Karte, Vertragskopien oder Rechnungskopien.
Einfache Auskünfte: einfache Basisinformationen zu Teilnehmeranschlüssen gemäss Art. 14 Abs. 1 Bst. a-c BÜPF. Auskunft an die Strafverfolgungsbehörden über Fragen wie z.B.: "Wem gehört eine bestimmte Telefonnummer?" oder "Welche Telefonnummern sind auf eine bestimmte Person registriert?". Für diese einfachen Auskünfte gelten nicht dieselben Verfahrensvorschriften wie für Überwachungen. Insbesondere müssen solche einfachen Auskünfte nicht durch ein Gericht genehmigt werden, und auch der Deliktkatalog gilt für sie nicht.
Vergleich mit der Kriminalstatistik
Die Anzahl Überwachungsanordnungen muss in Relation zu den begangenen Delikten gesehen werden. Im Jahr 2011 (für 2012 liegt noch keine Kriminalstatistik vor) weist die polizeiliche Kriminalstatistik 692?954 Delikte aus und es wurden 2011 14?968 Überwachungen angeordnet. Damit zeigt sich, dass die Strafverfolgungsbehörden nur in 2.2 % der Delikte eine Überwachung als notwendig erachteten. Legt man diesem Vergleich nur die Echtzeitüberwachungen im Jahr 2012 (3?233) zu Grunde, so sinkt der Anteil auf 0.5 %. Dabei ist zudem zu beachten, dass auf ein Delikt häufig mehrere Überwachungsanordnungen entfallen. So müssen beispielsweise sowohl das Mobiltelefon als auch der Festnetzanschluss eines mutmasslichen Drogendealers überwacht werden. Insofern liegt der relevante Prozentsatz noch tiefer. (ph)
Siehe auch: Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr mit aktualisierten Richtlinien für Post- und Fernmeldedienste, 2011 weniger Echtzeit-Überwachungen für Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz, Abgeschlossene Kostenanalyse von strafprozessualen Überwachungsmassnahmen in der Schweiz,
Bei etwas mehr als einem Drittel der Fälle ging es um schwere Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Rund ein Drittel betrifft schwere Vermögensdelikte. Der Rest betrifft schwere Gewalt- und Sexualdelikte, Mitgliedschaft in kriminellen Organisationen, sowie Menschenhandel. Rund 98 % der Massnahmen wurden von den kantonalen Strafverfolgungsbehörden angeordnet, 2 % von jenen des Bundes. Die Anzahl der Notsuchen, also die Ortung zur Suche und Rettung von vermissten Personen, ging von 2011 auf 2012 von 430 auf 421 zurück. Für die Massnahmen bekamen die Fernmeldedienstanbieterinnen Entschädigungen in der Höhe von CHF 9'756'083.-. Das sind 4 % mehr als 2011. Die Schweizer Strafverfolgungsbehörden ihrerseits zahlten CHF 14'107'748.- Gebühren, 11% mehr als 2011.
Zum Verfahren
Zur Aufklärung von schweren Straftaten können die Schweizer Strafverfolgungsbehörden, gestützt auf die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0), Massnahmen zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen. Jede Überwachungsanordnung einer Staatsanwaltschaft muss von der zuständigen richterlichen Genehmigungsbehörde (Zwangsmassnahmengericht) der Kantone oder des Bundes geprüft und genehmigt werden. Der Dienst ÜPF nimmt zuletzt eine formelle Prüfung vor. Dabei prüft er, ob die anordnende Behörde tatsächlich zuständig ist und ob sich die Überwachungsanordnung auf eine strafbare Handlung gemäss Deliktkatalog (Art. 269 StPO) bezieht. Der Dienst ÜPF weist die Fernmeldedienstanbieterinnen anschliessend an, die fraglichen Daten dem Dienst ÜPF zu übermitteln. Dieser stellt die Daten dann den auswertenden Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung. Vom Inhalt der Daten und der betreffenden Ermittlungen erhält der Dienst ÜPF jedoch keine Kenntnis.
Zu den Massnahmen und Auskünften
Überwachungen in Echtzeit: Überwachung in Echtzeit und die simultane, leicht verzögerte oder periodische Übertragung der Post- oder Fernmeldeverkehrsdaten; z.B. Telefon- oder E-Mail-Überwachungen (Mithören von Telefonaten bzw. Mitlesen von E-Mails durch die jeweiligen Strafverfolgungsbehörden).
Rückwirkende Überwachung: Herausgabe der Verkehrs- und Rechnungsdaten der zurückliegenden sechs Monate, also jener Informationen, die von der Anbieterin über den Post- oder Fernmeldeverkehr von Teilnehmerinnen und Teilnehmern erhoben werden, um die Tatsache der Postsendung oder der Kommunikation und die Rechnungsstellung zu belegen; z.B. Verbindungsnachweise (wer hat mit wem wann und wie lange telefoniert?). Hingegen erfolgt keine inhaltliche Aufbewahrung von Telefongesprächen oder E-Mail-Inhalten.
Technisch- administrative Auskünfte: Weitere Informationen, die auf Grund einer Verfügung herausgegeben werden, z.B. die IMEI-Nummer eines Mobiltelefons, die IMSI-Nummer einer SIM-Karte, Vertragskopien oder Rechnungskopien.
Einfache Auskünfte: einfache Basisinformationen zu Teilnehmeranschlüssen gemäss Art. 14 Abs. 1 Bst. a-c BÜPF. Auskunft an die Strafverfolgungsbehörden über Fragen wie z.B.: "Wem gehört eine bestimmte Telefonnummer?" oder "Welche Telefonnummern sind auf eine bestimmte Person registriert?". Für diese einfachen Auskünfte gelten nicht dieselben Verfahrensvorschriften wie für Überwachungen. Insbesondere müssen solche einfachen Auskünfte nicht durch ein Gericht genehmigt werden, und auch der Deliktkatalog gilt für sie nicht.
Vergleich mit der Kriminalstatistik
Die Anzahl Überwachungsanordnungen muss in Relation zu den begangenen Delikten gesehen werden. Im Jahr 2011 (für 2012 liegt noch keine Kriminalstatistik vor) weist die polizeiliche Kriminalstatistik 692?954 Delikte aus und es wurden 2011 14?968 Überwachungen angeordnet. Damit zeigt sich, dass die Strafverfolgungsbehörden nur in 2.2 % der Delikte eine Überwachung als notwendig erachteten. Legt man diesem Vergleich nur die Echtzeitüberwachungen im Jahr 2012 (3?233) zu Grunde, so sinkt der Anteil auf 0.5 %. Dabei ist zudem zu beachten, dass auf ein Delikt häufig mehrere Überwachungsanordnungen entfallen. So müssen beispielsweise sowohl das Mobiltelefon als auch der Festnetzanschluss eines mutmasslichen Drogendealers überwacht werden. Insofern liegt der relevante Prozentsatz noch tiefer. (ph)
Siehe auch: Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr mit aktualisierten Richtlinien für Post- und Fernmeldedienste, 2011 weniger Echtzeit-Überwachungen für Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz, Abgeschlossene Kostenanalyse von strafprozessualen Überwachungsmassnahmen in der Schweiz,