24.02.2014, 00:00 Uhr

"Swissness" als Verkaufsargument - Myswisschocolate.ch fertigt auf Kundenwunsch

Myswisschocolate.ch produziert bis zu 4.000 Schokoladentafeln am Tag ? jede eine individuelle Kundenkreation. Ein Drittel seines Umsatzes erzielt das Schweizer Start-up über seine erst 2013 gelaunchte Smartphone-App. Gründer Sven Beichler hält deshalb auf dem "Internet World Kongress" einen Vortrag zum Thema "App-Marketing und Logistik". 
Wie flüssiges Gold fliesst die geschmolzene Schokolade in die Tafelform, verteilt sich in die Ritzen, erkaltet langsam. Jetzt noch duftige Heublumen daraufgestreut und ganze Nüsse eingedrückt, dazu eine Prise Zimt... So sinnlich kann der Alltag in einem erfolgreichen E-Commerce-Start-up sein. Bei Myswisschocolate.ch liegt die pure Versuchung in der Natur der Sache: Seit 2010 produziert das Start-up in Pfäffikon im Schweizer Kanton Zürich individualisierbare Schweizer Schokolade. Aus 116 Zutaten und neun Schokokonfitüren können sich die Kunden ihre eigene Schweizer Schoggi per Online-Konfigurator zusammenstellen, inklusive essbarem Dekor und persönlicher Verpackung.

"Durchschnittlich können wir etwa 4.000 Tafeln pro Tag produzieren", erzählt Sven Beichler, Gründer und Geschäftsführer von Myswisschocolate.ch. "Wir können aber die Produktion bei Bedarf, zum Beispiel bei Grossaufträgen oder in unseren Hochfrequenzzeiten vor Ostern und Weihnachten, relativ problemlos hochfahren dank unseres flexiblen Mitarbeitermodells: Alle Mitarbeiter sind auf temporärer Basis angestellt." Auf Lager wird nichts produziert - warum, das weiss jeder, der schon mal in eine drei Monate alte Schokoladentafel aus dem Supermarkt gebissen hat. Wer unter dem Label "Original Schweizer Schokolade" verkauft, ist quasi zu qualitativ hochwertiger Produktion verdammt.
 
Viel Lehrgeld bezahlt
 
Und "Swissness", also jene klischeehafte Mischung aus Ordnung, Qualität und Sorgfalt, gewürzt mit einer Prise Penibilität, sollte von Anfang an ein wesentlicher Bestandteil der Neugründung von Sven Beichler und seinem Mitgründer Christian Philippi sein, das stand für die Gründer-Freunde von vornherein fest. Ausserdem wollten sie auf den Trend Mass Customization aufspringen und ihre Erfahrungen im Food- und Catering-Bereich einbringen. Nur über das Produkt, das sie ihren Kunden zur Individualisierung anbieten wollten, bestand nicht gleich Einigkeit. Salate, Sandwiches, Fruchtsäfte und sogar Suppen wurden diskutiert und teils sogar auf ihre Markttauglichkeit getestet. Schliesslich entschied sich das Duo für das Produkt, das Nichtschweizer neben Käse und Uhren am meisten mit dem Alpenstaat verbinden: Schokolade.
 
Im April 2010, nach rund vier Monaten Entwicklungszeit, in der das Unternehmen bereits eine aktive Community aufbaute, die über Logo, Zutaten und Preisstruktur mitbestimmen durfte, ging dann Myswisschocolate.ch online, von Anfang an mit selbst entwickeltem Schokoladenkonfigurator. Auch der internationale Versand war von Anfang an Teil des Geschäftsmodells: Ab dem Launch verschickte das Start-up seine Schokoladentafeln in den gesamten EU-Raum. Gleich mit dem Weihnachtsgeschäft 2010 griff das Start-up voll an: Ein Grossteil des Startkapitals wanderte ins Marketing. PR, Printanzeigen, Online Banner, Adwords, eine lebendige Social-Media-Präsenz, TV-Spots. "Wir haben so gut wie alles ausprobiert", so Sven Beichler mit einem schiefen Grinsen. "Wir mussten zunächst sehen, was am besten funktioniert - und haben viel Lehrgeld bezahlt."
 
Trotz der hohen Investments ist Beichler überzeugt, dass sich die Konzentration auf das Marketing schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Unternehmensentwicklung gelohnt hat. Der Schokoladenmarkt ist - online wie offline - dicht besetzt, die Konkurrenz nicht zimperlich. "Es wird mit harten Bandagen gekämpft", bestätigt Beichler. "Wir waren kaum zwei Monate online, also noch ein unbedarftes Start-up, da flatterte schon eine erste Klage eines klassischen Schokoladenherstellers auf meinen Schreibtisch." Der Schokofabrikant wollte dem Start-up den Namen mit dem Bezug auf das Qualitätsmerkmal "Schweizer Schokolade" verbieten. "Nach drei Jahren Rechtsstreit wurde der Fall allerdings in letzter Instanz klar zu unseren Gunsten entschieden."
 
Aber auch die Online-Konkurrenz ist nicht zu verachten, vor allem aus Deutschland: Der Berliner Anbieter Chocri, 2008 als Pionier in Sachen individuelle Schokolade gestartet, verfügt vor allem im auch für Myswisschocolate.ch wichtigen Markt Deutschland über einen hohen Bekanntheitsgrad und signifikante Marktanteile; das Unternehmen sammelt gerade per Crowdfunding Kapital für eine Europa-Expansion ein. Auch My Choc spielt auf dem Markt für individualisierbare Schokolade kräftig mit. Den Südtiroler Konkurrenten Miraqo hat Myswisschocolate.ch hingegen schon 2011 kurzerhand geschluckt. (ph/iw)



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