18.04.2008, 00:00 Uhr

Social Communities: Bei Geld hört die Freundschaft auf

Aller Beliebtheit zum Trotz werden es Social Networks mit der Refinanzierung ihrer Plattformen weiterhin schwer haben, ermittelte die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. Denn die Nutzer wollen keine Gebühren zahlen - und Werbung ist auch nicht wirklich akzeptiert. Das Web 2.0 hat seine Nutzer fest im Griff: 85 Prozent der Deutschen, die oft im Internet surfen und dabei auch Seiten wie YouTube und Clipfish ansteuern, sind selbst Mitglied in sozialen Online-Netzwerken, wie aus einer Studie "Web 2.0 - Soziale Netzwerke" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor geht. Dabei sehen die Mitglieder einer Online-Community ihr Engagement selten als vorübergehendes Hobby, sondern meist als langfristig angelegte Beziehung. So wollen 70 Prozent der Befragten zumindest in ihrem wichtigsten sozialen Netzwerk "für immer" bleiben.
Die Akzeptanz der Kommunikationsplattformen ist bei den Nutzern allerdings nur solange hoch, solange es nicht an den eigenen Geldbeutel geht. "Problematisch ist die Erzielung von Umsatzerlösen für die Betreiber der Plattformen, denn allen Treueschwüren zum Trotz würden nur wenige Nutzer auch einen Mitgliedsbeitrag an ihre virtuelle Gemeinschaft entrichten", kommentiert Arno Wilfert, Technologie-Experte und Partner bei PwC, die Ergebnisse der aktuellen Studie. Auch kostenpflichtige Premiumdienste stossen nur auf geringes Interesse. Ausnahmen bilden hier vor allem die Nutzer der Plattformen Xing oder Second Life.
Haupteinnahmequelle der Social Communities müssen demzufolge Werbeeinnahmen bleiben, auch wenn die bei den Nutzern auch nicht zu Freudensprüngen führt. Aber immerhin zeigt die Studie, dass die Einführung von Werbungsbei den meisten Nutzern nicht zwingend zu einer Abkehr von Sozialen Netzwerken führen. 37 Prozent der Nutzer gaben sogar an, dass sie personalisierte Werbung akzeptieren würden, was höhere Werbeerlöse durch diese Art der zielgerichteten Werbung ermöglichen könnte. Die Hoffnungen der Mobilfunkunternehmen, dass soziale Netzwerke die Nachfrage nach mobilen Datendiensten erhöhen würden, erscheinen nach den Ergebnissen dieser Studie zu optimistisch: Bezogen auf die Gesamtheit der Nutzer ist das Interesse eher verhalten, vor allem wenn eine monatliche Preisschwelle von 5 Euro überschritten würde.
Hingegen müssen sich laut der Studie die lokalen Social Communities vor der Konkurrenz aus Übersee nicht allzu stark fürchten: So rangiert MyVideo bei der Bekanntheit bereits knapp hinter YouTube. Im Bereich der Business-Netzwerke ist XING auf dem heimischen Markt deutlich erfolgreicher als LinkedIn und StudiVZ hat das amerikanische Vorbild Facebook bereits weit hinter sich gelassen, was Bekanntheit, Besucher und registrierte Nutzer anbelangt.
"Eine besondere Überraschung", so Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC, "ist das ermittelte Durchschnittsalter der registrierten Netzwerk-Nutzer. Entgegen der landläufigen Annahme, dass internetbasierte Netzwerke überwiegend von Teenagern genutzt werden, variiert das Durchschnittsalter in den untersuchten Communities zwischen 23 und 47 Jahren. Natürlich haben SchülerVZ mit einem Durchschnittsalter von 23 und StudiVZ mit 26 die jüngsten Nutzer. Aber dass zahlreiche Netzwerke überwiegend von älteren Erwachsenen besucht werden, zeigt deutlich, dass soziale Netzwerke in allen Altersklassen beliebt und relevant sind."
Die Hälfte aller Nutzer suchen in Netzwerken den Kontakt zu Personen, mit denen sie ähnliche Interessen verbinden. Jüngere Nutzer sind mehrheitlich in Netzwerken aktiv, in denen auch ihr Freundeskreis anzutreffen ist. Immerhin 81 Prozent der 16-24-Jährigen geben an, dass ihre Freunde im selben Netzwerk sind. Insofern ersetzen soziale Netzwerke im Web zum Teil andere, klassische Kommunikationsmittel wie SMS, E-Mail oder Telefon. 69 Prozent aller befragten Nutzer würden eine von ihrem Netzwerk angebotene unentgeltliche Sprachfunktion zumindest gelegentlich nutzen, wobei es hier signifikante netzwerkabhängige Unterschiede gibt. Wilfert: "Damit kannibalisieren soziale Netzwerke die Geschäftsmodelle der Anbieter klassischer Telekommunikationsdienste.".
Die Attraktivität der Netzwerke hängt nicht allein von der Anzahl der registrierten Nutzer ab. Wichtig ist auch, wie intensiv sich die Nutzer durch eigene Beiträge aktiv am Netzwerk beteiligen. Satte 82 Prozent der befragten Nutzer bezeichneten sich als "aktiv", 32 Prozent schreiben sich selbst sogar ein "hohes Aktivitätsniveau" zu. Die beliebtesten und häufigsten Beiträge sind persönliche Inhalte. Dazu gehören Angaben zum eigenen Profil, das Hochladen von Fotos, die aktive Kontaktaufnahme zu anderen Nutzern oder das Schreiben von Kommentaren, Artikeln in Foren oder in Blogs. Der Studie zufolge wird die Bedeutung solcher Beiträge gegenüber kommerziellen und professionellen Inhalten noch zunehmen, der Besucher wird sich immer stärker zum Produzenten entwickeln.
Die Vielfalt der Nutzerinteressen lässt sich in der Regel nicht von nur einem Netzwerk abdecken. 71 Prozent der registrierten Nutzer haben sich deshalb bei mehreren Netzwerken angemeldet. Die Ergebnisse der Studie zeigen zwar erwartungsgemäss, dass die Registrierungsquote bei den älteren Nutzern geringer ist, aber sie lassen erwarten, dass sich die Quote über die Zeitachse an die der 16-24-Jährigen angleichen wird.  Für die Studie wurden 1004 Personen befragt, von denen 97,8 Prozent täglich oder fast täglich ins Internet gehen. Die Befragung fand vom 13. bis 22. Februar 2008 statt. (ph/iwb)



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