22.01.2014, 00:00 Uhr

Deutsche Online-Händler hinken im E-Commerce hinterher

Deutsche Online-Händler haben Nachholbedarf - zumindest was die Internationalisierung ihres Shops betrifft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von OC&C Strategy Consultants und Google, die 1.500 Händler aus den sechs weltweit grössten E-Commerce-Märkten unter die Lupe genommen hat. 
Freundlich formuliert lautete das Fazit für Deutschland folgendermassen: Das Land habe bei der Internationalisierung ihres Online-Handels noch Wachstumspotenzial. An Grossbritannien, das 2013 mit 860 Millionen Euro den höchsten grenzüberschreitenden E-Commerce-Überschuss erzielt hat, und die USA mit 132 Millionen Euro kommt Deutschland nicht heran. Mit 13 Millionen Euro Umsatz belegt der deutsche Markt aber immerhin den dritten Platz. 

Die Studie "Weltweit gesucht" von OC&C Strategy Consultants und Google hat 1.500 Online-Händler in den sechs weltweit grössten E-Commerce-Märkten (Grossbritannien, USA, Deutschland, Frankreich, Niederlande und Skandinavien) analysiert, indem sie anonymisierte Suchanfragen der Google-Suche ausgewertet haben. 236 der untersuchten Web-Shops stammten dabei aus Deutschland. 750 der Online-Händler sind "Online Pure"-Player, 630 sind Multi-Channel-Händler. Bei den restlichen 120 Shops handelt es sich um die Online-Auftritte bestimmter Marken, wie Adidas oder Puma. Um den Internationalisierungserfolg vergleichbar zu machen, hat OC&C auf Basis der Google-Suchdaten ein Scoring entwickelt, das auf dem Anteil der internationalen Suchanfragen eines Händlers/einer Marke (das heisst von Anfragen ausserhalb des Heimatlandes) an den gesamten Google-Suchanfragen, dem gesamten Volumen der internationalen Suchanfragen und dem Wachstum internationaler Suchanfragen über die vergangenen Jahre (2011 bis 2013) beruht. 

Dieser Analyse zufolge liegt das Exportvolumen der Online-Händler in den sechs grössten E-Commerce-Märkten bei 19 Milliarden Euro, was acht Prozent des gesamten Online-Umsatzes in den untersuchten Ländern und etwa der Hälfte des weltweiten E-Commerce-Umsatzes entspricht. Bis 2020 soll der grenzüberschreitende Handel, so die Prognose, auf 96 Milliarden Euro (circa 18 Prozent des Online-Umsatzes eines Landes) wachsen. "Die Zahl der Menschen mit Internetzugang steigt global stark an, und das Vertrauen der Konsumenten in ausländische Händler wächst", sagt Petri Kokko, Director Retail bei Google. Dies seien ideale Marktvoraussetzungen für internationalen E-Commerce. 

Dass britische Online-Händler international so erfolgreich sind, liegt auch an deutschen Konsumenten, die im Jahr 2013 Pakete im Wert von knapp 200 Millionen Euro bei Anbietern in UK geordert haben. Damit sind bei den Deutschen nur US-Shops beliebter, bei denen 2013 Ware für insgesamt 263 Millionen Euro bestellt wurde. Deutsche Shops sind besonders bei Verbrauchern aus Frankreich und den Niederlanden erfolgreich. Nach Frankreich, dem insgesamt grössten Nettoimporteur der Studie, wurde Ware im Wert von 423 Millionen Euro geschickt, in die Niederlande Produkte für 175 Millionen Euro. 

Betrachtet man lediglich die reinen Online-Händler führen - gemessen an den Suchanfragen - eBay und Amazon unangefochten die Liste an. Beide Konzerne seien Musterbeispiele für eine erfolgreiche Globalisierung von Handelsformaten. Die 15 bestplazierten Online-Händler kommen dabei aus den USA und Grossbritannien und - mit etwas Abstand - aus Deutschland. Internationaler Erfolg ist dabei aber nicht nur grossen Playern vorbehalten, auch einige kleine Webshops befinden sich in den Top 15. 

"Anders als im stationären Handel findet im E-Commerce oft schon kurz nach der Gründung die internationale Expansion statt. Dabei sind nicht die Waren, sondern erstklassige Handelskonzepte und E-Commerce-Know-how die wichtigsten Exportartikel", so Gregor Enderle, der für die Studie verantwortliche Partner bei OC&C. 
Bei Multi-Channel-Anbietern ist die Konkurrenz aus anderen Märkten, besonders aus Skandinavien und Frankreich, grösser. Die Spitzenplätze gehen hier an IKEA und H&M. Allerdings befindet sich mit Mediamarkt nur ein deutscher Händler unter den Top 15. Was die Online-Shops einzelner Markenhersteller betrifft, sind dort vor allem bekannte Marken aus den Bereichen Sport, Fashion und Luxus-Accessoires erfolgreich. Adidas führt hier das Ranking an, gefolgt von Louis Vuitton, Hermès, Burberry und Puma.

Trotz der positiven Prognosen der Studie, haben Online-Shops noch immer mit mangelndem Vertrauen bei den Verbrauchern zu kämpfen. Im Weihnachtsgeschäft ging deutschen Online-Händlern etwa ein Umsatz von rund 760 Millionen Euro verloren, weil viele dem stationären Handel den Vorzug gaben.
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