Interview mit Amorana-Mitgründer Alan Frei 26.01.2020, 09:07 Uhr

«Mit Mobile Shopping beginnt das Spiel bei null»

Amorana-Mitgründer Alan Frei geniesst die Unabhängigkeit. Mit Liebesspielzeugen, als mittlerweile erfolgreicher Unternehmer und als Minimalist. Im Interview zeichnet er den Weg in die Unabhängigkeit nach.
Alain Frei gründete gemeinsam mit Lukas Speiser vor fünf Jahren den Online-Shop Amorana
(Quelle: Samuel Trümpy)
Amorana-Mitgründer Alan Frei verdient gutes Geld mit dem Glück seiner Kunden. Sie kaufen ihm Sex-Spielzeuge ab. Wie er im Interview sagt, macht ihn das Unternehmertum und die dazugehörige Freiheit auch selbst glücklich. Allerdings hat er auf dem Weg in die Unabhängigkeit auch viel Lehrgeld zahlen müssen. Denn Amorana ist längst nicht sein erstes Start-up. Und er muss sich auch trotz des Erfolges in den neuen Zeiten des Mobile Commerce weiterhin täglich beweisen, sagt Frei der Computerworld.
Computerworld: Wie kam es vor rund fünf Jahren zur Gründung von Amorana?
Alan Frei: Aus der gemeinsamen Studienzeit in Zürich kannte ich Lukas Speiser. Er war seinerzeit bei Goldman Sachs beschäftigt, ich habe diverse Start-ups gegründet – mit eher mässigem Erfolg. Weder ein Mango-Schnaps, eine Nachhilfeplattform, ein Taxi-Vermittlungsportal noch ein Trading-Tool für Facebook haben funktioniert. Eines Tages im Jahr 2013 rief mich Lukas an und sagte, er sei auf der Suche nach etwas Neuem. Fortan telefonierten wir regelmässig und fragten gegenseitig Gründungsideen ab. Während eines Treffens diskutierten wir – in Anlehnung an das Socken-Abonnement von Black Socks – ein Abo für Sex-Spielzeug. Wir beide hatten eine Studie ge­lesen, laut der 90 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer gerne im Bett mehr ausprobieren möchten, sich aber nicht trauen, den Partner zu fragen. Dieses Bedürfnis wollten wir mit dem Abo befriedigen: Kunden bekommen einmal pro Monat ein Paket mit Sex-Spielzeug.
Daraufhin haben wir eine Webseite gestaltet und unsere privaten E-Mail-Kontakte gesammelt. Alle bekamen eine anonyme Nachricht mit einer Offerte. Drei haben tatsächlich etwas gekauft. Das brachte uns in die Bredouille, denn wir hatten kein einziges Produkt. In unserer Not kauften wir im Magic X am Limmatquai in Zürich alle rabattierten Waren, lösten die Etiketten ab, verpackten die Produkte in neutrale Pakete und verschickten sie. Wenige Tage später erreichten uns Reklamationen: Wir hätten unter anderem abgelaufene Waren verschickt. Daraufhin haben wir uns zu erkennen gegeben und den Käufern erklärt, dass wir ein neues Business ausprobieren. Sie kritisierten zwar den ano­nymen Test, reagierten aber ansonsten verständnisvoll und lobten unsere prinzipiell gute Geschäftsidee.

CW: Wie sind Sie weitergefahren?
Frei: Wir haben einzelne Produkte ausgewählt und sie in neutrale Kartons verpackt. Während dieser Zeit lief gerade der Film «Fifty Shades of Grey» an. Der Kinostart hatte so etwas wie einen «Starbucks-Effekt»: Dort wird nicht der beste Kaffee der Welt ausgeschenkt, aber es ist hip, einen Kaffee dort zu trinken.Genauso ist «Fifty Shades of Grey» nicht der beste Film der Welt, aber er regte Hunderttausende dazu an, Sex-Spielzeug auszuprobieren. Dafür waren unsere Pakete optimal.
Die noch junge Firma operierte weiterhin von der Privatwohnung von Lukas aus. Dort trafen täglich die Sendungen der Grosshändler ein. Allerdings wurden die Lieferungen immer zahlreicher und die Pakete immer grösser. Eines Tages klingelte der Pöstler und teilte uns mit: Die heutige Sendung sei zu gross, er könne sie nicht bis an die Wohnungstür im ersten Stock liefern. Am Strassenrand stand ein Paket mit Sex-Spielzeug, das eine halbe Tonne wog.
CW: Ihre Pakete enthielten weitere Artikel für Paare. Und die Auswahl haben Sie getroffen.
Frei: Genau. Wir haben Einzelprodukte beim Grosshändler eingekauft, sie in kuratierten Paketen neu verpackt und an unsere wachsende Anzahl Kundinnen und Kunden verschickt. Allerdings wurde ab einem gewissen Zeitpunkt die Wohnung zu klein für das Geschäft. Und wir zwei konnten auch das Auftragsvolumen nicht mehr selbst stemmen. So zügelten wir zunächst nach Zürich West, dann nach Opfikon. Und stellten Mitarbeiter ein. Rund sechs Jahre später, also heute, beschäftigen wir 30 Personen.
CW: Waren Sie schon Vollzeit mit Amorana beschäftigt?
Frei: Nein, ich war noch nebenberuflich tätig an der Universität Zürich. Dort habe ich mitgeholfen, ein Start-up-Zentrum aufzubauen. Weiter war ich noch mit mehreren anderen kleineren Projekten befasst, sodass ich mich nicht hundertprozentig auf Amorana konzentrieren konnte. Das war ein grosser Fehler. Denn im To-do-Listen-Modus tanzt man auf vielen Hochzeiten, aber auf keiner so richtig.
Zur Person
Alan Frei
gründete nach seinem Bachelor in Finanzwissenschaften von der Universität Zürich mehrere Start-ups. Er ist ausserdem Mitinitiant des Start-up-Zentrums an seiner Ausbildungsstätte. Gemeinsam mit Lukas Speiser lancierte Frei im Jahr 2014 den Sex-Toy-Shop Amorana.ch. Während der vergangenen fünf Jahre amtete er als Mitinhaber und Geschäftsführer des Amorana-Betreibers Bluebox Shop.



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